Die Entführer lassen grüßen

Frankreich | Italien, 1972

Originaltitel:

L'aventure, c'est l'aventure

Alternativtitel:

A Aventura é uma Aventura (BRA)

La aventura es la aventura (ESP)

L'avventura è l'avventura (ITA)

Aventura é Aventura (POR)

Money Money Money (Int.)

Deutsche Erstaufführung:

Oktober 1972

Regisseur:

Claude Lelouch

Kamera:

Jean Collomb

Inhalt

Vor 10 Jahren, ja da war die Welt noch in Ordnung. Da haben sie sich an einer Kreuzung in Italien kennengelernt: Aldo der ein Stoppschild überfährt, und deswegen das Auto von Lino schrottet. Lino verlangt von Aldo, dass er ihn zum Flughafen fährt. Aber an einer Polizeikontrolle ist vorerst Schluss: Das Auto von Aldo ist geklaut, und Lino entpuppt sich als der gesuchte Boss einer Kunstfälscherbande. Aber heute? Heute sind sie alt geworden. Linos Sohn beschimpft ihn als Faschist und seine Huren rufen den Generalstreik aus weil in den Bordellen eine Selbstverwaltung eingeführt werden soll. Es müssen neue Ideen her, und zwar politische Ideen. Weil heutzutage alles Politik ist. Und Politik ist Showbusiness, also wird erstmal der Schlagerstar Johnny Hallyday entführt, natürlich mit dessen Einverständnis. Anschließend wird eine Bank ausgeraubt, und weil das Pflaster allmählich heiß wird setzt man sich nach Südamerika ab. Zumindest versucht man es, aber das Flugzeug ist soeben abgeflogen. Also gehen bei der Luftfahrtgesellschaft 3 anonyme Bombendrohungen ein, und wie durch ein Wunder kommt das Flugzeug wegen “einer unbedeutenden technischen Überprüfung“ wieder zurück und kann die Gauner mitnehmen. In Südamerika arbeitet man dann für den Revolutionär Ernesto und entführt den Schweizer Botschafter. Das Lösegeld wird gezahlt, aber Ernesto weigert sich zu zahlen. Also wird Ernesto entführt. Und weil man Ernesto bei der Gelegenheit zeigen will, wie man mit ein paar Telefonanrufen richtig viel Geld verdienen kann, wird Ernesto gleich dreimal verkauft: An die Rebellen, an den CIA und an das örtliche Militär. Natürlich gleichzeitig …

Autor

Maulwurf

Review

Nein, diesen vollkommen irrsinnigen Film kann man nicht vernünftig beschreiben. Da lasse ich besser die Herren Entführer selbst reden:

 

„Hat noch nie solche Schlagzeilen gegeben seit dem Tod des Generals!“ „Von welchem General?“ „General Motors!“

 

„Wenn ich Männer liebe so nicht deswegen weil es Männer sind, sondern vor allem deshalb weil es keine Weiber sind!“

 

„Kennen Sie diesen Mann?“ „Nein, ich kenne ihn nicht. Ich habe nur den Wagen gestohlen.“

 

„Die Prostitution ist eine Produktion die wir selbst leiten können, denn die Produktionsmittel sind wir selbst!“

 

„Du wirst doch nicht ernsthaft behaupten, dass ich jemals vor euch den Chef gespielt habe. Niemals! Vor keinem!! Aldo, habe ich jemals vor Dir den Chef gespielt?“ „Nein, Chef.“

 

„Stalin. 1879 – 1953. Er hat nach Lenins Tod 1924 die Sowjetrepublik geführt, um den Preis von Millionen Toten. Stellt euch einen Kerl ohne Führerschein vor, der mit 300 Sachen einen Ferrari steuert. So fährt er natürlich pro Tag ein Dutzend Menschen tot. Stalin ist sozusagen der rasende Autofahrer der Revolution.“ [..] „Stalin hat Trotzki ermorden lassen. In Mexiko.“ „Aha, er hat ihn mit einem Ferrari totgefahren, nicht wahr?“ „Aldo, das mit dem rasenden Autofahrer war nur bildlich gemeint.“ „Ah, ich habe mich schon gewundert – Stalin mit einem Ferrari …“

 

„Die Dialektik ist etwas wie der Schritt von der Analyse zur Synthese. So etwa wie bei einem Auto der Gang wechselt. Durch sie ist es möglich, in einer präzisen Frage eine Schlussfolgerung zu ziehen, rein analytisch, und ohne Halt vor und zurück zu gehen, ohne zu übersehen, was an der Basis vor sich geht.“ „Aber es gibt doch jetzt schon die automatische Schaltung.“ „Ja, die automatische Schaltung wurde von Lenin erfunden.“

 

„Lieber ein guter Herr als ein schlechter Sklave!“

 

„Ein Kumpel von mir bei der Linken, der ist so eine Art Manager im Club Méditerranée, der veranstaltet Sonnenbräunkurse. Und der hat mir nun gesagt, dass sich [beim Sonnenbaden] hier unter der Achselhöhle ein Dreieck abzeichnet, und das übersehen die Leute meistens.“

 

„Wie oft habe ich Dir gesagt, das die Weiber nur Ärger und Verdruss bringen, dass man besser die Finger davon lässt. Wie oft sage ich es Dir?“ „Niemals …“

 

„Es gibt nur einen Weg von der Barbarei in die Dekadenz, und der führt über die Zi..vi..li..sa..tion!!“

 

„Wir sind Papiertiger, aber immerhin: Wir sind Tiger die wissen was sie wollen!“

 

Und das Schlimmste: Seitdem ich diesen Film gesehen habe, geht mir der Schlager von Johnny Hallyday, „L’aventure, c’est l’aventure“ nicht mehr aus dem Kopf. Das Teil hat verdammte Ohrwurmqualitäten, und wer (Schlager-) Musik aus den frühern 70-ern mag dürfte sich hier rettungslos verlieben. Hinzu kommen der achtunddreißigtausendneunhundertachtundzwanzigste Sonnenuntergang der Filmgeschichte, die Entführung des Papstes, Gerd Martienzen in einer seiner besten Synchronrollen, das angekündigte Kidnapping von Bessy und und und …

 

DIE ENTFÜHRER LASSEN GRÜSSEN ist: Grotesk. Irrsinnig. Politisch. Lustig. Frivol. Burlesk. Bunt. Poppig. Revolutionär. Sexy. Intellektuell. Komisch. Überdreht. Musikalisch. Witzig. Genial! Anschauen und Staunen!!

Autor

Maulwurf

Links

OFDb

IMDb

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