I tartassati

Frankreich | Italien, 1959

Originaltitel:

I tartassati

Alternativtitel:

Fripouillard et Cie (FRA)

Los defraudadores (ESP)

The Overtaxed

Regisseur:

Steno

Inhalt

Torquato Pezzella (Totò) besitzt ein gutgehendes Modegeschäft, doch Steuern zahlen mag er gar nicht. So lässt er seine Steuererklärung von dem windigen Steuerberater Ettore (Louis de Funès) frisieren. Einige Zeit darf sich Pezzella über geringe Abgaben freuen, doch schließlich entdeckt das Finanzamt, dass seine Zahlungen im Vergleich zu ähnlichen Geschäften viel zu niedrig ausfallen. Die Steuerfahnder Marisciallo Topponi (Aldo Fabrizi) und sein Kollege, der Brigardiere Bardi (Ciccio Barbi), suchen also Pezzellas Geschäft zwecks gründlicher Buchprüfung auf. Schnell stolpern sie auf Ungereimtheiten. Pezzella und Ettore ersinnen nun allerlei Pläne, mit denen sie den Steuerfahnder austricksen wollen, doch jede Aktion reitet sie nur noch tiefer rein. Schließlich gelingt es Pezzella, mit Topponi Freundschaft zu schließen. Das hält den Steuerfahnder allerdings nicht davon ab, seine Pflicht zu tun, und so belegt dieser den Geschäftsmann mit einer Geldstrafe über 15 Millionen Lire. Als letzte verzweifelte Aktion täuscht Pezzella einen Herzinfarkt vor, während Ettore die Tasche mit den Unterlagen des Steuerfahnders stiehlt. Das Problem scheint vorerst gelöst, denn nun ist Topponi bei seinen Vorgesetzten diskreditiert, alle Belege verloren. Währenddessen hat Pezzellas Sohn Tino (Luciano Marin) eine Liaison mit Topponis Tochter Laura (Cathia Caro), und am Ende entdeckt der Geschäftsmann mithilfe der Kirche sein Gewissen. Doch sein neuer Freund Topponi hat einen anderen Plan, denn Pezzella kann die 15 Millionen nicht aufbringen: Glücksspiel.

Review

"Er spricht kein Italienisch, ich kein Wort Französisch,
aber wir verstehen uns sehr gut: Komödie ist eine universelle Sprache."
(Totò über seine Arbeit mit Louis de Funès)

 

Im Jahr 1951 standen Totò und Aldo Fabrizi unter der Regie von Mario Monicelli und Stefano Vanzina (Steno) in einer ganz ähnlichen Story vor der Kamera. In „Räuber und Gendarm“ (Guardie e ladri, 1951) war Totò jedoch ein Taschendieb, der aus der Not heraus seinem Handwerk nachgeht, während Aldo Fabrizi einen Polizisten spielte, der unter Einsatz seiner eigenen Karriere jenen Taschendieb um jeden Preis zur Strecke bringen sollte. Produziert wurde „Räuber und Gendarm“ von Carlo Ponti und Dino de Laurentiis.

 

Der hier besprochene „I tartassati“ ist eine bürgerliche und handzahmere Variante derselben Story. Produziert von Mario Cecchi Gori, unter der Regie von Stefano Vanzina, kann der „Dieb“ sich hier nicht auf seine Armut berufen. Er stiehlt nicht aus der Not heraus, denn als Inhaber eines Modegeschäfts ist Pezzella durchaus wohlhabend. Er will nur einfach seine Steuern nicht zahlen. Zum besseren Verständnis des Films hilft es zu wissen, dass die Finanzbehörde im Italien des Jahres 1959 direkte Polizeibefugnisse besaß. Wer also – wie Pezzella und sein Steuerberater Ettore – wissentlich die Steuer beschiss, konnte nach Buchprüfung direkt mit einer Geldstrafe belegt werden und gegebenenfalls mit einer Anklage nebst Gefängnisaufenthalt rechnen.

 

„I tartassati“ ist ein sehr amüsanter Film mit starken Hauptdarstellern. Dennoch ist er kein allzu typischer Totò-Film. Während bei „Räuber und Gendarm“ lediglich ein rudimentäres Drehbuch vorlag, ansonsten aber Totò und Fabrizio auf Stichwort hin alle Dialoge improvisierten, scheint man in „I tartassati“ strikt nach Drehbuch agiert zu haben. Weitgehend verzichten muss man so auf Totòs gewohnte Wortspiele. Auch ist „I tartassati“ kaum anarchisch und kommt dem Zuschauer am Ende mit einer Moral von der Geschicht: Steuern zahlen ist Bürgerpflicht. Wenn man allerdings bereits eine ganze Reihe von Totò-Filmen konsumiert hat, kommt einem die Abwechslung gelegen. Dem moralischen Kontext ist es sicher auch zu verdanken, dass die italienische Kritik „I tartassati“ ungewohnt gute Kritiken bescherte. Sonst ging die italienische Kritik wenig gnädig mit dem Komiker um, trotz dessen Beliebtheit beim Kinopublikum.

 

Im Vorjahr gab es mit „Gesetz ist Gesetz“ (La legge è legge, 1958) eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Totò und dem französischen Komiker Fernandel. Auf der Suche nach einem neuen Team-up kam diesmal Louis de Funès ins Spiel. Stefano Vanzina hatte diesen bereits in einer Nebenrolle im Totò-Film „Totò, Eva e il pennello proibito“ (1959) besetzt, welcher ein halbes Jahr vor „I tartassati“ in den italienischen Kinos startete. De Funès Rolle in „I tartassati“ ist länger und bereits typischer für den französischen Komiker. Hier weichen französische und italienische Fassung allerdings voneinander ab.

 

Doch zuvor sei noch die Liebesgeschichte erwähnt. Pezzellas Sohn, der Studienabbrecher Agostino (Tino) – gespielt von Luciano Marin – hat mit einem Kumpel gewettet, er könne die nächste Frau verführen, die das Geschäft seines Vaters betritt. Zufällig ist dies die Tochter des Steuerfahnders, doch das ist Tino egal. Doch das Mädchen – gespielt von der damals erst 16-jährigen Cathia Caro - ist nicht auf den Kopf gefallen und weiß den jungen Mann in seine Schranken zu weisen und ihn auf einen neuen moralischen Weg zu bringen. Cathia Caro spielt ihre Rolle mit unschuldig anmutendem Charme, weiß aber durchaus (Szene im Vatikangeschäft, in dem sie arbeitet), diese Unschuld neckisch einzusetzen.

 

Die italienische Kinofassung hatte eine Lauflänge von 105 Minuten (100 Minuten in der TV-Ausstrahlung), während die französische Kinofassung unter dem Titel „Fripouillard et Cie“ (auf DVD erhältlich von Gaumont) nur etwa 88 Minuten läuft. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Schnittfassungen, aufs jeweilige Land zugeschnitten. Der bebilderte Vorspann der italienischen Kinofassung fehlt. Szenen mit Aldo Fabrizi wurden verkürzt, hier seien insbesondere zwei Sequenzen erwähnt. Nach dem Diebstahl von Topponis Aktentasche folgt noch eine längere Unterhaltung zwischen diesem und Pezzella. In einer folgenden (auf den Diebstahl der Aktentasche bezogenen) Szene starrt Topponi des Nachts von einer Brücke herab ins Wasser. In der französischen Fassung fehlt, wie ihn daraufhin ein Betrunkener anspricht, der glaubt, Topponi wolle sich hinabstürzen.

 

Louis de Funès hat in der französischen Version wiederum ein paar Extended-Momente. Etwa nach der amüsanten Jagdszene wird Steuerberater Ettore (de Funès) vom Wildhüter in Flagranti mit zwei toten Hasen erwischt. Ettore, der die Hasen auf dem Markt gekauft hat, leistet Widerstand und landet im Gefängnis, wo er dem Direktor (Jacques Dufilho) bei dessen Steuererklärung hilft und so wieder freikommt. Letztere Szenen fehlen in der italienischen Version. Nur ein Beispiel.

 

„I tartassati“ spielt in Italien bei 2.414.706 Zuschauern 392.776.000 Lire ein. Viel mehr, als der Steuergauner im Film dem Finanzamt nachzahlen soll. Exportiert wurde diese Komödie nach Frankreich, Portugal, Spanien, Brasilien und Griechenland. Eine deutsche Veröffentlichung gibt es nicht. Der Originaltitel „I tartassati“ wird auf IMDb und OFDb großzügig mit „The Overtaxed“ übersetzt, kann aber auch härter als „Der Geschröpfte“ ausgelegt werden. Eine eindeutige Übersetzung ist da schwierig. Ebenso verhält es sich mit dem französischen Titel „Fripouillard et Cie“. Am Einleuchtendsten scheint aber „Gauner & Co.“ als deutsche Entsprechung. Im franco-faschistischen Spanien zog man aber eine eindeutige Grenze mit der Betitelung „Los defraudadores“: die Betrüger.

Links

OFDb
IMDb

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.