Zwei Freundinnen

Frankreich | Italien, 1968

Originaltitel:

Les biches

Alternativtitel:

Las dulces amigas (ARG)

As Corças (BRA)

Las ciervas (ESP)

Le cerbiatte (ITA)

As Rivais (POR)

Bad Girls (USA)

Girlfriends

The Does

Deutsche Erstaufführung:

25. April 1969

Regisseur:

Claude Chabrol

Kamera:

Jean Rabier

Inhalt

Frédérique (Stéphane Audran) ist reich, unabhängig und attraktiv. Bei einem Spaziergang an der Seine fällt ihr die Straßenmalerin Why (Jacqueline Sassard) auf und es entwickelt sich eine Liaison zwischen den beiden Frauen, die allerdings nicht von langer Dauer sein wird. Trotz der Standesunterschiede nimmt Frédérique ihre neue Bekanntschaft mit auf ihren Landsitz in Saint Tropez, wo sie das Leben der besseren Gesellschaft kennenlernt. Bei einer Soirée lernt Why den Architekten Paul (Jean-Louis Trintignant) kennen und beide stürzen sich in eine Affäre, was wiederum die Eifersucht von Frédérique auf den Plan ruft und folgenschwere Konsequenzen mit sich bringt. Wer wird aus dieser Liaison dangereuse als großer Verlierer hervorgehen..?

Autor

Prisma

Review

Eine Raubkatze schleicht in Form von Stéphane Audran geschmeidig und suchend an der Seine umher. Elegant in der Erscheinung, mondän im Auftreten und resolut in der wohl üblichen Strategie. Ihr Interesse gilt einer jungen Frau, die eine Straßenmalerei in der Hoffnung zeichnet, etwas Hartgeld dafür abzugreifen. Im Gegensatz zu ihrer eigenen naiven Malerei ist es der 500 Francs Schein, der der jungen Künstlerin imponiert und es entwickelt sich ein Gespräch der unterschiedlichen Voraussetzungen, bei dem aber ganz offensichtlich nur ein Ziel verfolgt wird. Die reiche Frédérique erlegt ihre Beute mit Kapital, den Luxus von Charme oder großer Anstrengung braucht sie sich erst gar nicht zu erlauben. Ihre Blicke ziehen die junge Malerin namens Why förmlich aus, deren Blicke und forsche Art sie wiederum anziehen. Claude Chabrol setzt im frühen Stadium seines Beitrags bereits auf die Durchschlagskraft seiner beiden Hauptdarstellerinnen Jacqueline Sassard und Stéphane Audran, die Kontraste zeichnen und sich zunächst nur beim Thema der herben Oberflächlichkeit treffen. Jede sogenannte liaison dangereuse birgt gerade im französischen Film das Potential, hoch interessante Blüten zu treiben und für möglichen Zündstoff zu sorgen, denn auch hier wird eine solche überaus simpel und schnell angebahnt. Eigenartige Umgangsformen und eine sexuell aufgeladene Atmosphäre lassen das Zusammenspiel förmlich wie einen vorprogrammierten Crash wirken. Chabrol setzt auf die natürliche Lust des Zuschauers, Voyeur sein zu wollen und der unsentimentale Blick auf eine Konstellation, die anfangs kaum Sinnlichkeit herzugeben weiß, sondern eher eine auffällige Mechanik transportiert, gibt trotz der dargestellten Selbstverständlichkeit frühe Rätsel über das Ziel auf.



Die beiden Frauen verbringen ab sofort ihre Zeit miteinander, die durch die solvente und in einen nahezu maskulinen Deckmantel gehüllte Frédérique versüßt wird. Der unscheinbare Titel "Zwei Freundinnen" beginnt durch das hervorragende Zusammenspiel der beiden Titelrollen immer mehr, und nach und nach vielmehr weniger auszusagen, als im Vorfeld angenommen. Hierfür steht vor allem die wie immer herausragende Stéphane Audran mit all ihrer Tatkraft und Aura. Ihre ungeschönte Darstellung einer Frau, die sich alles erlauben kann, weil sie in jeder Beziehung unabhängig ist, darf dabei besonders intensive Züge annehmen. Frédérique hat Spaß daran, andere zu manipulieren, dominieren, bedrängen oder zu benutzen, allerdings nicht an einem konventionellen, oder bemüht bürgerlichen Dasein. Die beliebtesten Schachfiguren in ihrem Spiel sind Männer, weil sie ihr zumindest dem Empfinden nach am wenigsten bedeuten, und diese sich trotz ihres doppelten Spiels freiwillig ergeben. Audrans Leistung stellt in diesem Verlauf selbst einige ihrer eigenen Darbietungen in den Schatten, die man als durchaus beeindruckend und dicht bezeichnen kann. Umweht von kaltem Hochmut und einer überaus berechnenden Attitüde, hält sie jeden, auch den Zuschauer, auf Sicherheitsabstand. Doch eines bleibt immer bestehen, nämlich eine unbestimmte Faszination gegenüber einer kalkulierenden und betont emotionslosen Frau, die das Spiel mit anderen zu ihrem liebsten Zeitvertreib gemacht hat. Claude Chabrol teilt seinen Film in Episoden auf, die nicht nur Kapriolen im Gefühlsbereich aufzeigen, sondern auch deutliche Kehrtwendungen und Veränderungen schildern. In diesem Zusammenhang leistet eine kaum einzuschätzende Jacqueline Sassard nahezu Pionierarbeit und wird neben Jean-Louis Trintignant zu einem der Eckpfeiler in einer undurchsichtigen Dreieckskonstellation, die dem Eindruck nach dazu gemacht ist, um in Stücke zu zerfallen.



Die präsentierten Personen tragen Masken, die sie nach und nach ablegen, damit sie von den nächsten Beteiligten aufgenommen werden können. Hierbei ist besonders auffällig, dass am besten keinem zu trauen ist und wenig später schwingt tatsächlich Missgunst und Eifersucht im Szenario mit, damit die Spannung über die Frage gebahnt werden kann, ob es zu deutlich mehr kommen möge. Wie es bei jedem Tauziehen eben ist, muss dabei ein Verlierer hervorgehen, allerdings wird die Frage, um wen es sich letztlich handelt, bis zum Ende hinausgezögert, was der Geschichte Feuer, Emotion und leichte Dramatik einzuhauchen weiß. Getragen von nahezu beruhigender Kammermusik, schreit diese denkbar einfache Geschichte förmlich nach einer Eruption, einem Eklat, möglicherweise einer Explosion. Chabrol versteht es erneut verblüffend sicher, die breite Palette der Emotionen zu transportieren, welche obendrein auch besonders gut ausbuchstabiert wirken. Jeder Akt des Verlaufs setzt auf Umkehrreaktionen oder Kontraste, aber genauso auf Details und Alltäglichkeiten, die jedem vertraut sein dürften. Im Endeffekt bleiben es die "Zwei Freundinnen", also Jacqueline Sassard und Stéphane Audran, die das Regiment führen und sich immer wieder gegenseitig den Ball zuspielen. Gegen Ende fragt man sich nach der Moral von der Geschicht' und hofft selbstverständlich auf ein standesgemäßes Finale, das - so viel sei schon einmal verraten - nicht ausbleibt und sich sogar der Möglichkeiten bedient, den Zuschauer nicht nur zu überraschen, sondern durchaus fassungslos zurückzulassen. "Zwei Freundinnen" ist als ruhiger Thriller in jeder Hinsicht gelungen und überzeugt immer wieder in eigenartig subtiler Weise durch Intervalle der Härte. Dass dabei die Kunst des Schauspiels in exzellenter Manier hofiert und abgerufen wird, ist nur einer der vielen Vorzüge dieses wirklich guten Chabrols.

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Prisma

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