Tenebrae

Italien, 1982

Originaltitel:

Tenebre

Alternativtitel:

Tinieblas (ARG)

Ténèbres (FRA)

Tenebrae, el placer del miedo (MEX)

Unsane (USA)

Tenebre - Der kalte Hauch des Todes

Tenebrae - Ein Film wie ein Axthieb

Deutsche Erstaufführung:

12. Oktober 1984

Regisseur:

Dario Argento

Drehbuch:

Dario Argento

Inhalt

Dario Arento (»L’uccello dalle piume di cristallo«, »4 mosche di velluto grigio«) gab an, ein Zwischenfall mit einem verrückten Fan habe ihn zu »Tenebre« inspiriert. Wieder steht ein Künstler im Mittelpunkt des Geschehens: Peter Neal (Franciosa) ist Schriftsteller und gerade auf dem Weg nach Rom, um sein neuestes Buch »Tenebre« zu promoten. Kurz nach seiner Ankunft erfährt er von dem Kommissar Germani (Gemma), dass gerade ein scheußlicher Mord verübt wurde: Einer jungen Ladendiebin wurde mit einem Rasiermesser die Kehle durchgeschnitten, einige Seiten aus »Tenebre« waren ihr als Knebel in den Mund gestopft worden. Peter glaubt anfangs, es handele sich um einen Zufall, doch als er feststellt, dass sein Gepäck durchwühlt wurde, wird auch ihm mulmig zumute. In seiner Wohnung erhält er mysteriöse Drohanrufe und Briefe und wird schließlich selbst mit dem Tod bedroht. In seinem italienischen Freundes- und Bekanntenkreis beginnt kurz darauf das große Sterben: eine lesbische Journalistin und ihre Freundin, die Tochter von Neals Vermieterin und der Fernsehmoderator Christiano Berti (John Steiner), dem Neal gerade erst ein Interview gegeben hatte, fallen dem brutalen Mörder zum Opfer. Und die Polizei tappt weiterhin im Dunkeln…

Review

»Tenebre« ist es seinerzeit mehr als schlecht ergangen: Die US-Fassung (Alternativtitel: »Unsane«) wurde um ganze zehn Minuten gekürzt und erschien erst 1984, die Engländer indizierten den Streifen quasi sofort nach Erscheinen und gaben ihn erst 2003 ungekürzt frei, in Deutschland erschien der Film zunächst in einer 92minütigen Version und wurde 1987 von der Staatsanwaltschaft bundesweit beschlagnahmt. In Frankreich ist eine 100minütige Schnittfassung erhältlich, die der US-Fassung entsprechen dürfte und ab 16 freigegeben ist. Die Originalfassung ist im Internet mit 110 Minuten angegeben. Soviel also zum Thema Zensur. Die Kritiker rieben sich 1982 an dem hohen Gewaltpotential des Films, konnten sich aber aufgrund der drastischen Kürzungen eigentlich kein klares Bild von »Tenebre« machen. Wenn — wie beispielsweise in Deutschland — ganze 18 Minuten fehlen, so geht das natürlich auf Kosten des Handlungsverlaufs und der Ästhetik. Und gerade die ist in Falle von »Tenebre« ganz außerordentlich. Kernpunkt des Thrillers, der heute zu den größten Meisterwerken Argentos gerechnet wird, ist eine dreiminütige Kamerakranfahrt, die über und um eine Villa herumführt, bis schließlich die behandschuhten Hände des Killers ins Bild kommen. Diese Kamerafahrt war damals schwer zu realisieren, und die im Haus agierenden Frauen mussten perfekt choreographiert werden — es dauerte ganze vier Drehtage, um diese Sequenz fertig zu stellen.

 

Die Erzählweise von »Tenebre« ist für Argentos Verhältnisse ausgesprochen linear und publikumsfreundlich — wenn einen die Gewaltorgie am Schluss mit den riesigen Blutfontänen, den überraschend schnellen Morden und den Verstümmelungen, mit denen Argento alles überbieten wollte, was das Genre bis dato geliefert hatte, nicht abschreckt. »Tenebre« ist ein kalter, moderner Schocker, der Argentos Lieblingsmotiv, nach dem sich der in Bedrängnis geratene Künstler an etwas Wichtiges erinnern muss, wieder aufnimmt, wobei Argento diesmal einen Schritt weitergeht, indem er den Helden gleichsam zum Täter macht.

 

Die Besetzung ist erstklassig. Daria Nicolodi, die damalige Lebensgefährtin des Regisseurs, gibt eine famose Scream Queen ab, und John Saxon ist als Neals Literaturagent und Freund eines der Opfer. Der wegen seines Jähzorns als schwierig geltende Anthony Franciosa — der einzige Schauspieler, für den Argento keine guten Worte fand — verrichtet seine Aufgabe als Peter Neal hollywoodgerecht überzeugend. Wie so oft, lohnt es sich auch bei »Tenebre« besonders, einen Blick auf die Nebendarsteller zu werfen: Carola Stagnaro gibt eine starbegeisterte Polizistin und assistiert Giuliano Gemma, und Ennio Girolami und die damals 17jährige Lara Wendel, die Fans des italienischen Films heute noch ein Begriff sein dürfte, sind ebenfalls mit von der Partie. Mit dabei ist auch die rassige Veronica Lario (als Jane McKerrow), die wenig später die Ehefrau Berlusconis wurde und die Schauspielerei ad acta legte.

 

»Tenebre« wurde nicht nur der letzte meisterhafte Giallo, er wurde auch Argentos letzter guter Film; »Phenomena« (1984, mit Jennifer Connelly) und »The Stendhal Syndrome« (1996, mit Thomas Kretschmann) sind noch sehenswert, ansonsten entfernte sich der Regisseur mit jedem weiteren Film von der großen Meisterschaft, die er einst innehatte. Seine letzten Filme waren so spannungsarm und verwässert, dass das Anschauen beinahe körperliche Schmerzen auslöste.

Filmplakate

Kommentare (1)

  • DJANGOdzilla

    DJANGOdzilla

    03 November 2020 um 15:22 |
    Auch, wenn der Film schon einige Jahre auf dem Buckel hat: Muss es denn unbedingt sein, dass man in ner Review den Täter spoilert?

    antworten

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.