Liebe, Laster und Ganoven

Frankreich | Italien, 1968

Originaltitel:

Stuntman

Alternativtitel:

Súper amante... a veces (ARG)

Johnny, O Irresistível (BRA)

Le cascadeur (FRA)

Os duplos do crime (POR)

Deutsche Erstaufführung:

30. Mai 1969

Regisseur:

Marcello Baldi

Inhalt

Die attraktive Diva Evelyn Lake (Gina Lollobrigida) lebt nach einer eigenartigen, jedoch einträglichen Methode. Um an größere Vermögen zu kommen, hat sie es sich darauf spezialisiert, schwerreiche aber auch gleichzeitig uralte Herren zu verehelichen, von denen sie sich nach einer bestimmten Zeit wieder scheiden lässt, falls diese nicht schnell genug das Zeitliche segnen, um so ein Leben in Saus und Braus führen zu können. Allerdings lebt die verheiratete Frau im amourösen Sinne auch wie eine Witwe. Als der junge und gutaussehende Stuntman Johnny (Roberto Viharo) sich in sie verliebt und ihr nachstellt, rechnet er sich große Chancen bei der raffinierten Scheidungskönigin aus, muss jedoch zunächst erfahren, dass er erst einmal selbst zu Reichtum kommen muss, um sie heiraten zu können.

 

So steigt Johnny einer betagten, aber vor allem gut situierten Dame nach, um sie wie eine Zitrone auszupressen. Hierbei benutzt der listige Stuntman seine übliche Masche. Im obersten Stockwerk ihres Hauses steht er bereits auf dem Fensterbrett, spielt den unglücklichen Verliebten und droht, sich hinabzustürzen, da er als Stuntman einige Tricks auf Lager hat. Ein Fenster weiter macht er allerdings eine viel interessantere Entdeckung. Von swingender Musik angelockt schaut er der schönen Gloria Hall (Marisa Mell) beim Striptease zu, und landet schließlich in ihrem Bett. Durch Gloria gerät der liebestolle Johnny schließlich in krumme Geschäfte rund um eine unbequeme Gangsterbande, die mit seinem Unwissen einen millionenschweren Coup planen. Wird dieser Plan aufgehen, wird Johnny Evelyn Hall wieder sehen und wer wird letztlich in wessen Falle gehen...?

Autor

Prisma

Review

Marcello Baldis Gauner-Komödie "Liebe, Laster und Ganoven" zählt aufgrund seiner mangelnden Bekanntheit vielleicht nicht gerade zu den Klassikern des Genres, aber eine ganz einfache Tatsache  ist hier so gut wie garantiert, denn es zeigt sich ein überdurchschnittlicher Unterhaltungswert. Die leichtfüßige Geschichte versprüht von Anfang bis Ende einen ungeheuren Charme und strotzt nur so von Situationskomik. Gekoppelt ist das Ganze mit ansehnlichen Action-Passagen, die dem internationalen Titel nicht nur alle Ehre machen, sondern ihn auch charakterisieren. Das Geschehen besteht aus einer interessanten Triangel, markiert durch die sehr gut aufgelegten Hauptdarsteller.

 

Gina Lollobrigida und Marisa Mell trennen die beiden Haupthandlungen strikt voneinander ab und Robert Viharo verbindet diese wieder gekonnt miteinander. Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte daher vielleicht etwas zu isoliert in ihren Handlungssträngen, aber insgesamt entsteht doch ein sehr angenehmer und temporeicher Erzählfluss bei dieser kurzweiligen Angelegenheit. Punkten kann der Verlauf wie erwähnt bei den spektakulären Action-und Stunt-Szenen, die handwerklich sehr gelungen sind und zeitweise für ein hohes Tempo sorgen. Die atemberaubende Musik von Carlo Rustichelli brennt sich buchstäblich im Kopf des Zuschauers ein und macht wirklich riesigen Spaß; auch sieht man bei den vielen komödiantischen Anteilen so manche Pointe die ins Schwarze getroffen hat.

 

Bei den Damen ist es schwer einzuschätzen, wer denn eigentlich die Hauptrolle in diesen Szenarien spielt, also ist es einfacher, mit Robert Viharo anzufangen. Der Stuntman zeigt selbst in brenzligen Situationen kaum Ernsthaftigkeit, was der Rolle einen charmanten Schliff zufügt und ihn in ein gutes Besetzungslicht rücken kann. Immer mit einem Lächeln im Gesicht ausgestattet, vermag er es, die ungeduldigen Ganoven in Aufruhr, die Damenwelt selbstverständlich in Wallung zu versetzen. Der Szenerie verleiht er somit durchweg ein glaubwürdiges Titel-Gesicht. Ebenfalls mit Attraktivität und einer gesunden Dreistigkeit ausgestattet, findet man es als Zuschauer nur vollkommen logisch, dass er bei Kalibern namens Gina Lollobrigida und Marisa Mell landen kann. Viharos Interpretation vermittelt eine unbekümmerte und erfrischende Leichtigkeit, alles wirkt daher nicht zu überfrachtet und er schafft es, so manchen Schmunzler herauszulocken.

 

Gina Lollobrigida als Star des Films gibt sich der Anforderung entsprechend mondän und aufreizend. Ihr sieht man an, dass sie alles und jeden um den Finger wickeln kann, wenn sie es sich in den Kopf gesetzt hat. Die Männer aller Altersklassen liegen der reichen Dame zu Füßen und sie spielt ihr Spiel mit großem Vergnügen. Eine glaubwürdige Interpretation einer Schauspielerin, für die man vielleicht ein Faible haben muss, aber daher ist es umso erstaunlicher wie sie eine spürbare Nachhaltigkeit vermitteln kann, da sie nach kurzer Filmdauer wieder verschwindet. Man denkt immer wieder an sie, an ihre Allüren, die Affektiertheit und so wartet man auch förmlich darauf, dass Evelyn wiederauftaucht. Die restlichen Darsteller bestätigen den Eindruck einer gut gelaunten, prägnanten Besetzung und sie schaffen es ausnahmslos, ein paar wenige aufkommende Längen zu entschärfen.



Marisa Mell taucht schließlich, oder besser gesagt endlich, nach rund 27 Minuten, in fulminanter Art und Weise auf und sorgt nicht nur für den erotischen Höhepunkt dieses Films, sondern auch für einen der legendärsten Auftritte ihrer gesamten Karriere. Nicht nur Johnny wird von der swingenden Musik angelockt, sondern auch der Zuschauer. Man schaut wie gebannt dabei zu, wie Gloria alle Register ziehen wird. Marisa Mell hatte definitiv großen Spaß bei dieser eleganten Strip-Nummer und der weitere Verlauf spiegelt dies ebenfalls eindeutig wider. Der nahezu schalkische Spaß an der Kunst des Verführens und der exzessiven Selbstinszenierung war einfach die Domäne der Österreicherin. Einladende Gesten, das direkte Ansprechen des Zuschauers mit einem verführerisch-ironischen Lächeln im Gesicht und ein buchstäbliches Hineinwinken in ihr Appartement werden daher noch sehr lange im Gedächtnis bleiben.

 

Überhaupt ist die Rolle der Gloria eine, für ihre Verhältnisse zwar typische, aber auch sehr schöne und brauchbare Frauenrolle, die viele Entfaltungsmöglichkeiten offeriert und vorhandene Spielräume werden optimal genutzt. Gloria, die der kühle Kopf der Gaunerbande ist, und eine wertvolle indische Götterstatue gestohlen hat, wirkt undurchsichtig, aber auch weitsichtig. Daher werden viele beeindruckende und überraschende Momente mit ihr entstehen. Ihr Plan, Johnny für den Transport zu einzuspannen, wird durch unzählige Komplikationen gestört. Marisa Mell und die Komödie, das hat bis auf einige ihrer 80er-Jahre-Totalausfälle immer blendend funktioniert. Auch der Gedanke eines verpassten Einsatzes als Bond-Girl wird in diesem Film überdeutlich. Als ihre Gauner-Kollegen beim Verhör mit Johnny mit Gewalt und Drohungen nicht weiterkommen, schreitet Gloria mit anderen, wirksameren Mitteln ein, was vom Anpacken her tendenziell sogar an Karin Dors Auftritt in "Man lebt nur zweimal" erinnert.

 

Die spritzige Zusammensetzung bei "Stuntman" behebt das weniger gravierende Problem, dass insbesondere im Mittelteil etwas Leerlauf zu entstehen droht. So funktioniert der Film aber insgesamt sehr gut, weil er sich selbst mit einem doppelten Augenzwinkern präsentiert und die leichte Kost vermag mit Leichtigkeit zu unterhalten. Besonders die gut aufgelegte Besetzung macht ein kleines Schmuckstück aus Marcello Baldis Beitrag, der im Großen und Ganzen recht extravagant erscheint. Insgesamt gibt es abgesehen von den manchmal zu sehr isolierten Etappen kaum Unstimmigkeiten und dieser Beitrag braucht sich in der vielfältigen Komödien-Welt gewiss nicht zu verstecken. Eine der besonderen Stärken von "Liebe, Laster und Ganoven" kann bei der allgemeinen Dosierung wahrgenommen werden. Nie wird es einem zu viel, selten wirken bestimmte Inhalte, Charaktere oder Dialoge zu überladen, oder gar deplatziert, und der feine Humor schmeichelt dem Zuschauer mit nicht vorhandener Aufdringlichkeit.

 

Überaus bemerkenswert und stilvoll erscheint generell die satte Ausstattung. Insbesondere die Ensembles und Aufmachungen der Hauptdarstellerinnen Gina Lollobrigida und Marisa Mell, setzen außergewöhnlich edle Akzente im Rahmen der, hier will man es sagen: Haute Couture. Dieser Film hofiert letztlich nicht nur die Schönheit, sondern das italienische Kino im Ganzen, denn er ist angenehm leicht und schwungvoll anzusehen. Betrachtet man den damaligen Überfluss an derartigen Komödien, so ist bestimmt kein Meilenstein zu kreiert worden, aber zumindest ein würdiger Konkurrent bei anspruchsvolleren Komödien, was beim geneigten Zuschauer gut ankommt. Als Film für Fans von Marisa Mell wimmelt es nur so von Offenbarungen und unterm Strich steht eine der besten Rollen der Österreicherin, die sie in diesem Zeitfenster zustande gebracht hat. Sehr gelungen!

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Prisma

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