Wie tollwütige Hunde

Italien, 1976

Originaltitel:

Come cani arrabbiati

Alternativtitel:

Opla pou skorpoun ton thanato (GR)

Regisseur:

Mario Imperoli

Inhalt

Zwei maskierte Täter begehen während eines Heimspiels von Lazio Rom einen brutalen Raubüberfall und können dabei mit den erbeuteten Einnahmen unerkannt entkommen. Als Hinterlassenschaft wird ein getöteter Wachmann zurück gelassen, dem zuvor durch 2 Gewehrschüssen ins bloße Antlitz das Licht des Lebens ausgeblasen wurde.

 

Für die grauenvolle Tat zeigen sich letztendlich 3 jugendliche Sprösslinge aus reichen Elternhäusern der "besseren" Gesellschaftsschicht verantwortlich, die vom unspäktakulären Leben im goldenen Käfig die Nase gestrichen voll haben und aus reiner Langeweile heraus, eine zügellose Rebellion gegen Gott und die Welt vom Zaun brechen und dabei dann auch keinen Halt mehr vor unschuldigen Leben kennen.

 

“Gewalt? Gewalt hat damit nichts zu tun. Das leben ist ein langer, gnadenloser Kampf. Gefühle sind bedeutungslos. Oftmals ist es nötig, die Kadaver unserer Vorgänger niederzutrampeln oder die derer, die uns im Weg stehen. Ohne Gnade”.

 

“Danke. Deine Lehren werden mir sicher nützlich sein”.

 

Der Anführer dieser Bande entarteter Jugendlicher hört auf den Namen Tony Ardenghi (Cesare Barro) und ist seines Zeichens der Sohn des gefühlskalten und menschenverachtenden Vorzeige-Kapitalisten Enrico Ardenghi (Paolo Carlini), den er zudem zutiefst hasst.

 

Gemeinsam mit seinen beiden "Partners in Crime" - der in jeglicher Hinsicht völlig enthemmten Silvia (Annarita Grapputo) und dem leicht psychisch labil wirkenden Rico (Luis La Torre) - mischt das maskierte und bewaffnete Trio im nächsten Akt eine Geschäftstermin von Tonys Vater auf, wobei sie mit einer hohen Summe an Bargeld erneut unerkannt entkommen können. Zwar werden die höchstkriminellen Jugendliche beim Verlassen des Tatorts bereits von der Polizei erwartet, aber durch eine spontane Geißelnahme einer unbeteiligten Passantin gelingt dem barbarischen Trio nach einer wilden Verfolgungsjagd mit den römischen Gesetzeshütern erneut eine erfolgreiche Flucht.

 

Als kleines Zwischenspiel der zügel- und sinnlosen Gewaltorgie wird die hilflos ausgelieferte Geißel daraufhin auf perfideste Art und Weise seelisch und körperlich mißhandelt, bevor sie in einem gefühlskalten Rausch menschlicher Verachtung durch einen beispiellosen Akt der Gewalt von ihren Leiden für immer befreit wird.

 

Danach knüpft sich das gewissenlose Trio erst einmal eine der beiden Stammprostituierten des verhassten Kapitalisten-Vaters vor und schenken auch dieser nach einem kleinen Martyrium das "One-Way Ticket" für den direkten Weg zur Himmelspforte. ("Hallo? Polizei? Sagen Sie Kommissar Muzi, dass in der Via Bennati 8 ein Mädchen ist, das ein bisschen tot ist. Nun ja, sehr tot.")

 

Der etwas verstimmt und unbedarft wirkende Kommissar Paolo Muzi (Jean-Pierre Sabagh) nimmt daraufhin die Ermittlungen nach den Tätern zunächst in den kriminellen Kreisen des eher sozial-schwächeren Bevölkerungsmilieus auf, doch der erhoffte Erfolg bleibt letztendlich aus. Daraufhin kommt der Chefermittler anhand verschiedener Indizien recht schnell zu der persönlichen Überzeugung, dass der Sohn des mächtigen und einflussreichen Industriellen Enrico Ardenghi hinter den grausamen Taten stecken könnte. Da ihm aber die benötigten Beweise für eine justizielle Verurteilung weiterhin fehlen, verdonnert er seine Arbeitskollegin und Teilzeit-Geliebte Germania (Paola Senatore) auf eine beispiellose Art und Weise zum Undercoverdienst als "Hure". Germania soll sich am Straßenstrich als die zweite Stammprostituierte Marisa ausgeben, um somit das mörderische Trio ködern und im Anschluss mit heruntergelassenen Hosen überführen zu können.

 

Das riskante Unterfangen geht schließlich gehörig daneben, wobei Germania mit den angeheizten Mörderbestien aus gutem Haus sogar auf ungewollte Tuchfühlung gehen muss, da ihr werter Murzi die Aktion zum Selbstzweck zunächst bis aufs Äußerste eskalieren lässt, bevor er dann letztendlich den längst überfälligen Eingriff ausübt, um die tollgeschockte Germania aus den Fängen der grausamen Bestien zu befreien.

 

Ungeachtet der gescheiterten Intervention von Seiten Murzis setzt das Mördertrio ihren sinnlosen und todesbringenden Rebellionsfeldzug fort und nach weiteren gewissenlosen Morden an einem Geldboten und an mehreren Freunde des Großkapitalisten Enrico Ardenghi kommt es zum blutigen Höhepunkt der weiterhin andauernden Gewaltorgie.

 

Kann der etwas leicht unsouverän wirkende Murzi denvöllig enthemmten, unberechenbaren und menschenverachtenden Kinder der reichen Oberschicht in ihrem grausamen Handeln Einhalt gebieten und letztendlich sogar überführen?

 

"Das ultimative Ziel im Leben, wie auch im Spiel, ist der Sieg. Weißt Du, der ganze andere Unfug wie Moral, Kultur, soziales Bewußtsein oder Religion sind nützliche Werkzeuge die man bei denen einsetzen muss, die man kontrollieren will. Wenn Du gewinnst, stehst Du über jeglichen Prinzipien. Wenn Du verlierst, werden Dich dieselben Prinzipien fertig machen"

Review

Dieser in den "Jahren des Bleis" entstandene exploitative Polizeifilm spielt mit den Ängsten und dem allseits vorherrschenden Unsicherheitsgefühl der italienischen Gesellschaft und lässt darüberhinaus die heiße Thematik eines zur damaligen Zeit realenund allseits präsenten Vergewaltigungsfalls enthemmter Jugendlicher miteinfließen.

 

Mario Imperoli zeigt in seiner Orgie der Gewalt ein grausames Portrait gelangweilter, überheblicher, unberechenbarer und rebellierender Jugendliche aus der reichen Bevölkerungsschicht, die aufgrund ihrer kranken Allmachtsgefühle und ihres menschenverachtenden Weltbilds auf brutalste Weise eine ganze Reihe eiskalte und absolut sinnlose Morde begeht. Der Motor dieser abgestumpften Tötungsmaschinerie ist der unendliche Hass von Tony gegenüber seinem eigentlich gleichgelagerten Vaters, der seinen Sohn durch seine unmenschlichen Lebensweisheiten zu dem erzogen hat, was sich gerade an ihm und seinem gesamten Umfeld rächen möchte.

 

Die etwas unsicher und unbedarft wirkende Schauspielkunst von Jean-Pierre Sabagh stört bei seiner Rolle als der erfolglose und rückgratlose Kommissar Murzi in keinster Weise. Das Gegenteil ist hier sogar der Fall, da der Rolle somit überhaupt erst die richtige Authentizität verliehen wird.

 

Am unglaublichsten fand ich die Aktion, bei der er seine Teilzeit-Geliebte Germana undercover auf den Strich schickt und somit das Risiko einer Vergewaltigung ohne jegliches Wimpernzucken eingeht. Nach dem Misslingen der verwerflichen Aktion redet er sich die schäbige Aktion wieder einigermaßen schön und stößt der bereits verletzten Germania erneut vor den Kopf. Kurz darauf hat er dann auch schon sein nächstes Stell-Dich-ein mit dem sexuell enthemmten "Engel der Hölle" Silvia, ihres Zeichens Sexualpartnerin jeglicher männlicher Darsteller des Films.

 

Gegen Ende schickt er dann die arme Germania ein weiteres Mal zu einer nicht gerade ungefährlichen Personenüberwachung in den Ring und setzt seine Partnerin erneut einem nicht einschätzbaren Risiko aus....

 

Der Charakter der reizenden Germana ist zudem ausgesprochen undurchschaubar und in seinen Handlungen meist nicht nachvollziehbar. Trotz der zahlreichen Kränkungen, Hintergehungen und Erniedrigungen, hält sie weiterhin an ihrem geliebten Luftikus Murzi fest und nach dem Undercovereinsatz mit der Beinahe-Vergewaltigung kam sogar der Eindruck auf, dass Germania an diesem Vorfall obendrein einen gewissen Gefallen gefunden haben könnte....

 

Somit enthält dieses fiese Brett an exploitativen Polizeifilmilm keinen einzigen "wahren" Sympathieträger und hinterlässt zudem ein sehr düsteres Gesellschaftsbild. Während des Filmverlaufs blitzt auch einige Male eine gewisse Kritik an den gesellschaftlichen Klassenunterschieden und an den korrupten Verzahnungen des Staatsapparats mit dem organisierten Verbrechen hervor.

 

Weiterhin wäre dann natürlich auch noch das großartige Finale hervorzuheben, welches nach einer heftigen Explosion der Gewalt mit einem absolut unerwarteten und (zunächst) etwas irritierenden Ende abschließt. Die Inszenierung dieser kostengünstigen Produktion ist durchwegs hervorragend gelungen und wartet zudem mit zahlreichen, sehr schön abfotografierten Bildern auf. Die Inszenierung des fiesen Mordes an der Prostituierten Lella erinnert sowohl optisch, als auch atmosphärisch an das filmische Meisterwerk "Uhrwerk Orange" mit seinen einzigartigen Droogs.

 

Zum Abschluss sollte auch noch einmal auf die tolle Filmmusik von Mario Molino hingewiesen werden, die sich bei jeder Filmbetrachtung tiefer ins Mittelohr fräst. Die einzelnen Kompositionen muten im Kontext der jeweiligen Szenen zunächst etwas merkwürdig an, verleihen dem Ganzen dann aber letztendlich doch eine gewisse Prise an schwarzem Humor...

 

Fazit: Eine außerordentlicher Genrebeitrag für dessen Veröffentlichung ich unendlich dankbar bin.

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