Castle of Blood

Frankreich | Italien, 1964

Originaltitel:

Danza macabra

Alternativtitel:

Danse Macabre (FRA)

La danza macabra (MEX)

Inhalt

Irgendwann Mitte des 19. Jahrhunderts trifft der erfolglose Schriftsteller Alan Foster in einer düsteren Kaschemme auf sein literarisches Vorbild Edgar Allan Poe. An diesem Abend willigt Foster in eine folgenschwere Mutprobe ein: Er soll die Nacht im verlassenen Blackwood Castle verbringen; ein Kastell, das noch nie ein Gast lebendig verlassen hat...

Review

Diese unheilschwangere Wette zwischen einem unbekannten Schreiberling und dem Meister des Makabren himself hat niemand Geringeres als die Italowesternlegende Sergio Corbucci ersonnen. Der Vater des einzig wahren DJANGO hätte seine augenscheinlich unter dem Eindruck von Roger Cormans seinerzeit äußerst erfolgreichen Poe-Adaption THE PIT AND THE PENDULUM entstandene Geschichte gerne selbst in Szene gesetzt, doch der Sandalenfilm IL FIGLIO DI SPARTACUS schneite dazwischen. Somit sah sich Corbucci gezwungen, die Regie in andere vertrauensvolle Hände zu legen. Die üblichen Verdächtigen in Sachen gotisches Schauerkino made in Italy -Freda und Bava- waren ebenfalls unabkömmlich; so fiel es Antonio Margheriti zu, den schwarz/weißen DANZA MACABRA in einer rauschenden Ballnacht des klassischen Horrorfilms im alternativtitelgebenden CASTLE OF BLOOD zu dirigieren.

 

Die Wette wird stilecht in einer Dorfkneipe namens „The Four Devils“ geschlossen. Und schon ab Filmminute Eins, als unser viktorianischer Protagonist mit Stock und Zylinder durch verwitterte Straßenzüge zur düsteren Kaschemme schlendert, in welcher Poe gerade aus seinem Werk „Berenicerezitiert und das, ähem, Pro und Contra dentaler nekrophiler Obsession erörtert, ist DANZA MACABRA eine gotische Augenweide von Anbeginn. Angekommen im Spukhaus verdichten sich die zwar altmodischen, aber immer auf dem atmosphärischen Maximum inthronierten Schauerbilder zu einer der formal gelungensten Schwarz/weiß-Kompositionen, die der klassische italienische Horrorfilm je hervorgebracht hat. Der Kamera von Riccardo Pallotini sei Dank; die das Kunststück in Margheritis nächstem gotischen Leckerbissen THE LONG HAIR OF DEATH übrigens wiederholen sollte. Was mein Komplize Kuklinski zu diesem Film geschrieben hat, kann ich nur unterstreichen. 

 

Doch begeben wir uns an dieser Stelle zurück ins CASTLE OF BLOOD. Wenn Hauptdarsteller Georges Rivière minutenlang mit dem unvermeidlichen Kerzenständer in der nervösen Hand von einem spinnwebenverhangene Gemach ins nächste streift, erwacht das Spukhaus auch in unserem Heimkino zum Leben. Fast als blicke die blonde, bedrohlich schöne Frau aus dem alten Gemälde direkt in unsere Augen. Doch ist es erst die Ouvertüre zu einer Nacht, die für uns neben einem alptraumhaften Finale noch Begegnungen mit dämonischen Schönheiten wie Barbara Steele und Margarete Robsahm sowie dem finsteren aus Bavas Meisterwerk DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT bekannten Arturo Dominci bereithält.

 

Zunächst jedoch wiederholen sich die blutigen Tragödien des Haus Blackwood vor Rivières (und unseren) Augen und schnell wird klar, dass jede Person, der unser unglückseliger Wettpate in dem eigentlich verlassenen Gemäuer begegnet, längst unter schauerlichen Umständen das Zeitliche gesegnet hat. So vermischen sich in Margheritis Totentanz einmal mehr Alptraum und Wirklichkeit, Gegenwart und Vergangenheit und Leben und Tod; gerade so wie in Caianos NIGHTMARE CASTLE, Bavas DER DÄMON UND DIE JUNGFRAU und natürlich den bereits eingangs erwähnten PIT AND THE PENDULUM. Allerdings sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der Fluch, der über Blackwood Castle lastet, alles andere als originell ist. Selbst zu ihren Lebzeiten dürften selige Schauerromantiker wie Friedrich Laun (1770-1849) oder Théophile Gautier (1811-1872) über eine Gespenstergeschichte wie sie Corbucci hier aufs Tablett bringt, nur ein müdes Lächeln übriggehabt haben. Doch Margheriti inszeniert den danse macabre mit solch atmosphärischer Wucht, dass dem Zuschauer unter dem Bombardement von Pallotinis stimmungsvollen Bildern und Ortolanis kongenialer Musikuntermalung zunächst gar nicht auffällt wie mager und trivial das Handlungsskelett drumherum eigentlich ist. Alle Augen sind eh auf die wie immer dämonisch betörende Barbara Steele gerichtet. Hier so präsent, dass DANZA MACABRA ohnhein ein Ehrenplatz im Schrein eines jeden ihrer Verehrer und Verehrerinnen gebührt.

 

Wie befürchtet überrascht der Schlusstwist längst nicht so wie der Anblick blanker Brüste in einem so altehrwürdigen Gruselfilm wie diesem. Doch einen ebensolchen kredenzt uns Sylvia Sorrente pünktlich zum Endspurt und ihre Glocken läuten sozusagen das Finale ein. Dieses zelebrieren Margheriti und seine Mannschaft wiederum nach allen Regeln der Genrekunst in einem alptraumhaften Spießrutenlauf. In Form einer bitterbösen Schlusssequenz bekommt dieses kleine Meisterstück in Sachen filigraner Gruselfilmatmosphäre letztendlich sein wohlverdientes Sahnehäubchen.

 

Ein paar Jahre später, genauer im Jahr 1971, sollte Regisseur Margheriti dem Blackwood Castle einen erneuten Besuch abstatten. Da nämlich verfilmte er den DANZA MACABRA mit Anthony (TENEBRAE) Franciosa und Klaus Kinski in den Hauptrollen noch einmal neu, nur diesmal in Farbe. Mehr über das in Deutschland unter dem Titel DRACULA IM SCHLOSS DES SCHRECKENS betitelte Remake könnt ihr im Review des geschätzten Kollegen Prisma nachlesen.

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Kommentare (2)

  • Gregor Waldhausen

    Gregor Waldhausen

    05 Dezember 2021 um 19:47 |
    Hi,
    welche Geschichten lagen dem Film
    'Castle of Blood' 1964 zugrunde?

    Cheers,
    Gregor

    antworten

  • Gerald Kuklinski

    Gerald Kuklinski

    06 Dezember 2021 um 15:04 |
    Keine. Um das mittelalterliche Set von Sergio Corbuccis Totò-Komödie "The Monk of Monza" (Il monaco di Monza, 1963) wiederverwenden zu können, schrieb Bruno Corbucci das Drehbuch zu "Castle of Blood". Die Person von Edgar Allen Poe zu verwenden, sollte dabei Bezüge zu Roger Cormans erfolgreichen Poe-Adaptionen herstellen. Der Film gibt vor, auf einer Poe-Story namens "Danse Macabre" zu beruhen, welche schlicht nicht existiert. Der fertige Film enthält zudem kaum Motive, die für Poe typisch wären. Dennoch nett anzuschauen. Die komplette Entstehungegeschichte des Films kann man in Roberto Curtis "Italian Gothic Horror Films, 1957 - 1969" nachlesen.

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