Müssen Männer schön sein?

Italien, 1976

Originaltitel:

40 gradi all'ombra del lenzuolo

Alternativtitel:

40 grados bajo las sábanas (COL)

Cuarenta grados a la sombra de la sabana blanca (ESP)

Sexycon (FRA)

Fiebre italiana (MEX)

40 Graus à Sombra do Lençol (POR)

Sex with a Smile (USA)

Deutsche Erstaufführung:

23. April 1976

Regisseur:

Sergio Martino

Inhalt

5 Episoden, rund um das komplizierte Zusammenspiel von Mann und Frau

 

La Cavallona – Das Pferdchen

Emilia Chiapponi, genannt La Cavallona, ist der Schwarm der gesamten Männerwelt des Ortes. Wenn La Cavallona sich auf der Straße bückt um etwas aufzuheben, dann erbeben die Herzen der Männer. Aller Männer? Nein, der schüchterne und unattraktive Cavaliere Marelli ignoriert La Cavallona völlig. Zumindest nach außen hin, denn tatsächlich ruft er sie anonym an, um ihr seine Phantasien mitzuteilen. Und dem kann sich La Cavallona auf Dauer nicht verweigern: Sie besteht auf einem Treffen ...

 

L’attimo fuggente – Ein flüchtiger Moment

Die Comtessa unternimmt eine Spazierfahrt in ihrem Rolls Royce. Ihr Chauffeur Filippo hat seine Augen überall: An ihren Beinen, in ihrem Ausschnitt, nur nicht auf der Straße. Eigentlich geht es zu einem Stelldichein mit einem Verehrer der Comtessa, der aber nicht erscheint. Stattdessen erklärt Filippo seine Liebe, beziehungsweise richtiger: Seine niemals versiegende Lust.

 

La guardia del corpo – Der Leibwächter

Marina hat einen neuen Leibwächter, und was für einen. Überall ist er anzutreffen: Beim Abendessen, auf der Toilette … Er nervt irgendwann, und als er bei einer Gartenparty zugunsten eines Künstlers alle Gäste, vor allem die weiblichen, ausgiebig filzt, platzt der Dame des Hauses die Hutschnur und er wird kurzerhand auf Eis gestellt, damit das geplante Schäferstündchen mit dem Künstler in Ruhe stattfinden kann. Der Künstler allerdings hat andere Pläne als nur eine harmlose Liebelei.

 

I soldi in bocca – Geld im Mund

Sie ist eine sehr attraktive Strohwitwe. Er ist ein Mann mit einem Koffer voller Geld, mit dem er nichts anfangen kann. Also schlägt er ihr vor, es mit ihm zu treiben, und zwar für 20 Millionen Lire. Zuerst lehnt sie natürlich entrüstet ab, kann aber seinem Drängen und dem Haufen Geld auf Dauer dann doch nicht widerstehen. Danach allerdings ist sein Koffer immer noch sehr gut gefüllt …

 

Un posto tranquillo – Ein ruhiger Ort

Eigentlich möchte Adriano Serpetti nur in Ruhe ein Appartement besichtigen. Doch als er das Fenster öffnet steht dort die junge und hübsche Marcella, bereit, sich mit selbstmörderischen Absichten in die Tiefe zu stürzen. Er kann sie davon abbringen und bringt sie in ihre Wohnung, wo die beiden zunehmend Lust aufeinander bekommen. Marcellas Schäferhund allerdings sieht die Sache etwas anders: Er ist stockeifersüchtig und hat bisher noch jeden Liebhaber verjagt.

Autor

Maulwurf

Review

Der Blogger Bretzelburger schreibt in seinem hervorragenden und interessanten Blog L’amore in città viele kluge Sätze über die Commedia sexy all’italiana im Allgemeinen, und über MÜSSEN MÄNNER SCHÖN SEIN? im Besonderen. Er schildert die Historie Sergio Martinos, einiger der Darsteller des Films, und setzt den Film ganz allgemein in einen Kontext innerhalb der Zeit und der ihn umgebenden Filme, so dass einem als Hobbyautor nach der Lektüre dieses Textes eigentlich gar nichts mehr einfallen mag. Bretzelburger lobt MÄNNER in hohem Maße, seine kluge Einbindung in die soziale Vielschichtigkeit Italiens, und wie geschickt das Verhältnis zwischen Männlein und Weiblein hier dargestellt wird. All diese Dinge möchte ich jetzt nicht wiederholen, weil das zum einen das Abschreiben einer weitaus gelungeneren Besprechung wäre, und zum anderen schlicht und ergreifend langweilig.

 

Prinzipiell mag ich die Texte vom Bretzelburger sehr gerne: Sie sind in hohem Maße bildend und unterhaltsam zugleich, und man kann beim Lesen viel lernen. Allerdings kommt MÄNNER bei mir erheblich schlechter weg als bei ihm, und das hat mich dann doch einigermaßen irritiert. Warum sehe ich die Intelligenz dieses Filmes nicht, sondern denke bei mir nur: „Ja, ganz nett. Hübsch anzuschauen, und ab in die Tomas Milian-Sammlung als Futter für die Spinnweben.“?

 

Nun ja, ich glaube das hängt damit zusammen, dass ich, wenn ich eine Erotikkomödie sehen möchte, weniger den sozialen oder cineastischen Kontext sehe, sondern vielmehr ein wenig nackte Haut attraktiver Damen erwarte, und dabei mit lustigen Sprüchen und Situationskomik unterhalten werden möchte. Und die Kombination ist dabei nicht unwichtig, denn andernfalls würde ich, je nach Lust und Laune, entweder auf BLACK EMMANUELLE ausweichen oder auf, sagen wir, ZWEI SIND NICHT ZU BREMSEN. Ihr wisst was ich meine.

Schauen wir doch zuerst einmal, wie es hier mit der nackten Haut aussieht. Die weibliche Besetzung ist mit Edwige Fenech, Dayle Haddon, Barbara Bouchet, Giovanna Ralli und Sydne Rome immerhin kaum zu toppen. Alles wunderschöne Frauen, und alle mehr oder weniger zeigefreudig vor der Kamera. Und was passiert? Edwige Fenech im sexy zerrissenen Disco-Outfit, Dayle Haddon beim Duschen, und Sydne Rome wälzt sich im Bett. Viel wird nicht gezeigt, die Erotik kommt hier eher aus den Andeutungen, was ja tatsächlich auch viel mehr Spaß beim Zuschauen macht. Machen kann. Giovanna Ralli, die sich auf dem Rücksitz der Nobelkarosse räkelt, und dabei kaum mehr zeigt als ihr Strumpfband am oberen Ende eines laaaaaaaangen Beines, während ihre Augen blitzen, das ist pure und feuchte Erotik. Wobei ich zugeben muss, dass sie mir am Ende der Episode, mit zerzausten Haaren im Cinquecento sitzend und streitend, sogar noch besser gefällt. Auch die wechselnde Garderobe von Dayle Haddon verdeckt gerade das, was die Phantasie anheizt, und gefällt dadurch umso mehr. An dieser Stelle können also die Erwartungen durchaus erfüllt werden, wenn, und das ist wichtig, man keinen reinen Erotikstreifen mit einer dauernackten Laura Gemser erwartet.

 

Und die Komik? Hm, mit der Synchro ist das bekanntlich immer so eine Sache, da wurde und wird ja oft auf Teufel komm raus etwas Lustiges produziert, was möglichst den allgemeinen Trieb des Schenkelklopfens befriedigen soll, während der (unter Umständen vorhandene) feine Humor des Originals den Fremdsprachenexperten unter uns vorbehalten bleibt. Ich für meinen Teil verstehe erheblich zu wenig italienisch, um bei einem Film mit so viel Dialog mithalten zu können, und muss mich halt auf die Synchro verlassen. Und die ist auf jeden Fall ordentlich geraten – keine Brandt’schen Kalauerorgien, dafür aber einige wirklich herzige Sprüche. So meint etwa Marty Feldman über sich selbst „Mein Gesichtsfeld ist sehr groß. Ich bin sozusagen eine Panoramaleibwache mit Weitwinkelblick.“ Mit der Stimme von Kermit dem Frosch gesprochen ist das in diesem Moment auf jeden Fall mal sehr lustig.

 

Aber da komme ich an eine Stelle, die ich eigentlich erst später erwähnen wollte. Der ursprüngliche Plan war, zuerst über die erste Episode zu erzählen, wo die Telefonate zwischen Edwige Fenech und Tomas Milian ausgesprochen charmant ausfallen, und seine Phantasien ihr und dem Zuschauer gehörig einheizen. Die zweite Episode mit Alberto Lionello als Chauffeur und Giovanna Ralli als Comtessa hat einen erwartbaren Twist, ist aber, von ein wenig Übertreibung abgesehen, recht drollig erzählt und ist ebenfalls, ich wiederhole mich gerne, charmant.

 

Die Probleme beginnen bei Episode vier, wo Enrico Montesano Barbara Bouchet prostituiert, was ein wenig an meinem persönlichen Humor vorbeigeht. Trotz einiger hübscher Einfälle (Beim Sex auf einer öffentlichen Toilette darf natürlich kein Geräusch gemacht werden, also werden alle Äußerungen mit Stift an die Wand geschrieben) kann ich der Aussage, dass einer Frau nur genügend Geld geboten werden muss damit sie die Beine breit macht, nicht wirklich etwas abgewinnen. Aber das ist wie gesagt meine persönliche Meinung. Andere mögen das anderes sehen, ich bin in dieser Beziehung ein wenig altmodisch. Wobei ich auch gerne zugebe, dass der Schlusstwist zumindest putzig ist.

Und bei der fünften Episode konnte ich dann, außer bei dem auf die Dauer etwas nervigen Priester, ein Gähnen nicht mehr unterdrücken. Hier haben weder die Erotik noch die Situationskomik etwas getaugt, und wo Bretzelburger gerade hier das Verhältnis zwischen Mann und Frau ganz besonders gekonnt analysiert sieht, muss ich als Maulwurf leider ein gerüttelt Maß an Langeweile konstatieren. Was dann, weil es sich um die letzte Episode handelt, auch in der Gesamtbewertung zu einem gemischten Gefühl führt. Vielleicht habe ich aber auch im Laufe meines Filmlebens einfach zu viele Männer auf schmalen Fenstersimsen stehen sehen, und Jean Rochefort, der in EIN ELEFANT IRRT SICH GEWALTIG im Morgenmantel auf einem Sims im fünften Stock steht, lässt sich da kaum mehr toppen. Von der Episode in Lewis Teagues KATZENAUGE mal ganz zu schweigen.

 

Aber da ist ja noch die dritte Episode. Marty Feldman mit seiner sehr speziellen Komik bewacht Dayle Haddon mit „Argusaugen“, und hier mischen sich der Feldman’sche Slapstick, manchmal fast wie aus den Annalen der Stummfilmzeit kommend, mit dampfender Erotik und einer teilweise typischen Bildsprache der 70er-Jahre. Und außerdem ist das Teil urkomisch! Wenn man mit Marty Feldman etwas anfangen kann, dann ist man hier goldrichtig. Feldman steht hinter einem Paravent und knabbert Möhrchen (gut für die Augen!). Feldman taucht zwischen einem küssenden Liebespaar auf. Feldman kämpft gegen die Gipsstarre und den Übeltäter gleichzeitig (Dr. Seltsam lässt grüßen). Außerdem nimmt er seine Aufgabe als Leibwächter sehr ernst: „Da könnte ja ein Haifisch drinsitzen. Oder ein Unterwasserzwerg.“ „IN MEINER TOILETTE???“ Abgefahren, und sehr sehr lustig …

Der übersetzte Originaltitel „Der Wächter des Körpers“ hat auch noch eine hübsche Doppeldeutigkeit, und insgesamt ist diese Episode einfach ein Feuerwerk an Komik, mit einigem erotischen Unterbau. Was aber nicht ausreicht, um den gesamten Film in den Olymp der Erotikkomödie zu hieven. Gerade die letzten beiden Episoden zerstören den guten Eindruck der ersten drei doch annähernd gründlich, und sorgen für ein eher zwiespältiges Gefühl.

 

Insgesamt also schwierig zu beurteilen, so ein Film. Zwei gute, zwei weniger gute und eine hervorragende Episode - Das bedeutet, dass zumindest mehr als die Hälfte der Filmzeit vergnüglich ist. Ist sie das? Rein rechnerisch gesehen schon, aber der Bauch behauptet etwas anderes, und das kann an verschiedenen Punkten liegen. Entweder, weil die gefühlt schwächeren Episoden ausgerechnet die letzten sind, oder möglicherweise weil die Erwartungshaltung nicht die richtige war: Erotik anstatt nacktem Fleisch, richtige Dialoge anstatt derber Zoten …

 

So lieber Leser, und nun müssen Sie entscheiden: Folgen Sie der Interpretation Bretzelburgers, um den Film in seinem historisch-sozial-filmischen Kontext zu bewundern, und sich über die Ausarbeitung der genderspezifischen Relationen in ihren Feinheiten zu amüsieren? Oder folgen sie dem eher dumpf-männlichen Ansatz des Maulwurfs, der von Erotikkomödien nackte Haut und lustige Kalauer erwartet, der aber zumindest bei der holzhammerartig daherkommenden Komik eines Marty Feldman Tränen lachen kann?

Autor

Maulwurf

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