Maciste, der Rächer der Verdammten

Italien, 1962

Originaltitel:

Maciste all'inferno

Alternativtitel:

Maciste en el infierno (ESP)

Maciste en enfer (FRA)

The Witch's Curse (USA)

Maciste in Hell

Maciste gegen die Hexenjäger

Deutsche Erstaufführung:

07. Dezember 1962

Regisseur:

Riccardo Freda

Inhalt

Im Schottland des Jahres 1550 wird Martha Gunt von Richter Parris (Andrea Bosic), der Hexerei beschuldigt, weil sie dessen Avancen nicht nachgibt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Sie prophezeit ihm, dass er in der Hölle einen Platz an ihrer Seite haben würde und an der Stelle ihrer Verbrennung wächst ein Hexenbaum, dessen Wurzeln direkt ins Inferno hinab führen.

 

100 Jahre später droht ein Massenselbstmord durch die Frauen des Dorfes, welche sich – anscheinend besessen – an eben jenem Hexenbaum erhängen wollen. Am gleichen Tag trifft ein frisch verheiratetes Paar auf dem ehemaligen Schloss der Hexe ein, eine gleichnamige Nachfahrin, dessen Bräutigam die tolle Idee hatte, die Flitterwochen auf dem Anwesen der ehemaligen Hexe zu verbringen. Die Dorfbewohner geraten in Aufruhr und wollen diese neue Martha Gaunt verbrennen.

 

Im letzten Augenblick reitet Maciste (Kirk Morris) ins Dorf und kann vorerst Schlimmes verhindern. Doch Martha Gaunt besteht die Prüfung der Hexenrichter nicht und kommt in den Kerker, bis ihre Hinrichtung ansteht. Maciste will sie retten, entwurzelt den Hexenbaum und begibt sich hinab in die Hölle, um dort den Fluch der Hexe zu brechen.

Review

Verfolgt man die Ursprünge der Figur des Maciste, kann man schnell verwirrt werden. Hieß es noch bis vor wenigen Jahren, Maciste sei von einem anonymen Autor des 18. Jahrhunderts erschaffen worden, scheint es inzwischen als sei die Figur eine Erfindung des bekannten Schriftstellers Gabriele D’Annunzio, welcher unter anderem die Romanvorlage von Viscontis „Die Unschuld“ (1976) verfasste. Sein Debüt gab Maciste in dem 1914 entstandenen Stummfilm „Caribia“ von Giovanni Pastrone, welcher allerdings auf einer Vorlage von Emilio Salgari (Schöpfer u. a. von Sandokan) beruhen soll. Das Drehbuch zu „Caribia“ stammte wiederum weitgehend von Regisseur Pastrone, in dessen Originalskript die Figur des Maciste aber noch als Ercole (Herkules) benannt war. D’Annunzio änderte den Namen dann bei Überarbeitung von Pastrones Vorlage in Maciste. Alles Dinge, die Ihr vermutlich gar nicht wissen wollt. Egal.

 

In der Stummfilmära wurde Maciste von Bartolomeo Pagano verkörpert, so auch in dem 1926 von Guido Brignone gedrehten „Maciste all’Inferno.“ Riccardo Fredas gleichnamiger Film von 1962 ist – abgesehen vom Handlungsort Hölle – kein Remake desselben. Während bei Brignone der Teufel persönlich Maciste in die Tiefen seines Infernos verschleppt, um seine Moralvorstellungen zu korrumpieren, inszenierte Freda einen stark vom Horrorfilm beeinflusstes Fantasy-Epos, indem Macistes Moral zwar schon eine gewisse Rolle spielt, aber eben nur am Rande. Und gleich vorweg: jeder Versuch, Fredas Film allzu ernst zu nehmen, ist zum Scheitern verurteilt, was den Unterhaltungswert allerdings keineswegs schmälert.

 

Am Anfang bekommen wir die Geschichte eines Hexenfluchs präsentiert und eine Nachfahrin, die ihrer Hexenvorfahrin wie aus dem Gesicht geschnitten ist, ein sehr klassisches Motiv. Bei den Darstellerinnen blicke ich hier nicht durch, deshalb lasse ich es. Die Angaben im Internet ergeben kein schlüssiges Gesamtbild (was Martha 1, Martha 2, Martha alt, Martha jung und Fania – letztere definitiv Hélène Chanel – betrifft), und ich kann die Gesichter von Blondinen nun mal nicht unterscheiden. Kurz vor Marthas (No 2) Opferung durch den Lynchmob der Dorfbewohner reitet Maciste im Lendenschurz ins Dorf und sorgt für erste Fassungslosigkeit beim Zuschauer. Mit seinem Lendenschurz im Schottland des 17. Jahrhunderts wirkt er reichlich deplaziert. Anschließend versucht er sich an zwei Gitterstäben und die übrigen Protagonisten müssen mit der vermeintlichen Hexe lange auf ihrem Platz ausharren, weil Kirk Morris für sein Muskelspiel doch etwas länger braucht als erwartet. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Freda seinem Maciste im letzten Augenblick fast sämtliche Dialoge aus dem Drehbuch strich, weil er mit Mimik und Schauspieltalent von Kirk Morris sehr unzufrieden war.

 

Im weiteren Verlauf bringt Freda einen bunten Mix aus diversen mythologischen und literarischen Motiven. Irgendwo zwischen Dantes Inferno, dem Riesen Goliath (erstaunlich, wen man in der Hölle so alles trifft) und den Leiden Prometheus‘ (Remo de Angelis) muss Maciste einige Prüfungen und Kämpfe bestehen. Hierbei spielen Tiere eine große Rolle, zwei Boa Constrictor, eine Herde lila Stiere, ein Gummiadler und ein Fight mit einem Löwen – Letzterer mal ein Männchen, meist jedoch ein sehr verspieltes Weibchen mit aufgesteckter Mähne. Nach ihrem „Tod“ blinzelt das Weibchen noch mal ganz lieb für die Kamera. Ärgerlich wiederum die Szene, in der man die Stiere von den Felsen abstürzen lässt. Desweiteren begegnet ihm Fania (Hélène Chanel) in der Hölle, inhaltlich eine Referenz an das Moralthema des Stummfilm-Vorgängers, ebenso wie die Prometheus-Sequenz, auch wenn beide Figuren im Original nicht auftauchen.

 

Gedreht wurden die Unterwelt-Szenen in der Grotte di Castellana („Alien - Die Saat des Grauens kehrt zurück“), aufgerüstet mit reichlich mitgebrachten Pappmaché-Felsebrocken, und zusätzlich aufgemotzt mit schicker farbiger Beleuchtung. Beim Schloss bin ich mir nicht sicher, die Passage auf der die Kutsche zu Anfang ins Innere hoch fährt, sieht aber ähnlich aus wie in Bavas „Der Dämon und die Jungfrau“, ist aber schwer zu sagen. Insgesamt ist „Maciste - Der Rächer der Verdammten“ sehr unterhaltsames Kino zum häufigen Schmunzeln und fassungslosen Staunen. Die nahezu pausenlos präsente Musik von Carlo Franci kann dagegen mitunter etwas anstrengend werden. Als Maciste sich in der Hölle nach einem vorübergehenden Gedächtnisschwund wieder auf seine Mission besinnen muss, hilft ihm dabei Prometheus mit ein paar Clips aus vorangegangenen Filmen: Carlo Campogallianis „Maciste, der Rächer der Pharaonen“ (1960), Antonio Leonviolas „Maciste, der Sohn des Herkules“(1961) und Riccardo Fredas „Maciste in der Gewalt des Tyrannen“ (1961). Dass er dabei mal das Gesicht von Mark Forrest, mal von Gordon Mitchell und dann von Gordon Scott hat, scheint Maciste aber nicht zu verwirren. Bei Kirk Morris bin ich mir da allerdings nicht so sicher.

 

Am Ende noch mal zurück zu Thema deplatzierter Lendenschurz. Sorgte dieser bei Macistes erstem Auftauchen auf dem Dorfplatz noch für Erheiterung, führte ich nach Sichtung des Films mit meiner Freundin noch ein ernstes Gespräch zu diesem Thema. Was hätte er denn stattdessen tragen sollen? Irgendwie fiel uns nichts Gescheites ein und Freda damals anscheinend ebenso wenig.

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Kommentare (1)

  • Frank Faltin

    Frank Faltin

    14 Juli 2018 um 12:44 |
    Nachdem ich gestern gemeinsam mit Maciste die Hölle durchwandert habe, wunderte ich mich am Ende ebenfalls nicht mehr über dessen Lendenschurzpräsentation inmitten der Hexenjäger, nein, ich wundere mich fortan über gar nichts mehr. Maciste ist klasse!

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