Blue Nude

Italien, 1978

Originaltitel:

Blue Nude

Alternativtitel:

Nuda Prohibida

Regisseur:

Luigi Scattini

Inhalt

Ein Jahr ist es her seit der junge italienische Einwanderer Rocco Spinone (Gerardo Amato) nach New York gekommen ist. Er träumt davon Drehbuchautor oder Schauspieler zu werden, verehrt Stallone, Pacino und Scorcese. Doch die sind Italo-Amerikaner, keine Einwanderer, und Rocco ist nur einer unter vielen, die seine Träume teilen.

 

So versucht sich Rocco auf jede nur erdenkliche Weise über Wasser zu halten, als Hundesitter, Tellerwäscher, Touristenführer, Stripper, und mitunter ist der der Gelegenheitsprostitution nicht abgeneigt. Schließlich ruft ihn sein Kumpel Dick (Wade Nichols) an, er hätte eine Rolle für ihn. Ohne zu wissen, worum es bei der Rolle geht, findet sich Rocco am Set für einen Hardcore-Porno wieder und wird Dicks männlicher Co-Star. Beim Dreh trifft er die Pornodarstellerin Lilly (Susan McBain) und verliebt sich in sie. Lilly will ihm auch bei seinen Karriereträumen helfen und vermittelt ihn an etwas seriösere Kontakte von ihr.

 

Ärger droht als Rocco sich auf eine Affäre mit einer jungen Nachbarin einlässt. Aus dem Nebenzimmer stürmen plötzlich ihr Vater und dessen Freund Donovan (Giacomo Rossi Stuart), ein Cop und konfrontieren ihn damit, das Mädchen sei erst 15. Donovan steckt Rocco über Nacht in den Knast, lässt ihn aber am nächsten Morgen frei, um ihn anschließend – gemeinsam mit dem Vater des Mädchens - zu erpressen. Rocco ist auf den alten Minderjährigen-Trick reingefallen, doch da kommt er nicht raus, es sei denn, es gelingt ihm 2000 Dollar für die Erpresser aufzutreiben.

 

Rocco ist verzweifelt, denn er hat kaum die Möglichkeit an einen solchen Betrag heranzukommen.

Review

Luigi Scattinis letzte Regie-Arbeit ist ein recht ambitioniertes Kleinod, fast schon ein Indie-Film. Mit der Geschichte um einen erfolglosen italienischen Einwanderer in New York, der ins Pornobusiness abrutscht, erzählt er eine recht typische Geschichte für das Jahr 1977, in dem der Pornomarkt in New York und Los Angeles blühte. Das „Goldene Zeitalter“ des Porno.

 

Warum ein Indie-Film? Neben dem Dallesandro-Type Hauptdarsteller Gerardo Amato (der noch bis heute als Darsteller tätig ist), produzierte Nebendarsteller Renato Romano Scattinis Film, Giacomo Rossi Stuart fungierte neben seiner Rolle als erpresserischer Cop als Co-Regisseur. Und dann wären da zahlreiche Darsteller aus der New Yorker Porno-Branche jener Zeit vertreten: so war Susan McBain (in „Blue Nude" Roccos Freundin Lilly) u. a. zu sehen in Carter Stevens „Rollerbabies“ (1977) oder Radley Metzgers „Barbara Broadcast (1977).“ In einer Szene sehen wir sie auch im Büro eines Produzenten vor einem „Rollerbabies“-Poster. Wade Nichols (Dick) war ebenfalls in „Barbara Broadcast“, Chuck Vincents „Visions“ (1977) oder Carter Stevens „Jail Bait“ (1977). Carter Stevens selbst spielt, na was wohl, einen Porno-Regisseur. Aber ich will hier nicht alle Namen aufzählen, es sind in jedem Fall ein paar sehr gewichtige Hardcore-Persönlichkeiten der ausgehenden 70er Jahre dabei. Erwähnt sei noch, dass Luigi Scattinis Tochter Monica hier eine frühe Sprechrolle als junge Touristin hat, deren Schauspielkarriere bis heute anhält aber eher selten große Rollen beinhaltet.

 

Piero Umiliani steuert einen sehr amerikanisch klingenden Soundtrack mit vielen Balladen bei, sehr untypisch aber interessant und passend zu Protagonist Rocco, der durch ein New York wandelt, dass so gar nicht seinen Vorstellungen von einer schnellen Karriere entspricht und in dem er wie ein Außenseiter vor den Filmplakaten der großen Kinos oder vor den Theatern des Broadway steht und sich dabei vorstellt, all die Menschen auf den Straßen würden nur kommen, um ihn zu sehen. Er ist jedoch fleißig und nur bedingt wählerisch, wenn es um Arbeit geht, nur harte körperliche Arbeit darf es nicht sein. Seine erste Erfahrung als Pornodarstellerin führt ihn zu einer Liebesaffäre mit Co-Partnerin Lilly, die ihn später ,it seinem eigenen Drehbuchentwurf an einen befreundeten Agenten (Robert Kerman alias Riccardo Bolla) vermittelt, der allerdings zunächst auf eine Nummer mit Rocco aus ist, bevor er für diesen tätig werden will. Doch hier zieht Rocco die Grenze. Robert Kerman hat natürlich seine eigenen Erfahrungen auf dem Gebiet des „Type Cast“, welches auch ein Thema in „Blue Nude“ ist. Kerman hat desöfteren versucht, nach seiner Karriere als Pornodarsteller im regulären Filmgeschäft Fuß zu fassen, bis auf wenige Ausnahmen vergeblich. Und Hauptdarsteller in Deodatos „Cannibal Holocaust“ und Lenzis „Lebendig gefressen“ gewesen zu sein, war seiner Karriere auch nicht übermäßig hilfreich. Hierzu gab es auch interessante Interview-Parts mit Kerman in der britischen Channel 4-Doku-Serie „The Dark Side of Porn.“

 

In einer anderen Review zu Scattinis „Blue Nude“ stand mal zu lesen, dass der Handlungsteil mit dem Cop Donovan und der Erpressung wegen Sex mit einer Minderjährigen sehr unglaubwürdig sei. Aber keineswegs, das war ein sehr „beliebter“ Trick im New York der Siebziger und Achtziger, auf den man gefasst sein musste. Ein Vater (oder einer der sich dafür ausgab), hat ein sehr reif aussehendes junges Töchterlein, diese verführt einen Erwachsenen, der Vater kommt plötzlich dazu, ist mit einem Cop befreundet, und angesichts der sehr hohen Strafen für Sex mit einer Minderjährigen in den USA konnte so ein ganz ansehnlicher Betrag von dem Erwischten erpresst werden. Pech gehabt.

 

Am Ende des Films werden wir mit gleich zwei Höhepunkten konfrontiert, die ich nur in Teilen preisgeben werde, da diese wichtig für den Inhalt des Films sind. Snuff-Porno war ein großes (Tabu-)Thema in der Pornobranche der ausgehenden Siebziger, und auch dies wird in „Blue Nude“ thematisiert. Hier kommt dann Roger Caine zum Einsatz, 1977 u. a. ebenfalls Darsteller in Joseph W. Sarnos „The Trouble with Young Stuff“ oder William Lustigs Hardcore-Ausflug „The Violation of Claudia.“ Ganz am Ende eine kleine (weniger gelungene) Hommage an Scorsese - schließlich ist Protagonist Rocco ein Fan.

 

So hat Luigi Scattini hier mit seiner letzten Regiearbeit nicht nur einen ambitionierten sondern zugleich auch den sehenswertesten seiner nur 13 Filme geschaffen. Wenn er sich aber einen größeren Erfolg, etwa auf dem US-Markt erhofft hatte, hätte er es besser wissen müssen und wird es wohl auch gewusst haben, schließlich ist das Co-Thema von „Blue Nude“ Type cast. Bevor ich es vergesse: trotz des Themas enthält „Blue Nude“ keine Hardcore-Szenen, dafür aber eine lustige Nacktprügelei zwischen Gerardo Amato und Wade Nichols.

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