Das Schloss der blauen Vögel

Dominikanische Republik f. | Italien, 1971

Originaltitel:

La bestia uccide a sangue freddo

Alternativtitel:

Les insatisfaites poupées érotiques du docteur Hitchcock (FRA)

La clinique des ténèbres (FRA)

La clinique sanglante (FRA)

Slaughter Hotel (USA)

Cold Blooded Beast

The Beast Kills in Cold Blood

Asylum Erotica

Der Triebmörder

Deutsche Erstaufführung:

05. Mai 1972

Regisseur:

Fernando Di Leo

Kamera:

Franco Villa

Inhalt

Ein maskierter Killer irrt eines Nachts durch die verlassenen Gänge des Privat-Sanatoriums Schloss Hohenschwand und verschwindet plötzlich im Zimmer der hübschen Luise Sassner (Margaret Lee), die sich gerade im Schlaf und "wie Gott sie schuf" lasziv und aufreizend in ihrem Bett herumrekelt. Paralysiert von diesem verführerischen Anblick verpasst der Killer daraufhin seinen Einsatz und muss aufgrund des Erwachens der unbekleideten Schönheit unverzüglich die Flucht antreten. Die attraktive Luise ist eigentlich Eigentümerin einer erfolgreichen und finanzstarken Firma, buchte aber aufgrund aufgetretener Depressionen und damit einhergehenden Suizidversuchen einen längeren Daueraufenthalt in der Klapsmühle des renommierten Professor Dorian (John Karlsen). Zwischenzeitlich konnte sich ihr gesundheitlicher Zustand aber wieder einigermaßen stabilisieren und Luise laut der Prognose des renomierten Professors bereits im Laufe der kommenden Woche wieder zurück an ihren Firmenschreibtisch entlassen werden. Doch Luise möchte eigentlich gar nicht mehr in ihr altes Leben zurück, da sie sich über beide Ohren in ihren undurchsichtigen Psychiater Bernd Keller (Klaus Kinski) verliebt hat und zukünftig mit diesem ihr Dasein fristen möchte. Nur ihr (noch) Ehemann (Piero Nistri) hat von dieser brandneuen Entwicklung noch keine Kenntnis... Ansonsten zeichnet sich der Alltag im privaten Irrenhaus für Besserbetuchte schon alleine aufgrund der besonderen Gäste alles andere als gewöhnlich ab: Die umtriebige Krankenschwester Angela Dorian (Monica Strebel) kümmert sich im Auftrag ihres Herrn Vaters (dem Professor) um die unter Agoraphobie leidenden Ms. Pearl (Jane Garret) und bricht dabei des öfteren das fachliche Nähe-Distanz-Verhältnis zwischen ihr und der zu betreuenden Patientin. Aus einer ursprünglichen Intensivbetreuung entsteht plötzlich eine leidenschaftliche, aber recht kurzweilige Liebesbeziehung... Dann gibt es auch noch die sexsüchtige Anne (Rosalba Neri), die das verhasste Tollhaus ziemlich auf Trapp hält, da sie sich aufgrund ihrer abnormal-gesteigerten Libido zwangsweise jedem männlichen Wesen in nächster Umgebung an den Hals wirft, um dieses im Anschluss zu begatten. Doch die Pfleger der Klinik wachen mit Argusaugen über das Verhalten der unheilbaren Nymphomanin und versuchen ihr selbstschädigendes Verhalten gleich im Ansatz zu unterbinden. Der Grund für ihr unkontrollierbares Verhalten liegt in einem Kindheitstrauma der nimmersatten Schönheit, nämlich in einer früheren Liebesbeziehung zu ihrem Bruder Peter. Doch nach Erreichen der Volljährigkeit schwand dessen Interesse an seiner Schwester und Schamgefühle breiteten sich in ihm aus. Seitdem ging Peter auf Abstand zu seiner Schwester, die aber genau diesen Bruch bis heute nicht verkraften konnte, und steckte sie daher in die Klapse des Professors Dorian. Auch der Neuzugang Ruth Neumar (Gioia Desideri) wurde wegen ständiger Suizidversuche von ihrem Ehemann (Enzo Spitaleri) in der Klinik zur Behandlung abgesetzt und dieses frische Blut wird dann auch gleich das erste Opfer des unbekannten Killers, der sich ab diesem Zeitpunkt feucht und fröhlich durch den weiteren Film meuchelt. Das Entsetzen und der Schrecken unter den Beteiligten in der bumsfidelen Ballerburg von Hohenschwand steigt nach und nach ins Unermessliche und der Hauch des Todes breitet sich weiterhin in den Gemäuern des Sanatoriums aus...

Review

Fernando Di Leo lässt bei seiner einzigen Giallo-Inszenierung ganz schön mächtig die Puppen tanzen und liefert mit diesem Schmierenstück gleichfalls ein Feuerwerk des schlechten Geschmacks ab. Eine spannende Geschichte sucht man bei dieser Inszenierung vergebens, da sich diese lediglich auf den dauermeuchelnden Killer in den Schlossgemäuern reduziert, aber diese stereotypische Darstellungen werden dann in einen kunterbunten Rahmen des frivolen Treibens eingebettet. Wahnwitzigkeiten an allen Ecken! Ein weiterer Qualitätsgarant sind die allesamt sehr gut aufgelegten Darsteller und Darstellerinnen dieser rutschigen Sause, vorne Weg natürlich der ausdrucksstarke Klaus Kinski. Dieser glänzt in seiner Rolle des Psycho-Docs Bernd Keller und darf sich zwischenzeitlich etwas mit der hübschen Margaret vergnügen. Margaret Lee präsentiert sich gleich zu Beginn des Films gänzlich unverhüllt und trägt im weiteren Filmverlauf dann das ewig gleiche Outfit in himmlischen blau. Die Engländerin kann in ihrer Rolle der verzückenden Luise überzeugen und ist dabei sehr nett anzusehen. Die gleichfalls sehr ansehnliche Rosalba Neri treibt es dann mit den Freizügigkeiten auf die Spitze und darf sich in einer Szene auch mal minutenlang selbst bespaßen. Weiterhin sei noch zu der dt. Synchro zu sagen, dass jegliche Namensgebungen der Film-Charaktere im Rahmen einer Eindeutschung abgeändert wurden: Aus dem ursprünglichen Dr. Francis Clay wurde Dr. Bernd Keller, aus Professor Osterman > Prof. Dorian, aus Cheryl Hume > Luise Sassner und so weiter und so fort... Zum Abschluss sollte aber noch kurz auf die vorzügliche Filmmusik hingewiesen werden, von der wohl bis zum heutigen Tag kein offizielles Release zu existieren scheint...

 

Fazit: Ein frivoles Giallo-Feuerwerk aus der bumsfidelen Ballerburg von Hohenschwand

Review

Fernando Di Leos „Das Schloss der Blauen Vögel“ hatte ich eigentlich in ganz positiver Erinnerung. Ein Giallo, den ich schon vor langer Zeit gesehen hatte, lange bevor mein Kopf mit Tausenden von Italo-Filmen überladen wurde. Die Erinnerung hat mich wohl ein klein wenig getrügt, wie ich jetzt beim Ansehen der Blu-ray feststellen musste.

 

Er ist zwar zutiefst unterhaltsam, und der Sleaze-Faktor ist beachtlich, allerdings ergibt sich bei näherer Betrachtung der Eindruck von schludrig zusammengepuzzeltem Stückwerk. Beginnen wir am Anfang: ein unheimlicher Mann mit langen, blonden Haaren (hatte man ursprünglich Kinski als Täter vorgesehen?) schleicht um das Privat-Sanatorium Schloss Hohenschwand, untermalt von unheimlicher Musik. Kaum betritt er das Haus, sind die blonden Haare plötzlich von einem Cape verdeckt, und er schnappt sich ein Beil, um in das Zimmer der schönen Margaret Lee zu schleichen. Nein, vergessen wir den Anfang, was ist mit dieser ganzen Musik? Komponist soll ein Silvano Spaddaccino gewesen sein, aber letztendlich wirkt das Ganze aus verschiedenen Quellen zusammengestückelt. Der unheimliche Track klingt wie Berto Pisano, dann ist da das sehr schöne Hauptthema, ein experimenteller Teil, und zum Finale dann etwas, das klingt, als hätte man es einem alten Peplum entnommen. Hierfür spricht auch die unterschiedliche Soundqualität der einzelnen Musikstücke. Es klingt alles zusammengewürfelt.

 

Zurück zum Anfang, wo der Kameramann Franco Villa erstaunlich viel herumzoomt, später wird er kontrollierter. Aber – der Film spielt ohne Ausnahme auf Schloss Hohenschwand, kann mir also bitte jemand erklären, was diese ständigen (und sich wiederholenden) Außenaufnahmen des Gebäudes aus der Ferne sollen? Hatte Di Leo Angst, wir könnten vergessen haben, wo der Film spielt? Überhaupt scheint sich Di Leo viele Sorgen um unser Gedächtnis gemacht zu haben. Vor jedem Mord lässt das jeweilige Opfer noch einmal in Gedanken Revue passieren, was seit Betreten der Klinik so alles passiert ist und scheiße, das ist langweilig, das wir haben wir doch alles gerade erst gesehen. Bei der Rückblende von Margaret Lee sieht diese sogar lauter Dinge, die sie gar nicht selbst erlebt hat.

 

Noch eine Frage. Was ist das für eine Klinik, in der antike Waffen (Beil, Schwerter, Dolche, eine geladene Armbrust) überall herumliegen, eine Eiserne Jungfrau in der Ecke steht und die Patienten ihre hochprozentigen Drinks nicht austrinken? Aber dafür gibt es ja den Chauffeur, der in der Nacht alle Reste wegschlubbert. Noch mal zum Flickwerk, ich hatte den Eindruck, dass Szenen in der falschen Reihenfolge montiert sind, darauf weisen auch ein paar der deutschen Dialoge hin. Die Tochter von Dr. Dorian – die aussieht als wäre sie aus einem Krankenschwestern-Porno übriggeblieben – soll sich um die an Agoraphobie leidende Patientin Ms. Pearl kümmern, was sie auch macht. Die Szene, in der ihr Vater sie darum bittet, kommt aber erst danach. Egal, vielleicht war sie schon vorher scharf. Scharf ist sie auf jeden Fall, animiert die Patientin zu einer Tanznummer, und – nachdem sie ihre Büx in Stimmung gebracht hat als Ms. Pearl noch badet – umfasst sie sie von hinten zu einer zappelig-verwackelten Samba-Lesben-Polonäse. Die Büx scheint übrigens die Gleiche, die man auch in den Nahaufnahmen von Rosalba Neri sieht. Letztere ist für mich auch die überzeugendste Darstellerin des Films gewesen.

 

Kommen wir zur Mordnacht. Auf den Gängen von Schloss Hohenschwand geht es des Nachts zu, wie in der Eröffnungsszene von Blake Edwards „Ein Schuss im Dunkeln.“ Angela hört ihren Vater rumschleichen (auf dem Weg zu Pearls Zimmer), der hört auch jemand rumschleichen, vermutlich Klaus Kinski, der auf dem Weg zu Margaret Lees Zimmer ist, aber niemand bemerkt den komischen Typen mit Cape und Maske, der mitunter bei voller Beleuchtung schwertschwingend durch die Gänge streift. Und wieso sorgt sich Kinski, dass man ihn auf dem Gang erwischen könnte, wo er nur Minuten später erklärt, er habe noch die pflicht, die Zimmer der Patienten zu kontrollieren? Egal, die deutschen Dialoge sind ziemlicher Mist. Die Morde selbst sind gut umgesetzt, die Variante, dass der Killer das erste Opfer dazu animiert, ihn zu verletzten oder gar zu töten bevor er dann selbst zuschlägt, ist ebenso furchteinflößend wie die nymphomanische Rosalba Neri, die ihren Mörder zunächst im Halbschlaf bittet, ihr im Bett Gesellschaft zu leisten.

 

Lustig wird es mit dem Eintreffen der Polizisten. Die scheißen erst mal Dr. Dorian und Kinski zusammen, weil sie die Tatorte verändert haben, und erklären sofort, dass sie niemandem mehr das Leben retten könnten. Umso „logischer“ der folgende Plan, dann Margaret Lee als Köder zu verwenden. Lustig auch die Feststellung, der Mörder sei ja gar nicht verrückt sondern habe nur getötet, um sein wahres Motiv zu verschleiern, eine Theorie, die der Betreffende dann umgehend ad absurdum führt, indem er endgültig völlig durchknallt. Und was hat das alles mit dem deutschen Autor Heinz G. Konsalik zu tun? Nichts natürlich.

Veröffentlichungen

Von X-Rated erschien das Ganze nun auf Blu-ray als ECC Nr. 35, nach den Auslandsveröffentlichungen von Raro Video und 88 Films. Die Bildqualität ist überzeugend, allerdings ist der deutsche Ton irgendwie ruckelig. Es gibt einen kurzen Videokommentar vom Stiglegger, Alternativszenen, ein Tenebrarum-Booklet, sowie einen zusätzlichen Martin Beine-Text auf der Disc: „Delierende Trailer: Der Giallo im Frabenrausch.“ Und eine Bonus-DVD mit Überraschungsfilm.

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