Nebraska Jim

Italien | Spanien, 1966

Originaltitel:

Ringo del Nebraska

Alternativtitel:

Gringo Selvagem (BRA)

El rancho maldito (ESP)

Les dollars du Nebraska (FRA)

Gringo salvaje (MEX)

Gunman Called Nebraska (USA)

Ringo from Nebraska (USA)

Savage Gringo

Deutsche Erstaufführung:

06. Dezember 1966

Inhalt

Der Rancher Marty Hillmann hat ein Problem mit seinem Nachbarn Bill Carter. Der will ihm nämlich schwer ans Leder, um endlich an dessen appetitliche Frau Kay zu kommen. Doch ganz plötzlich schneit Marty ein Fremder auf den Hof, der sich als Nebraska Jim vorstellt (“Wie heißt Du?“ “Jim.“ “Jim, und nichts weiter?“ “Na ja, sagen wir Nebraska Jim.“ “Aha, und woher kommst Du?“). Jim bietet sich an das Vieh zu hüten und auf Bill Carter aufzupassen, auf dass dieser keine Gemeinheiten macht. Carter allerdings hat einen hinterhältigen Plan entwickelt um Kay endlich zu seiner Frau zu machen: Er erschießt den Sheriff und lässt es so aussehen, als ob Jim dafür verantwortlich sei. Und Marty, der ebenfalls eine Kugel von Carter eingefangen hat, muss um sein Leben kämpfen, während der Doktor wegen einer Flut nicht über den Fluss kommt.

Autor

Maulwurf

Review

Vor ein paar Jahren war ich krank, ich litt an so einer richtigen kernigen Männergrippe, da schickte mir ein Freund drei DVDs zur schnelleren Genesung: Für die richtig schweren Tage (so beschriftete er die Filme) EIN GOLDFISCH AN DER LEINE, für den Weg zur Besserung DER HEXER, und wenn es fast vorbei ist Scorseses CASINO. Was ich damit sagen will, dass es Filme gibt, die man sich in gesundem Zustand gar nicht antun KANN. Wie zum Beispiel den besagten GOLDFISCH …

 

Nun, im Moment habe ich wieder diese mörderische Männergrippe, und nach viel Schlafen und Schwitzen (nein, keine Angst, weiter ins Detail gehe ich nicht) steht einem dann doch irgendwann mal wieder der Sinn nach einem schönen Film. Kein schießwütiges Spektakel, das macht der Schädel schon gar nicht mit, nichts gar zu anspruchsvolles, um Himmels Willen nichts erotisches, aber zu langweilig sollte es auch nicht sein, denn dann schläft man ja wieder ein. Kurz, meine Wahl viel auf den vielgeschmähten NEBRASKA JIM. Und ich darf vorweg greifen, die Wahl war gut. Viel geschossen wird nicht, Anspruch und Erotik sind ziemlich gen Null anzusiedeln (zu Yvonne Bastien später noch mehr), und langweilig wird es trotzdem niemals.

 

Dass Mario Bava kein Westernfreund war ist bekannt. Trotzdem hat er sich an drei Western probiert, wenngleich auch meistens als Auftragsarbeit und nicht aus Liebe zum Job, und das Ergebnis war dann auch entsprechend: DER RITT NACH ALAMO ist sehr standardisierte Westernware mit starkem US-Touch, und 3 HALUNKEN UND EIN HALLELUJA soll eine Western-Komödie darstellen. Nun ja, wer’s mag. NEBRASKA JIM kommt nun angenehm unlustig daher, trotz Livio Lorenzon und einer erstklassigen deutschen Synchro, allerdings auch sehr actionarm. Dafür hat es Dialoge ohne Ende, und wo in anderen Western Tatsachen durch Blei geschafft werden, passiert das hier eher durch Worte. 2 saftige Schlägereien hat es, und Ken Clark tritt einmal für ein paar Sekunden auf die Super-Perforator-Tube. Aber dass ich keinen Screenshot mit einem schießenden Helden in Großaufnahme gemacht habe kommt nicht von ungefähr. Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass immer etwas geboten wird, dass die Handlung stetig vorangetrieben wird, und dass ich keine Sekunde daran gedacht habe einzuschlafen. Neben der durchaus gelungen (Bild-) Regie ist das vor allem den Darstellern anzulasten.

 

Gehen wir diese doch einfach mal durch, dann wird das Bild wahrscheinlich klarer. Ken Clark als Nebraska wirkt wie eine Art Chuck Connors für Arme, allerdings ohne dessen Ausstrahlung und ohne dessen schauspielerisches Vermögen. Clark wirkt einfach durch seine physische Präsenz (geschätzte 3 m Körpergröße bei 180 kg Lebendgewicht), und wenn er oben ohne zu sehen ist wird auch klar, warum viele Frauen behaarte Männer nicht mögen. Darf ich ehrlich sein? Mit Giuliano Gemma wäre der Film besser geworden. Zumal ich nicht mal mehr wusste, dass der Mann in DER RITT NACH ALAMO die Hauptrolle hatte, was dann auch nicht mehr weiter kommentiert werden muss ...

Denn die Antagonisten sind es die den Film pushen: Piero Lulli als Carter und Howard Ross als seine rechte Hand Lou machen alles was die bösen Jungs so machen, und sie machen es verdammt gut. Dreckig grinsen, Sheriff drangsalieren (“Mit mir kann man doch auskommen. Musst nur tun was ich Dir sage, Sheriff.“), unrasierten Männern Befehle erteilen, Frauen auf den Pelz rücken, … Solche Dinge halt. Die beiden tragen den ganzen Film, und die Momente wenn Lou aufbegehrt gegen seinen Boss sind tatsächlich atmosphärisch dicht, wenn auch leider viel zu kurz. Und selbst Livio Lorenzon, der sonst in so vielen Filmen den Hanswurst gab, hat hier als versoffener Sheriff wirklich gute Momente und passt wie die Fliege auf die Glatze.

 

Sie alle können Ken Clarks Hilflosigkeit mühelos überspielen. Und dann ist da ja noch Yvonne Bastien als Kay Hillman, das Love Interest. Wobei das nicht ganz stimmt, schmeißt sie sich doch dem schönen(?) Fremden an den Hals, und der hat dabei alle Mühe sie abzuwehren. Sie greift dabei zu so einigen Tricks, etwa die Morgenwäsche hinter einem Tuch bei Gegenlicht auszuführen, das fertige Frühstück bereits im Hintergrund. Oder etwa das Kunststück, den gesamten Film in Unterwäsche herumzulaufen und dabei ihre Riesenbrüste zu präsentieren. OK, wie 33 sieht sie in dem Film nicht aus, eher wie 43, aber sie ist verdammt sexy (ich sage nur: Rothaarig!!) und sehr verführerisch in ihrer Klamotte. Geboren 1933 in Argentinien, kam sie ursprünglich vom Theaterschauspiel und drehte ab 1945 ein paar kleinere Filme. 1950 verliebte sie sich in Spanien in den Regisseur Antonio Román, heiratete aber nach ihrer Rückkehr nach Argentinien den Politiker Héctor Julio Diáz, der zuerst Minister unter Péron war, und nach dem Militärputsch im Gefängnis starb. Im gleichen Jahr ging sie nach Spanien, wo sie 2 Jahre später Antonio Román heiratete. Der dann 1966 eben auch einen Film namens NEBRASKA JIM zu drehen begann, mit seiner Frau in der weiblichen Hauptrolle, allerdings nach 2 Tagen gefeuert und durch Mario Bava ersetzt wurde. Um es kurz zu machen: Yvonne Bastien rockt den Film ungemein, insofern man auf rothaarige, vollbusige, nicht mehr ganz junge Frauen mit einem Hauch Matronenhaftigkeit steht.

 

Was den Film ebenfalls sehenswert macht sind die Bilder. Im Ernst, die Landschaften von Almería und La Pedriza (nördlich von Madrid) sind Bava-typisch umwerfend schön eingefangen und können fast als weiterer Darsteller gelten. Die Musik von Nino Olivero ist nicht umwerfend aber gut anzuhören, und die deutsche Synchro rettet dann endgültig alles. Unter der Dialogregie von Karlheinz Brunnemann sprechen unter anderem Gert Günther Hoffmann (auf Ken Clark), Martin Hirthe und Arnold Marquis. Kann da noch was schief gehen?

 

Wenn ich das so durchlese was ich bisher schrieb, dann fällt mir auf, dass ich zum Film an sich gar nicht viel gesagt habe. Kunststück, trotz andauernder Handlung passiert im Grunde nicht viel. Es wird geritten, dann wieder geredet, dann wieder geritten, zwischendurch dürfen Yvonnes Megamöpse bestaunt werden, dann wird wieder geredet. Ab und zu fällt mal ein Schuss, damit wir wissen dass wir uns in einem Western befinden, und dann wird wieder entweder geritten oder geredet. Oder Yvonnes … Na ihr wisst schon …

 

Sprich, wenn man geistig gerade eh nicht ganz auf der Höhe ist (Krankheit, Kater, …) und etwas Anspruchsloses ohne viel Lärm sehen möchte, dann ist man hier gut bedient. Und Yvonne Bastien bringt die müden Lebensgeister garantiert wieder auf Vordermann. Die Finger von NEBRASKA JIM sollte man unbedingt lassen wenn man einen Italo-Western sehen möchte, denn das ist keiner! Eher eine Pferdeoper mit starken US-amerikanischen Anleihen, schönen Landschaften und wenig Action.

Autor

Maulwurf

Veröffentlichungen

Die DVD aus der Regenbogen-Edition von Koch Media bietet die ungekürzte Version mit zuschaltbaren italienischen Untertiteln für die deutschen Fehlstellen (und natürlich auch für den gesamten Rest), ein ordentliches Bild, ein spaßiges Interview mit dem ungemein sympathischen Howard Ross (der beweist, dass 30 Jahre eine lange Zeit sind um alle Details richtig im Kopf zu behalten), eine umfangreiche Bildergalerie, den deutschen Trailer und ein 3-seitiges Essay von Oliver Bitzer über Mario Bava als Western-Regisseur. Wir raten definitiv nicht ab …

Autor

Maulwurf

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