Jäger der Apokalypse

Italien, 1980

Originaltitel:

L'ultimo cacciatore

Alternativtitel:

El último cazador (ESP)

Héros d'apocalypse (FRA)

Hunter of the Apocalypse (GBR)

O Último Herói do Apocalipse (POR)

The Last Hunter (USA)

Deutsche Erstaufführung:

23. Oktober 1980

Inhalt

Saigon 1972: Nachdem der US Army Captain, Henry Morris, mit ansehen muss, wie sein Kamerad, Steve, in einem Puff Amok läuft, bittet er seine Vorgesetzten um Versetzung. Morris erhält die Order einen Propagandasender ausfindig zu machen und zu zerstören. Sein Auftrag führt den Captain in die Tiefen des vietnamesischen Dschungels, dort, wo der Vietcong schon auf Frischfleisch lauert.

Review

Neben dem Afrikafeldzug sowie weiteren Schlachten des Zweiten Weltkriegs setzten sich Italiens Filmemacher auch mit dem Vietnamkrieg auseinander. Die bekannteste (und natürlich politisch absolut inkorrekte) Kreation nennt sich „Jäger der Apokalypse“.

 

Ein Film, der den Löwenanteil seiner Inspiration aus Coppolas „Apocalypse now“ zieht, dessen integrierten „Walkürenritt“ vollkommen ungeniert zitiert und mit dem Zusammenspiel aus Bild und Ton propagiert, dass eine Hubschrauberschwadron am verseuchten Firmament von Vietnam ungedingt mit Wagners Klängen geziert werden muss. IMHO schreit Ritchies „Ritt der Wallküren“ tatsächlich danach, in eine solche Bildkomposition eingebettet zu werden, da die daraus resultierende Kraft des Gesamtkonstrukts das Adrenalin des Rezipienten strömen lässt. Auditive Macht und (erfolgreiche) Manipulation reichen sich somit die Hand, vergleichbar mit den marschierenden Mitgliedern der JN oder der Wiking Jugend, die inbrünstig „Als Jungen wurden wir Soldaten“ singen und damit einen Adrenalinschub durch die eigenen Reihen fegen lassen. 

 

Thomas Rufin behauptet in seinem Text „Musik schafft Bedeutung: Wagners Walkürenritt im Film“, dass die Walküre in der Auffassung vieler Zuschauer die Oper ist, in der das Stück aus „Apocalypse Now“ vorkommt und nicht umgekehrt. Eine Einschätzung, die man so stehen lassen kann, da Wagners Komposition von den meisten Filmfreunden primär mit Coppolas „Apocalypse“ und sekundär mit dem „Nibelungenring“ verbunden wird. Daraus lässt sich folgern, dass man den „Walkürenritt“ – sofern er in Verbindung mit Krieg und Helikoptern eingesetzt wird - durchaus als Underscoring interpretieren kann.

 

„Was haben sie eigentlich für einen Auftrag? Es ist doch merkwürdig, dass sie etwas schaffen sollen, dass Panzer, Jagdflugzeuge und Hubschrauber nicht schaffen. Also frage ich mich, was sie hier tun? (Jane Foster)

 

Ungeachtet ob die Kriegsschauplätze Vietnam, Korea oder Tobruk heißen, stellt sich dem Zuschauer stets die Frage, warum die Hauptprotagonisten im jeweiligen Inferno gelandet sind. Dabei werden z. B. die Perspektivlosigkeit des gesellschaftlichen Losers, die Geldgier des Söldners, der Zwang des Wehrpflichtigen und die enthusiastische Leidenschaft des Patrioten als mögliche Argumente transportiert. Letztgenanntes Beispiel lässt sich bestens mit dem von John Wayne verkörperten Charakter, Colonel Mike Kirby, („Die grünen Teufel“) kombinieren. Ein Nationalist, der als Führer einer Kriegsgruppe fungiert und sich von den Einzelkampfmaschinen, Marke John Rambo und Co., abgrenzt.

 

„Jäger der Apokalypse” präsentiert eine Hauptfigur, Captain Henry Morris (David Warbeck), die sich zwischen Leader und Lone Wolf ansiedeln lässt. Ein erfahrener Kämpfer, der mit Menschen umgehen kann, aber nicht auf sie angewiesen ist. Was ihn letztendlich nach Vietnam führte, beantwortet er uns nicht – jedenfalls nicht eindeutig.

 

„Saigon ist Asiens größter Puff, da kann einem nicht langweilig werden.“
(Major Cash)

 

An der Seite des Captains marschieren wir, Rezipienten, durch die grüne Hölle von Vietnam. Weitere „Expeditionsteilnehmer/innen“ sind, der stets zu sarkastischen Scherzen aufgelegte, Sergeant George Washington (Tony King), die Reporterin Jane Foster (Tisa Farrow) sowie einige Mitläufer, die über ihre Eigenschaft als Kanonenfutter nicht hinauskommen. Ihr gemeinsamer Weg führt zu Major Cash (John Steiner), der sich mit seinen Leuten in einem Höhlenareal niedergelassen hat. Ein kriegsmüder und selbstgefälliger Zyniker, dessen Lieblingsmusik aus den (in seinem unterirdischen Domizil installierten) Lautsprechern ballert und sich aus den Gefechtsklängen schwerer Maschinengewehre zusammensetzt. Cashs Einheit besteht aus einem Haufen von Alkohol- und Haschischkonsumierenden, notgeilen Halunken. Es überrascht demnach nicht, dass diese abgestumpfte GI-Horde auf Jane Foster scharf ist und eine Massenvergewaltigung plant. Die Aktion geht jedoch nach hinten los, und deren Hauptinitiator und Motivator wird von Cash zum Obstpflücken in „Charlies Garten“ geschickt.

 

Trotz dieses kleinen humoristischen Abstechers, fiesen „Charliefallen“, diversen Foltermethoden sowie blutigen Schlachten wird der eigentliche Kern, Morris Mission, nicht außer Acht gelassen, denn der ominöse Propagandasender ist allgegenwärtig und wird selbst in Captain Cashs Besatzerhöhle empfangen. Des Senders Message hat zum Ziel, die Moral der amerikanischen Truppen zu untergraben. Diese Thematik lässt sich mit der damaligen nordvietnamesischen Propaganda assoziieren, denn während des Vietnamkriegs wurden in Nordvietnam ca. 200 Filme produziert, die die Moral und Kampfkraft des Vietcong stabilisieren und stärken sollten, womit man überwiegend auch erfolgreich war.

 

„Irgendwann schneiden sie uns sowieso bald allen den Kopf ab.“

 

Klar, aber so ist das nun mal in einem harten Vietnam-Vehikel. Das Blut fließt in Strömen, Knochen werden gebrochen, Ratten fressen Augäpfel, und seinen Feinden schießt man - um auf Nummer Sicher zu gehen - in den Rücken. Die Jäger (und die Gejagten) der Apokalypse sind halt keine Messdiener, ihr Motto lautet: Töten, töten und nochmals töten! Der Grund ist ihnen genauso scheißegal, wie der Tod ihrer Kameraden, denn hier stirbt niemand den Heldentod für seine Nation, sondern weil Satan es so will. Wer sich mit solchen Vorraussetzungen nicht anfreunden mag, der sollte von einer Sichtung absehen, denn Antonio Margheritis Vietnaminterpretation ist von allen kritischen Färbungen befreit, verherrlicht die Gewalt und lässt den Menschhass in jeder Situation spüren. Ein Combat Movie, der aufgrund seines Brutalitätsfaktors sowie seiner fundierten Geschmacklosigkeitssymptome eine rege und patzige Stellung in diesem Subgenre einnimmt.

 

In seinem 2004 erschienenen Buch, „Der Vietnamkrieg“, schreibt Rolf Steiniger:

 

„Bemerkendwert ist auch, dass man amerikanische Vietnamfilme heutzutage in Saigon an jeder Straßenecke in jedem Videoladen ausleihen kann.“

 

Ob sich zum US-Output auch Margheritis unbelehrbarer Nam-Rabauke gesellte?

 

Zu guter Letzt muss ich die deutsche Bearbeitung lobend erwähnen, denn Michael Chevalier, Lothar Blumhagen und Co. sind bestens aufgelegt und stärken mit taktlosen Wortspielen wie „gelbe Ratte“ und „Charlie-Nutte“ ein durchweg impertinentes Sprachkonstrukt.

 

„Sie hassen den Vietcong, nicht wahr?“ (Jane Foster)
„Ich habe keine Zeit darüber nachzudenken. Ich töte sie!“ (Henry Morris)

 

Fazit: Eine brutale und dreckige Reise durch den - auf die Philippinen verlegten -  vietnamesischen Dschungel. Durchweg Menschenverachtend, extrem Frauenfeindlich und ungehemmt faschistisch, aber so funktioniert nun mal unterhaltsame „Namploitation“.

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