Aphrodite - Göttin der Liebe

Italien, 1958

Originaltitel:

Afrodite, dea dell'amore

Alternativtitel:

L'esclave d'Orient (FRA)

Aphrodite, Goddess of Love (USA)

Slave Women of Corinth

Venus Last Goddess

Deutsche Erstaufführung:

20. März 1959

Regisseur:

Mario Bonnard

Kamera:

Tino Santoni

Inhalt

Der römische Kaiser Nero hat beschlossen, der griechischen Provinz Korinth ein Geschenk zu machen, nämlich den Bau eines Kanals, der den Seeweg zwischen der Halbinsel Peloponnes und dem griechischen Festland verkürzen soll. Doch Neros Geschenk hat einen Haken – die Korinther sollen für ihr Geschenk selbst aufkommen.

 

Der dortige Statthalter Antigonus (Ivo Garrani) fasst auf Anraten seines Beraters Erasto (Giulio Donnini) den Plan, die Steuern hierfür zu verdoppeln. Zudem müssen zahlreiche Bewohner für den Bau von ihrem Land verdrängt werden. Diese Vertriebenen werden bei ihrer versuchten Ausreise dann allerdings gefangen genommen und müssen fortan als Sklaven arbeiten. Größtes Hindernis scheint jedoch die Umsetzung des Tempels der Aphrodite, doch auch hierfür hat Antigonus eine Lösung. Ein neuer Tempel soll errichtet werden, schöner als je zuvor. Aus Rom lässt er den gefragten Bildhauer Demetrius (Anthony Steffen) anreisen, der eine Statue der Aphrodite schaffen soll.

 

In Korinth angekommen, trifft Demetrius auf zwei Kandidatinnen, die Modell für seine Statue stehen könnten. Er entscheidet sich für die Sklavin Diala (Irène Tunc), während er sich in deren Freundin Lerna (Isabelle Corey) verliebt, die eine heimliche Christin ist. Antigonus erliegt dagegen dem herben Charme der zielstrebigen Diala und um diese zu seiner Gemahlin machen zu können, lässt er gar seine Frau Stenele (Clara Calamai) ermorden.

 

Das Volk von Korinth wird immer unzufriedener als die Region von einer langanhaltenden Dürre und schließlich der Pest geplagt wird. Doch Antigonus präsentiert schnell einen Schuldigen: die Christen. Doch nicht nur dadurch droht der Liebe von Lerna und Demetrius Gefahr, denn als Diala von dieser Liebe erfährt, füllt sich ihr Herz mit Hass. Von Demetrius zurückgewiesen, will sie auch Lerna dieses Glück nicht gönnen.

Review

„Aphrodite – Göttin der Liebe“ ist ein recht komplexer Film mit einer im Grunde einfachen Geschichte. Kompliziert wird diese Geschichte durch die Weigerung der Story, sich auf seine Protagonisten festzulegen. Diese sind ebenso zahlreich wie die Nebenschauplätze und am Ende wird es keinen Helden oder Hauptschurken, sondern ein Zusammenspiel aller Charaktere geben, die den Film einer Auflösung zuführen. Fast hat man nach der Sichtung den Eindruck, dass das Charisma der Darsteller entscheidend dafür ist, welche Komponente des Films man als wichtig oder zielführend empfindend. Spannung entsteht dabei dadurch, dass man als Zuschauer eben nicht auf einen herbeieilenden muskulösen Retter hoffen kann, sondern darauf vertrauen muss, dass mehrere Protagonisten unabhängig voneinander die richtigen Entscheidungen treffen. Story und Drehbuch wurden von Regisseur Mario Bonnard selbst, Co-Produzent Alberto Manca, Ugo Moretti, Mario di nardo und Sergio Leone verfasst. Letzterer hat auch zusammen mit Romolo „Guerrieri“ Girolami einen Credit als Regieassistent.

 

„Aphrodite – Göttin der Liebe“ entstand 1958 in den Elios Studios, Rom für die Produktionsfirma Schermi Produzione (Alberto Manca & Adriano Merkel), gefilmt von DOP Tino Santoni in Ferraniacolor. Obwohl einige Texte Bonnards Film vor Pietro Franciscis „Die unglaublichen Abenteuer des Herkules“ (Le fatiche di Ercole, 1958) einordnen, sagen die Veröffentlichungsdaten etwas anderes. Die Filme dürften etwa zeitgleich entstanden sein, und da „Aphrodite – Göttin der Liebe“ eh mehr zur Subgenre des christlich angehauchten Peplum gehört, ticken die Uhren ohnehin etwas anders, obwohl viele typische Peplum-Ingredienzien vorhanden sind. Am Auffälligsten ist selbstredend, dass Bonnards Film auf einen muskelbepackten Alleskönner verzichtet. Stattdessen bekommt der Zuschauer mit Demetrius – gespielt von Anthony Steffen – einen sensiblen Künstler als positiven männlichen Part präsentiert. Typisch für den Peplum dagegen ist der diabolische, intrigante Berater, hier in Person des Erasto, herrlich overacted von Giulio Donnini. Ebenso typisch die zwei Frauenrollen: der Held begehrt die Unschuld vom Lande (Lerna), die „Böse“ (Diala) dagegen erhofft sich vom selben Helden endlich die wahre Liebe zu finden, die ihr bisher versagt blieb. Und damit zum Thema Schauspieltalent.

 

Die Männer: Anthony Steffen als verliebte Künstlerseele Demetrius ist nett, bleibt allerdings farblos. Ivo Garrani als Statthalter von Korinth wirkt zu Anfang des Films unfreiwillig komisch, wie er da so aufbraust und den Macher markiert. Im Laufe des Films lernt man als Zuschauer diese Darstellung aber zu schätzen, denn der aufbrausende Prolet im Königsgewand, das ist seine Rolle. Erst im Finale verkommt er dann leider zu einer billigen Nero-Kopie. Und Giulio Donnini als dessen Berater Erasto steckt ihn locker in die Tasche. Tragisch ist allerdings eines. Vier Nebenfiguren, mal in größeren, mal in einer ganz kleinen Rolle, schaffen sie alle: John Kitzmiller als Sklave Tomoro, Massimo Serato als Truppenbefehlshaber Quinto, Andrea Aureli als Sklavenhalter Kibur und selbst der nur in einer Szene präsente Paul Muller (gecredited als Paolo Muller). Talent setzt sich eben durch, selbst wenn nur ein paar Onscreen-Minuten zur Verfügung stehen.

 

Die Frauen: sie dominieren die Darstellungen des Films, und im Grunde sind sie – trotz aller handlungsbedingten Ablenkungen – sowieso die Hauptfiguren. Die einst aus reichem phönizischem Hause stammende Diala wurde nach einem Verrat an ihrer Familie als Sklavin verkauft. Im Kerker des Antigonus entdeckt sie Lerna, die sie sofort unter ihre Fittiche nimmt. Warum? Lerna ist die Unschuld, die zu sein Diala versagt blieb. Trotz ihrer deutlichen charakterlichen Unterschiede werden sie Freundinnen, bis die Liebe zum selben Mann sie entzweit. Und doch scheint selbst dann das Menschliche in Diala stärker als ihre Wut über den vermeintlichen Verrat und den Frust, dass ihr die wahre liebe wohl auf ewig versagt beliebn wird. Hierzu beachte man das schöne Finale des Films. Irène Tunc als Diala ist der dominanteste Charakter des Films, und das liegt an ihrem Auftreten, Sie bleibt im Gedächtnis. Isabelle Corey als unschuldige, sanftmütige Christin hat eigentlich die Rolle im Film, die inhaltlich dazu prädestiniert ist, neben anderen zu verblassen. Doch nein, denn neben Anthony Steffen geht selbiger unter. Die kürzeste weibliche Sprechrolle in „Aphrodite – Göttin der Liebe“ hat Clara Calamai als Antigonus‘ Gattin Stenele. Allerdings hat das Drehbuch ihr ein paar wunderbare scharfzüngige Dialoge in den Mund gelegt, so dass es auch Calamai gelingt, in ihren wenigen Szenen zu dominieren.

 

Der Filmdienst befand „Aphrodite – Göttin der Liebe“ für langweilig und unbeholfen inszeniert. Außerdem fand man dort, die FSK-Freigabe ab 12 wäre unangemessen, vielmehr sei eine Freigabe ab 16 anzuraten. Ich finde die Texte des Filmdiensts langweilig und unbeholfen, denn wie immer schreiben die nur Mist. Die deutsche Kinofassung im Verleih von Panorama wird in der OFDb mit einer Lauflänge von 91 Minuten angegeben und als ungekürzt gelistet. Die italienische Fassung, die ich für diese Review gesichtet habe, hatte eine Lauflänge von 101 Minuten.

 

Zum Schluss. Vermutlich sollte man auch diesen Peplum lieber nicht mit historischen Fakten abgleichen. Die Story um den Bau eines Kanals von Korinth findet sich allerdings tatsächlich in der Geschichtsschreibung wieder. So soll im Jahr 67 nach Christus Kaiser Nero einen solchen Bau in Auftrag gegeben und hierfür tausende jüdische Sklaven nach Korinth geschickt haben. Nach Neros Tod wurde der Bau eingestellt, wie auch im Film.

Links

OFDb
IMDb

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