Zombie

Italien | USA, 1978

Originaltitel:

Dawn of the Dead

Alternativtitel:

Zombi: El regreso de los muertos vivientes (ESP)

Zombie - Le crépuscule des morts-vivants (FRA)

Zombi (ITA)

El amanecer de los muertos vivientes (MEX)

Zombies

Zombies im Kaufhaus

Zombie: Dawn of the Dead

Deutsche Erstaufführung:

02. August 1979

Regisseur:

George A. Romero

Inhalt

Die Toten sind auf die Erde zurückgekehrt! Doch dass ist erst ein Teil der Hiobsbotschaft, schließlich wollen diese uneingeladenen Schmarotzer nicht das Bruttosozialprodukt stärken, sondern Menschfleisch fressen. Die Regierung ist mit dieser neuen Art der Freizeitgestaltung absolut überfordert und es bricht ein allgemeines Chaos aus. Auf Anweisung der Politiker streifen Einsatzkommandos durch die Häuser, um die kürzlich Verstorbenen auszumachen und sie per Kopfschuss endgültig (und ohne Rückfahrkarte!) in die Hölle zu schicken. Zwei Mitglieder dieser Spezialeinheiten, Peter Washington und Roger DeMarco, entschließen sich gemeinsam mit dem Verkehrsberichterstatter, Stephen Andrews, und seiner Freundin, Francine Parker, (per Helikopter) dem Chaos zu entfliehen…

Review

Wie hinter dem Erwerb einer VHS, DVD, Bluray oder sonstigen Datenträgern steckt auch hinter jedem Gang ins Lichtspielhaus eine kleine Geschichte. Da macht mein damaliger Besuch beim „Zombie-Lichtspiel“ natürlich keine Ausnahme.

 

Die Presselandschaft der 1970er und 1980er zeigte sich gern geneigt, besonders harte Filme auf reißerische Weise publik zu machen, um der Lesergemeinde eine attraktiv garnierte Schlachtplatte zu servieren und deren Münder in außerordentlichen Maßen zu wässern. Hinsichtlich der „Zombie“ Aufführungen erkämpfte sich das „Kateringfachpersonal“ von „BLÖD“ und Co besonders viele Fleißkärtchen. Infolgedessen konnte man von Veranstaltungsbesuchern lesen, die die Kinovorstellung sehr schnell verließen, um einem durchlebten Kulturschock Tribut zu zollen und das eben Erbrochene zumindest noch brockenweise zur Kloschüssel zu transportieren. Oder – und das ist meine Verschwörungstheorie - um sich ihre Prämien beim Zeitungsschmierfinken abzuholen.

 

Ungeachtet dessen wurden in den Kinoschaukästen neben dem Freigabeschildern Flyer angepinnt, die eindringlich vor den möglichen Folgen eines Kinobesuchs warnten. Diese begleitende Werbetaktik praktizierte man (so habe ich es jedenfalls noch in Erinnerung) simultan zu den Bochumer Lichtspieleinsätzen von „Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf“, "Lebendig gefressen“, Texas Chainsaw Massacre“ und eben „Zombie“.

 

Der Kinobesuch des Letztgenannten konnte mir somit mehrere Erfolge zugleich bescheren. Einerseits schaffte ich es mit 13 Jahren einen Ab 18 Film besuchen, andererseits konnte ich die visuellen Grausamkeiten scheinbar deutlich besser verarbeiten als die vermutlich wesentlichen älteren Weicheier, die angeblich kotzend aus dem Vorführraum liefen. Wie der (zu diesem Zeitpunkt sehr agile) Punk-Rock schien auch der knallharte Horrorfilm die Belastungsgrenze von Otto Normalverbraucher deutlich zu überschreiten. Umso besser, dass ich mich mit beidem (Punk und Horror, nicht mit dem Otto!) bestens arrangieren und meine rebellische Attitüde zweigleisig stärken konnte.

 

Der Hype, den „Zombie“ in meinem Umfeld auslöste, führte zu einem Dauerkonsum von Produkten, auf denen eben diese Firmierung, Zombie, vermerkt war. Einhergehend wurden die wildesten Spekulationen geschürt. Mein absoluter Favorit war und ist die Theorie, dass „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“ [1] der Vorgänger von „Zombie“ sei („die gehn doch am Ende übba die Brücke“). Ganz knifflig wurde es allerdings erst als „Day of the Dead“ in Deutschland als „Zombie 2 – das letzte Kapitel“ an der Start ging. Was war jetzt mit „Woodoo“? War „Kaufhaus-Zombie“ nun doch der erste?

 

Zu diesem Zeitpunkt war das Leben halt noch eine Entdeckungsreise, denn von so etwas wie dem Internet für jedermann wagte man seinerzeit nicht einmal zu träumen, und das Lesen von Abspanncredits wurde nur von wenigen Kinobesuchern beherzigt, denn 95% der Lichtspielgäste verließen den Saal sobald die Abspannmusik einsetzte. Diese Unsitte bewegte später auch einige „(H)ersteller“ von VHS-Sicherheitskopien dazu, die Aufnahme mit dem Einsetzen genannter Abspanncredits zu beenden, was sie mit der erschlagenden Aussage „Wer will die Scheiße sehn?“ rechtfertigen. Na, na, na…

 

… nachdem „Night of the living Dead“ bereits die Folgen einer Invasion von Untoten ankündigte, startet „Dawn of the Dead“ inmitten der prognostizierten Apokalypse. Die Schrecken haben ein globales Ausmaß angenommen und sich vom kleinen Landhaus und dessen Umgebung auf die Großstädte verlagert, in denen die Menschenfleischfressenden Kreaturen mittlerweile den Ton angeben. Die Politiker reden und reden, finden allerdings keine Lösungen, um der Lage Herr zu werden. Denn nach der Nacht (der lebenden Toten) folgte das verhängnisvolle Morgengrauen, das unaufhaltsame Erstarken einer Armee von Untoten, die zwecks Platzmangels der Hölle verwiesen wurden, nun auf Erden wandeln und die Menschheit in einen irreparablen Kladderadatsch stürzten. Innert dieser, aus dem Gleichgewicht geratenen Welt, macht sich eine auf vier Personen begrenzte Gruppe auf den Weg, um dem Chaos zu entfliehen.

 

Zwei dieser Charaktere besitzen ein Identifikationspotential, welches den Rezipienten in femininer (Francine Parker) und maskuliner (Peter Washington) Fasson offeriert wird. Zwei Charaktere, die durch Besonnenheit und vorausschauendes Denken auffallen. Ganz im Gegensatz zu Roger DeMarco, der mit seinem draufgängerischen Gebaren das Quartett oftmals in die Bredouille diktiert. Bleibt noch Stephen Andrews, den ich seit meiner Erstsichtung von „Zombie“ als ein durch und durch unsympathisches Arschloch sehe.

 

"Lohnt es sich die Menschen zu retten? So wie ich die Sache sehe, ist die Intelligenz bereits ausgerottet und es leben nur noch die Idioten."

 

Jedenfalls überwiegend! Ein paar wenige gescheite Menschen gibt es bestimmt, auch wenn man sie im real life akribisch suchen muss. Innert „Zombie“ ist Peter Washington – wie ich bereits andeutete – sehr wohl jemand für den es sich lohnt die Uhr weiter ticken zu lassen. Der Enkel eines Voodoo-Priesters aus Trinidad lehrt uns wesentlich mehr als die Hölle-Platz-Erde-Theorie, denn auf die Frage „Wer die Menschenfleischverzehrenden Geschöpfe sind“ entgegnet Peter „Sie sind ein Teil von uns“. Menschen des Alltags, die aus dem Schattenreich zurückkehrten, um der Menschheit die Quittung für ihr jahrzehntelanges Schindludertreiben zu offerieren. Ergo ist es die Gesellschaft nicht mehr wert weiter zu existieren und vertilgt sich letztendlich selbst, was einhergehend die Firmierung „Zombie“ (die ich fortan durch DAWN ersetze) als einen irreführenden Spitzbuben entlarvt, denn mit Voodoozauber hat die Existenz der bizarren Wesen ja mal gar nichts am Hut. Dieses sei allerdings nur und am Rande erwähnt, denn ungeachtet ob Zombies oder Untote: DAWN „lässt die Kuh fliegen“ und bietet ein rasantes und spannungsgeladenes Actionspektakel. Eine vorzügliche Konstruktion, die insbesondere von der europäischen Schnittversion (Argento-Cut) transportiert wird, welche sich im Vergleich zum US Cut als die wesentlich knackigere präsentiert. Eine große und erfolgreiche Rolle spielt dabei der fortwährende Einsatz des Goblin Scores.

 

Die eingangs erwähnte Welle der Empörung, die DAWN auf Grund seiner exquisiten Gewaltdarstellungen zu seiner Entstehungszeit auslöste und lang darüber hinaus walten ließ, kann gegenwärtig eher schwierig nachvollzogen werden, da es sich längst um Kinonormalität handelt. Zum Zeitpunkt seines Entstehens stand DAWN jedoch außer Frage! Dieses hatte natürlich eine Flut von Imitaten zur Folge, von denen sich allerdings nur wenige - wie die Fulci-Vehikel SEIL, INSEL, STADT (coole Abkürzungen, danke Felsch!) mit dem Original messen konnten. Über den Unfug der in den 2000ern und den 2010ern fabriziert wurde - mag ich kein Wort verlieren.

 

Fazit: „Dawn of the Dead“ konnte seinerzeit das Horrorkino neu definierten und einhergehend an den schmerzvollen Moment erinnern, in dem das Genre seine Jungfräulichkeit verlor. Es folgten vierzig Jahre Bambule, Terror und Randale! Vierzig Jahre DAWN…

 

…und wie schreibt Millwall-Fan, Barrie Stradling, doch so schön: die ersten vierzig Jahre sind die schlimmsten.

 

Anmerkungen: 
[1] Offiziell wurde „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“ gar als Nachfolger von „Zombie“ beworben. Beispiele für diese Kampagne sind die italienische Firmierung „Zombi 2“ sowie der deutsche Werbeslogan „Wenn die Erde die Toten ausspuckt… kehren sie zurück, um das Fleisch der Lebenden zu zerreißen.“

Filmplakate

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