Das Reismädchen

Italien, 1956

Originaltitel:

La risaia

Alternativtitel:

Arroz Maldito (BRA)

La fille de la rizière (FRA)

Drama no Arrozal (POR)

Rice Girl

Inhalt

Wie viele andere Frauen hat sich die junge Elena Nardi (Elsa Martinelli) über den Sommer bei der Aussaat und der Ernte auf den Reisfeldern der Po-Ebene verpflichtet. Als der Gutsbesitzer Pietro Guerrini (Folco Lulli) die junge Frau sieht, ist er wie erstarrt.

 

Vor knapp 20 Jahren hatte Guerrini eine Affäre mit einer Arbeiterin, heiratete aber auf Druck seiner Eltern eine andere Frau aus wohlhabender Familie, die er aber nicht liebte. Nun fragt er sich, ob Elena Nardi womöglich seine Tochter ist. Er begibt sich nach Mailand – Elenas Geburtsort – und versucht dort deren Mutter zu finden. Er macht sie ausfindig und muss feststellen, dass dies tatsächlich die Frau ist, die er einst geliebt hat. Er möchte seine vergangene Schwäche wieder gutmachen und sich um Elena kümmern. Ihre Mutter bittet ihn jedoch, ihr nichts zu sagen.

 

Und so wacht er über Elena, was Komplikationen mit sich bringt, denn da niemand weiß, dass er ihr Vater ist, hält man ihn für einen alten Narren, der einem jungen Mädchen nachsteigt. Zudem hat sein missratener Sohn Mario (Michel Auclair) sich fest vorgenommen, Elena zu besitzen.

 

Elena verliebt sich in den Mechaniker Gianni (Rik Battaglia), doch das Interesse Pietro Guerrinis führt zu Missverständnissen und zur Trennung der Beiden. Dann, während des Ernte-Abschiedsfestes der Reismädchen, versucht Mario Elena zu vergewaltigen und Pietro bekommt Gelegenheit sich seiner Vaterrolle ihr gegenüber als würdig zu erweisen.

Review

Nach Silvana Mangano ("Bitterer Reis") und Sophia Loren ("Die Frau vom Fluss") watet nun auch die neueste römische Sex-Elfe, das Star-Mannequin Elsa Martinelli, knietief im Wasser des Reisfeldes, um die Vorzüge ihrer Erscheinung vorzuweisen.
(Der Spiegel 1956)

 

Darf man – nach so vielen Jahren – dem Spiegel-Autor des obigen Zitates angesichts solch ignoranter Respektlosigkeit noch eine reindonnern? „Das Reismädchen“ ist ein wundervoller Film, ein großer Klassiker und Elsa Martinelli eine verdammte Göttin! Auch wenn sie manchmal ein wenig dröselig guckt, macht doch nichts, eine Frau halt, die gucken manchmal so, ist doch niedlich.

 

Nach Silvana Mangano und Sophia Loren in ähnlichen Titelrollen gelang es Raffaello Matarazzo in Person der damals 21-jährigen Elsa Martinelli das meiner Ansicht nach schönste und lebendigste Reismädchen zu casten. Für Elsa Martinelli war dieser Film auch der große Durchbruch, denn in folgenden Jahren dürften die Kinozuschauer sie z. B. in Mario Monicellis „Junge Liebe in Rom“ (1956), Henry Hathways „Hatari“ (1962), Roger Vadims „...und vor Lust zu sterben“ (1959) oder Lucio Fulcis „Nackt über Leichen“ (1969) sehen, um nur ein paar Titel zu nennen. Dabei gibt es allerdings seltsame Schwankungen bezüglich der Größe und Wichtigkeit ihrer Rollen, was der Präsenz und Anmut der Dame aber keinen Abbruch tut. So sollte man unbedingt auch einen Blick auf Luciano Salces „Das gewisse Etwas der Frauen“ riskieren, in dem es so einiges Sehenswertes zu entdecken gibt.

 

"Pietro worshiped her. Mario wanted her. Gianni took her."

 

So lautet eine Tagline des US-Releases unter dem Titel „Rice Girl“, inhaltlich genauso irreführend, wie manche Andeutung auf Postern es handele sich um eine Fortsetzung von „Bitterer Reis.“ Das ist nicht der Fall.

 

Warum hat es mir ausgerechnet diese Reismädchen-Adaption so angetan? Abgesehen davon, dass einem schon die Titelmelodie von Angelo Francesco Lavagnino die Tränen in die Augen treibt, weil sie so unbeschreiblich rührselig-wundervoll ist, hat Raffaello Matarazzo hier eines seiner gradlinigsten Melodramen vorgelegt. Obwohl wieder seine Lieblingsautoren Aldo De Benedetti und Ennio De Concini mit am Werk waren, verzichtet „Das Reismädchen“ auf die sonst so Matarazzo-typischen unzähligen tragischen Wendungen (eine dramatischer und überzogener als die Nächste) sondern bleibt bei seinem Grundgerüst. Er ist damit deutlich weniger düster und emotional destruktiv als andere seiner Regiearbeiten.

 

Elsa Martinelli als junge und studierte Schönheit, naiv nur durch ihre Unschuld und unsicher nur wegen ihrer Ahnungslosigkeit ob der eigenen Vergangenheit. Ansonsten große Klappe. Folco Lulli als reumütiger Vater, der sein eigenes Glück verspielt hat durch die Heirat einer Frau, für die er nichts empfindet und die ihm einen gedankenlosen und bisweilen bösartigen Sohn schenkte, der von Michel Auclair reuelos-teuflisch dargestellt wird. Rik Battaglia spielt hier den aufstrebenden Mechaniker Mario, der sich in Elena verliebt. „Das Reismädchen“ war Battaglias zweite Filmrolle nach seinem Debut in „Die Frau vom Fluss“ zwei Jahre zuvor.

 

Wer Neorealismus und Sozialkritik erwartet, sollte sich nicht täuschen lassen. Trotz einer sehr überzeugenden Szene, in der Elenas Mutter (Vivi Gioi) ihrem früheren Liebhaber und Vater ihrer Tochter von den entbehrungsreichen Hungerjahren als hart arbeitende Alleinerziehende erzählt, dient dies – wie meist bei Matarazzo - nur der Tragik. Matarazzo will die Tränendrüsen seiner Zuschauer stimulieren, nicht deren revolutionäres Bewusstsein.

 

Bisher keine Nennung in den Filmdatenbanken - aber durchaus im Vorspann erwähnt - sind Silvio Amadio und Luciano Ercoli als Regie-Assistenten.

 

Nach „Mutterliebe – Mutterleid“ (1951), „Frauen hinter Gittern“ (1955), „Das Schiff der verlorenen Frauen“ (1953) und jetzt „Das Reismädchen“ (gedreht 1955, Premiere Januar 1956) war es das nun auch mit meiner winzig kleinen Raffaello Matarazzo-Sammlung, also auf zu neuen Ufern.

Review

Auf DVD erschien „Das Reismädchen“ kürzlich von Filmjuwelen und bitte nicht von der Bildqualität des Vorspanns abschrecken lassen, denn nur der Vorspann ist so verblasst und verwaschen, danach wird das Bild umgehend besser.

Als Bonus gibt es (gut 1 Minute) an entfallenen Szenen und ein paar Filmjuwelen-Trailer. Kärgliche Ausstattung, ist mir aber egal, der Kauf hat sich gelohnt, ich will den Hauptfilm, Bonus muss nicht unbedingt sein.

Ein schönes Booklet mit einem Text von Roland Mörchen gibt es natürlich auch noch. Mörchens Text ist zwar knapper und informativer ausgefallen als das sehr ausführliche Booklet von Stefan Lüsse zur Filmjuwelen-DVD von Matarazzos „Das Schiff der verlorenen Frauen“ (fast schon ein Essay), enthält dafür aber naturgemäß auch weniger inhaltliche Fehlerchen. Aber nur wer gar nicht schreibt, macht keine Fehler...

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