Die Doppelgänger

Italien | Spanien | Großbritannien, 1967

Originaltitel:

Colpo maestro al servizio di Sua Maestà britannica

Alternativtitel:

Der Super-Coup der Profi-Asse (BRD)

Gran golpe al servicio de su majestad británica (ESP)

Coup de maître (FRA)

Coup de maître au service de sa majesté britannique (FRA)

Meesterslag in dienst van Hare Majesteit (NLD)

Om du lever så skjut (SWE)

Master Stroke (USA)

Deutsche Erstaufführung:

15. März 1967

Regisseur:

Michele Lupo

Inhalt

Arthur Lang ist ein Hohn und Spott erntender Filmschauspieler, der sich mit Nebenrollen über Wasser hält. Eines schönen Tages wird der Schmierenkomödiant von dem ominösen Monsieur Bernard überredet, auf dem Podium des wahren Lebens eine beträchtlich lukrativere Rolle zu spielen. Lang soll für eine gewisse Zeit in die Rolle von Mister Owen, der Sicherheitschef der General Diamond-Bank zu London, dem Arthur zum Verwechseln ähnlich sieht, schlüpfen. Mittels dieser Finte würde Arthur Bernard und seinen Profigangstern den Zugang zu den unschätzbar wertvollen Diamanten, die im Tresorraum des Finanzinstituts unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen verwahrt werden, ermöglichen. Bevor der Einbruch realisiert, ergo in Bewegung kommen kann, wird natürlich der wahre Mister Owen entführt und anschließend in „Sicherheitsverwahrung“ genommen. Nachdem der clever ausgeklügelte Plan von Erfolg gekrönt wurde und die Diamanten den Besitzer wechselten, lässt Bernard seine Maskerade fallen und stellt sich Arthur Lang als Offizier des britischen Geheimdiensts vor. Der Einbruch hatte das Ziel die Lücken im Sicherheitssystem der Diamond-Bank aufzudecken. Ferner will der Geheimdienst nun Owens Illoyalität hieb- und stichfest nach- wie beweisen. Zu diesem Behufe spielt Arthur auch weiterhin die Rolle des Sicherheitschefs, was manch deftige Überraschung aus der Sparbüchse der General Diamond-Bank sowie aus der Ärgernisbüchse von Fräulein Pandora herauslockt.

Review

Nachdem sich Michele Lupo zwischen 1962 und 1965 mit fünf Beiträgen in die Abenddämmerung des Pepla-Genres einbrachte, inszenierte er zwei Western, denen wiederum drei Gangsterfilme folgten: BRADOCK - DREI UNZEN BLEI ZUM FÜNF-UHR-TEE, COUP DER SIEBEN ASSE und DIE DOPPELGÄNGER aka DER SUPER-COUP DER PROFI ASSE. Letzterer hebt sich nach meinem Dafürhalten von den beiden (sehr wohl sehenswerten) Genrekollegen im positiven Sinne ab und konnte gar auf Anhieb einen Platz in meinen persönlichen Michele Lupo-Top 5 entern. Denn DER SUPER-COUP DER PROFI ASSE hat einiges zu bieten und wo ein Angebot in vollem Umfang auf den nach Unterhaltung gierenden Genrefilmkonsumenten zugeschnitten ist, hat Ennui - gemäß Oscar Wilde das einzig Entsetzliche dieser Welt - halt keine Entfaltungschance.

 

Ärgerlicherweise ist die bundesrepublikanische VHS-Auflage von ITT-Video (veröffentlicht unter dem Titel DER SUPER-COUP DER PROFI ASSE) in einigen Szenen gekürzt worden, wovon auch die Eröffnungscredits betroffen sind, was mich postwendend in den Ärgermodus versetzt(e). Demzufolge werden wir unnötigerweise aus einer hörenswerten Auftaktsmusik gerissen. Der Rausschmiss aus einem tollen Leitmotiv, dass sich um ein flauschiges Plätzchen in einer der späten Wallace-Verfilmungen (GESICHT, TEUFEL, THEMSE, STECKNADEL, HALBMOND) oder nahezu jedem Giallo bewerben könnte.

 

Ich habe zum Vergleich die Opening Credits (die mit den italienischen konform sein sollten) der englischen Version angeschaut wie angehört. Und siehe da, die Musikkomposition ist deutlich länger und - das muss ich ergänzend hinzufügen - inhaltlich umfangreicher, denn der musikalische Auftakt der deutschen VHS-Version ist ausschließlich auf den gialloesken Part der Tondichtung reduziert. Ferner schwindeln uns die deutschen VHS-Credits Sergio Corbucci als den federführenden Drehbuchautoren und Ennio Morricone als den taktstockschwingenden Musikkomponisten vor. Corbucci und Morricone haben mit dem Film definitiv nichts zu schaffen. Hier scheint ein ebenso von Fachkompetenz befreiter Zeitgenosse gewerkt zu haben wie jener berüchtigte Amazon-Mitarbeiter, der den Cast von manch spottbilligen Wald- und Wiesen Eastern bevorzugt wie dummdreist (wobei die erste Silbe von essentieller Bedeutung ist) mit zugkräftigen Namen wie Bruce Lee, Jimmy Wang Yu und Ti Lung bestückt.

 

Der abrupte Abbruch der eben skizzierten, gialloesken Musik lässt ein unvorhersehbares Setting folgen. Denn wir finden uns wider Erwarten in einem Western wieder. Genauer gesagt, wir sind bei den Dreharbeiten eines Westerns zu Gast. Ein Film im Film, der mittels origineller Konnotationen (die auf FÜR EINE HANVOLL DOLLAR, Sergio Leone und Clint Eastwood verweisen) mit uns kommuniziert und einhergehend propagiert, dass Arthur Lang nicht grundlos als untalentierter wie ungeschickter Mime verschrien ist, der Regisseure wie Schauspielerkollegen mit infantiler Leichtigkeit zur Weißglut animiert.

 

Ich bin Schauspieler und kein Verbrecher!“ (Arthur Lang)

Ach nein, als Schauspieler bist du doch eine Niete, wie ich gehört habe!“ (Monsieur Bernard)

 

Obwohl Monsieur Bernard den richtigen Stimmen lauschte und die via Altgaunergeschwätz gewonnene Erkenntnis kraft dreier Beglaubigungsstempel absegnete, mindert diese Tatsache nicht sein Interesse an dem erfolglosen Filmschauspieler. Schließlich besitzt Arthurs Visage eine verblüffende Ähnlichkeit mit der des Sicherheitschefs der General Diamond-Bank zu London. In diesem Zusammenhang spielt uns die deutsche Schnittfassung übrigens einen weiteren wie nachhaltigen Streich, da uns ein gesichtschirurgischen Eingriff gänzlich unterschlagen und auf diesem Wege annährend 3 Minuten Spielzeit eliminiert wurden.

 

Ungeachtet dieser ärgerlichen Tatsache kommen sich Arthur und Bernard trotzdem flink näher und bekräftigen ihren Pakt, gemeinsam mit zwei weiteren Spitzbuben (Miguel und Max) damit, das sie geschlossen (jeder per Strohhalm und mit einem Enthusiasmus, welcher dem der blauen Elise mühelos zur Ehre gereicht) den Inhalt eines (ein Becher für alle) Glasbechers entleeren. In erster Linie stärkte das frische Bündnis meine Hoffnung, dass mir das amüsante Zusammenspiel von wie zwischen Richard Harrison und Adolfo Celi für den weiteren Filmverlauf erhalten bleibt. Also ließ ich meinen überschaubaren Vorrat an Bittworten postwendend zum Appell antreten. Und siehe da, mein Wunsch wurde erhört und per Handschlag, also ohne es Faust gleichzutun und Mephisto meine Seele verschreiben zu müssen, besiegelt.

 

Besiegelt ist auch die Tatsache, dass sich DIE DOPPELGÄNGER nicht (und erst recht nicht sofort) auf ein bestimmtes Genre festschreiben lässt. So wächst aus dem anfänglichen Big Caper- respektive Heist-Flair ein Gangster- wie Detektivfilm mit okkasionellem Eurospy-Einschlag.

 

Erst genanntes Genre (Big Caper) erlebte in den 1950ern seine Hochphase, welche mutmaßlich kraft der Genreklassiker ASPHALT DSCHUNGEL (USA, 1950) und EINMAL MILIONÄR SEIN (GB, 1951) ausgelöst wurde. Zwei voneinander divergierende, da unterschiedliche Abzweigungen (hier die düstere / dort die humoreske Spielart) beschreitende Werke. Jenes gemütlich-amüsante Flair, welches EINMAL MILIONÄR SEIN zu versprühen weiß, lässt sich in Ansätzen auch innert Michele Lupos SUPER-COUP lokalisieren, was primär dem erfrischenden Wortwitz der deutschen Synchronisation geschuldet ist.

 

Die Planung des Raubs (gemeinsam mit dem eigentlichen Einbruch bzw. Diebstahl die legislative Gewalt der Caper-Movies) wird beim SUPER-COUP DER PROFI ASSE nur sporadisch vermittelt. Im Gegenspiel dazu erhalten wir allerdings die Möglichkeit, intensiver am Diebstahl teilzunehmen. Der Tathergang erinnert, was alle Nase lang in derartigen Filmen der Fall ist und was ich immer wieder anspreche, an TOB JOB (BRD, ITA, ESP, 1967). Hierzu sei ergänzend angeführt, dass TOP JOB erst ca. 6 Monate nach dem Kinodebüt von DER SUPER-COUP DER PROFI ASSE seine Kinopremiere feierte.

 

Im Anschluss an den prächtig flutschenden Einbruch wie Diebstahl geht der Ärger an und für sich auch erst einmal so richtig los. Der Konflikt zwischen Mensch und Technologie, der in den Caper-Filmen zentralisiert wird, verliert seine Bedeutung und avanciert zur Nebensache. Als Chefsache weißt sich der Konflikt zwischen Mensch und Mensch oder besser gesagt der Konflikt zwischen Gauner und Gauner aus. Die involvierten Personen sind mit allen, freilich nicht von Pater Lankester Merrin gesegneten und stattdessen von Pazuzu verseuchten, Wassern gewaschen. Folglich müssen wir auf alles vorbereitet sein, da der Film respektive dessen Charaktere wie Figuren permanent für Überraschungen und demzufolge für dito unerwartete Wendungen sorgen. Auf diese Weise gelingt es dem Film, den Zuschauer erfolgreich einzubinden. Allerdings werden die plot twists mit wachsender Spielzeit und ihrer steigenden Zahl an Einsätzen zu einem Selbstläufer. Was früher oder später den unumstrittenen Klassiker der Mengenlehre heraufbeschwört: Weniger könnte durchaus mehr sein. Aber das ist eine tendenzielle Art von Wimmern, Heulen, Wehklagen, kurzum eine Form des sprichwörtlichen Jammerns auf höchstem Niveau.

 

 

Fazit: DIE DOPPELGÄNGER bzw. DER SUPER-COUP DER PROFI ASSE (jedem sein Kreuz, aber bitte jeder nur ein Kreuz) ist eine bis in die Nebenrollen bestens besetzte, mit ironischen Untertönen angereicherte Mixtur aus Big Caper-, Gangster- und Detektivfilm, welche hin und wieder etwas Eurospy in seine durchweg sympathische Gestaltung einbringt. Empfehlenswert!

Review

Die VHS Auflage von ITT-Video wurde im Vergleich zur italienischen Schnittfassung in ein falsche Bildformat gezwängt und obendrein um ca. 17 Minuten erleichtert. Trotz der verurteilungs- wie verabscheuungswürdigen Kürzungen (die nicht dilettantisch umgesetzt wurden) läuft die VHS-Version immer noch rund.

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