Fahrt zur Hölle, ihr Halunken

Frankreich | Deutschland | Italien, 1969

Originaltitel:

Gli specialisti

Alternativtitel:

O Especialista - O Vingador de Tombstone (BRA)

El especialista (ESP)

Le spécialiste (FRA)

Specialists (USA)

The Specialist

Deutsche Erstaufführung:

10. April 1970

Regisseur:

Sergio Corbucci

Inhalt

Charly soll die Bürger der kleinen Stadt Blackstone um ihr Erspartes erleichtert haben. Die Städter machen kurzen Prozess und lynchen ihn. Doch Charlys Bruder ist der berüchtigte Revolverheld Brad Dixon (im Original: Hud). Der ist von der Unschuld seines Bruders überzeugt und kommt nach Blackstone, um Rache zu nehmen. Auf der Suche nach dem verschwundenen Geld hat Brad nicht nur die von der eiskalten Bankdirektorin Virginia Pollywood angeführten Stadtbewohner gegen sich, sondern am Ende auch seinen ehemaligen Kumpel El Diavolo und seine Bande...

Review

Sergio Corbucci hat den europäischen Western mitgeprägt. Mächtige Klassiker wie DJANGO, der apokalyptische LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG oder das große Rvolutionsstück MERCENARIO – DER GEFÜRCHTETE legen davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Der nur kurz danach im Jahr 1969 veröffentlichte FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN fristet im Schatten der vorgenannten Meisterwerke eher ein Mauerblümchendasein. Im Vergleich zu DJANGO wird GLI SPECIALISTI – so der Titel des Films im Original- lediglich als Fußnote im Oeuvre des Meisters wahrgenommen.

 

Mit dem oft kritisierten eigentlich gelernten Rock- und Chansonsänger Johnny Hallyday in der Rolle des einsamen Vergelters hatte ich persönlich weniger Probleme als mit der teilweise einen Ticken zu schnoddrig geratenen deutschen Synchronisation. Sprüche wie „Sei lieb zu deinem Pferd; es guckt so traurig...“ passen eben besser in einen Terence Hill / Bud Spencer-Klopper als in diese im Grunde sehr düstere herbstliche Rachemär. Ohnehin erweckt die Inszenierung manchmal einen etwas inkongruenten Eindruck; so als könne sich Corbucci nicht so richtig zwischen verschmitzten Augenzwinkern und eiskalter Miene entscheiden.

 

Erst gegen Ende findet Corbucci den Weg und der führt geradewegs zurück in jenes Herz der Finsternis, das er uns bereits jahrszuvor in seiner schneeverwehten Götterdämmerung LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG mit ausgesuchter Grimmigkeit präsentiert hat.

 

Der Showdown macht keine Gefangenen mehr. Die Zeit der Schonung ist vorbei. Zuvor mit einigem Humor eingeführte Personen (Mario Adorf) machen plötzlich ihren „liebevollen“ Kosenamen (El Diavolo) alle Ehre, schießen kaltblütig Gesetzeshüter nieder oder schicken Frauen in einen unfreiwilligen Gangbang. Und auch der zuvor so souveräne, am Ende jedoch blutende und geschundene Rächer Hallyday, wirkt entgegen manchem Unkenruf spätestens jetzt genau richtig platziert.

 

Wenn am Ende alle ihre Fratzen zeigen – der zuvor launige Mexikaner, die vier Hippies und die Schwarze Witwe in Bankiersgestalt – und der eine, der sich einen Funken Rechtschaffenheit bewahrt hat, bereits tot im Staub liegt; wenn Hallyday im durchlöcherten Kettenhemd und ohne Kugel in der Trommel zum Showdown wankt, während ihn auf der anderen Seite vier Schwerbewaffnete in einem Meer von kriechenden nackten Leibern erwarten – dann wirkt das wie eine bizarre, apokalyptische Vision einer Vorhölle, wie das Ende aller Werte.

 

Ganz zum Schluss erst wird FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN von einem gutsoliden Rachewestern zu etwas Größerem.

Veröffentlichungen

Die mir vorliegende DVD von Kinowelt bietet zwar ein Bild, das keinen Anlass zur Klage gibt, aber leider nur die französische und deutsche Tonspur. Der italienische O-Ton fehlt. Dafür gibt es den Film in kompletter Form. Will heißen: Die in der ursprünglichen deutschen Fassung fehlenden Szenen sind in französischer Sprache und deutsch untertitelt wieder eingefügt worden. Die Extras sind sehr überschaubar. Geboten wird neben vielen Trailern aus dem Kinowelt-Programm lediglich eine Fotogalerie und eine Kurzbio zu Mario Adorf.

Links

OFDb

IMDb

 

Kommentare (2)

  • Andreas

    Andreas

    05 Mai 2016 um 14:46 |
    Der Schluss, wenn Halliday das Geld verbrennt, und sich die Geldgeilen Bürgersäcke winden, hat mich schon als Junge im Kino gefesselt, sah darin auch ein klares politisches Statement Corbuccis.

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  • Maulwurf

    Maulwurf

    12 September 2016 um 16:07 |
    Du hast absolut Recht, die deutsche Fassung ist eher was für die Witzeseite und passt überhaupt nicht zur ursprünglichen Stimmung des Films. Ich empfehle dringendst die französische Originalfassung zu schauen! Die Kinowelt-DVD hat die Untertitel vom Originalton gezogen, und da passt dann alles. Und der Schluss ist doppelt so apokalyptisch (ernst gemeint) ...

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