Gates of Hell

Italien, 1989

Originaltitel:

Le porte dell'inferno

Alternativtitel:

Las puertas del infierno (ESP)

The Hell's Gate (USA)

Regisseur:

Umberto Lenzi

Inhalt

Maurizio ist im Begriff den Highscore eines ganz besonderen Glanzstücks zu brechen. Seit 78 Tagen ist er in einer Höhle (die Katakomben eines alten Klostergemäuers) eingeschlossen, um zu testen, wie sich seine Psyche während seiner Isolation verändert. Die Freude über die neu geschaffene Bestmarke ist jedoch getrübt, denn Maurizios per Funk gesteuerter Kontakt zur Außenwelt, der nur im äußersten Notfall genutzt werden darf, lässt nichts Gutes erahnen. Der frischgebackene Rekordhalter berichtet seinen Kontrolleuren, vier Höhlenforschern, von einer unheimlichen Bedrohung, die ihm nach dem Leben trachtet. Das klingt für die Angefunkten: Erna, Paul, Manfred und Dr. Johns, nach den Symptomen eines Höhlenkollers. Und um Maurizio keiner Eigengefährdung auszusetzen, müssen sie ihn so schnell wie möglich vom Höhlendasein befreien. Doch ihr Abstieg in das Abteihöhlensystem, dem sich die Archäologen Laura Benson und Theo anschließen, wird sie schon bald mit dem diabolisch grinsenden Schnitter konfrontieren.

Review

In Zeiten der schwierig zu durchschauenden italienischen TV-Politik, ein TV Sender plante eine Reihe von Haunted House-Filmen und ließ Lenzi zwei Beiträge („La casa delle anime erranti” und „La casa del sortilego”) fertig stellen, die hiernach (angeblich) nicht einmal im TV ausgestrahlt wurden, entstand der ebenfalls für das Fernsehen produzierte „Gates of Hell“. Verglichen mit dem Firmierungschaos, das die beiden zuvor genannten sowie zahlreiche weitere Italo-Spukfilme anrichteten, liefert Lenzis Höhlenhorror eine (auch länder- und sprachenübergreifend) eindeutige definierte Headline, die mittels der Passage zur Hölle den Zuschauer in selbige einlädt.

 

Was diesen sowie viele weitere Italo-Horrorfilme aus der zweiten Hälfte der 1980er bis in die 1990er hinein eint, ist deren temperamentlose, jederzeit austauschbare und per Synthesizer realisierte Konfektionsmusik. Zudem sind die angesprochenen Filme, wie die zahlreichen Direct-to-Video-Produktionen, welche die bundesrepublikanischen Videotheken fluteten, mit einer ebenso billigen deutschen Tonbearbeitung ausgestattet. Was die Synchronisation von „Gates to Hell“ allerdings von ihren Nebenbuhlern unterscheidet wie abhebt: Sie liefert einen Brüller nach dem anderen und kommt quasi einer Festlichkeit gleich, bei der kein Auge trocken bleibt. So wird beispielshalber die Aussage „Es sieht so aus, als ob er sich gleich umbringt!“ mit der empörten Feststellung „Was soll das? Die Leute vom Fernsehen kommen gleich!“ gekontert. Und wenn der Archäologiestudent Theo behauptet, „er habe einen Schnellkurs im Höhlenforschen gemacht und das er unbedingt zwei Aspirin einnehmen muss, da er schon wieder merkt, wie ihn (s)eine Klaustrophobie überfällt“, dann fühle ich mich in Lenzis grottiger Schauergrotte gar wunderprächtig aufgehoben.

 

Die überschaubare Geschichte klingt mit dem Weltrekord eines ganz besonderen Pannemanns an. Denn wer ist so blöd und lässt sich auf eine solche, wie innert der Inhaltsangabe skizzierte, Tortur ein? Maurizio! Der Kollege eines Höhlenforscherteams, zu dem er nur im dringendstem Notfall per Funk Kontakt aufnehmen darf. Und wenn es dann tatsächlich so weit und das Maß des Erträglichen überschritten ist, berichtet er erwartungsgemäß verwirrt von x-beliebigen Dämonen sowie dem letzten Ausweg aus dem umrissenen Schlamassel - den Suizid.

 

Innert dieses Kontexts ist es zwingend erforderlich, den Mann asap aus seiner Notlage zu befreien. Folglich steigen die vier Höhlenforscher gemeinsam mit zwei Archäologieassistenten der Uni Florenz (die zufälligerweise gerade in der Nähe waren) in das Höhlensystem des Klostergemäuers herab, um Maurizio wieder aufzupäppeln und ihn bei (s)einer Genesung zu unterstützen. Folglich bewegen sich sieben Personen durch die gefährlichen Tiefen einer Höhle, was die Methoden eines Dezimations-Films mit closed bzw. locked room mystery Tönung flink erahnen lässt. Dabei haben wir es notabene mit keinem Whodunit-Motiv, das sich ja aus der beschriebenen Ausgangslage herauskristallisieren könnte, zu tun und werden stattdessen, was bereits der Klappentext reflektiert, mit den Motiven aus den Slasher- und Horrorsektoren beliefert.

 

Währenddessen treibt das Sujet ein mystisches Spielchen um sieben Benediktinermönche, die im Jahre 1291 einen Pakt mit dem Teufel schlossen, anschließend der Ketzerei überführt und zum ewigen Leiden verdammt wurden.

 

Seither sind 7 Jahrhunderte durch die Zeitrechnung gezogen. Und Lenzis Horrorfilm wäre kein Horrorfilm, wenn man den Mönchen nicht die Möglichkeit einräumen würde, sich ihrer Verdammnis zu entledigen. Um die Anwartschaft zu erfüllen, müssen die sieben Ketzer 700 Jahre nach Ausspruch des Fluchs sieben andere Ketzer töten. Es sollte nicht schwierig zu erraten sein, wer diese sieben auserkorenen Personen sind. Sie erhalten übrigens auch die Erklärungen (eine Sternstunde deutscher Rhetorik, der Dialogbuchautor hat wirklich alles gegeben) warum sieben Personen, die im Jahre 1991 leben, sich als Ketzer definieren lassen.

 

Jenes Unbehagen, der Anmarsch, der Ausbruch wie das darauf folgende Walten von Klaustrophobie, das einen Höhlenaufenthalt sehr wohl begleiten kann, erhält innert Lenzis Film keine Entfaltungschancen. Es kommt nicht einmal ansatzweise eine solche, vom Zuschauer als bedrückend wahrnehmbare Atmosphäre auf. Da hat selbst der Höhlenaufenthalt in „Alien, die Saat des Grauens kehrt zurück“ deutlich mehr Pfeile im Köcher. Wer mal die unliebsame wie verstörende Atmosphäre des Eingesperrtseins vor der Glotze erleben wie durchleben mag, der sollte, da führt ja mal gar kein Weg vorbei, Neil Marshalls „The Descent“, die Atmosphäre beschert mir immerzu übelste Ängste, sichten. Nebstdem empfehle ich Ihnen (die Filme spielen zwar in keiner Höhle, versprühen allerdings jene unbequem-teuflische Zauberkraft, die in geschlossenen Räumen auftreten und die Anwesenden in den Wahnsinn treiben kann) „The Hole” (GB, 2001) und den vorzüglichen „Them - Spiel oder stirb“ (FRA, ROM, 2006) zu sichten.

 

Fazit: Lenzis Höhlenhorror ist von Spannung weitestgehend befreit. Das Mitfiebern mit den Protagonisten funktioniert ebenso wenig wie das Schema F der Logikeiferer, die diesen zu keiner Zeit klaustrophobisch wirkendem Film höchstwahrscheinlich einem Telefonbuch gleichstellen und ihn ebenso humorlos aus dem Effeff lesen werden. „Gates of Hell“ offeriert diesen Miesmachern freilich keinen Platz, an dem sie sich auf irgendeine Weise wohl fühlen werden, aber reichlich Zündstoff, um über die visuellen Sünden des Umberto Lenzi zu lästern und aus der nicht vorhandenen Klaustrophobie eine Katastrophe zu zaubern. Wer dieser Gilde nicht verpflichtet ist, ggf. - wenn es darauf ankommt - die Zahl 7 als eine Gerade einordnen kann, eine Schwäche für unfreiwilligen Humor besitzt und die Vorzüge einer durchweg bekloppten Synchronisation zu schätzen weiß, der oder die darf sich in der Höhle bzw. in der Hölle der Benediktinermönche auf ebenso positiv(!)-bekloppte Momente freuen.

 

PS: Somit ist der achte Lenzi-Film in Folge besprochen. Leider besitze ich keinen weiteren Film des Regisseurs, der noch nicht in die Datenbank installiert wurde, sodass es demnächst mit vielen Italo-Western (von denen einige niemals in den bundesrepublikanischen Kinos gelaufen, geschweige denn in der BRD auf VHS oder digitalem Datenträger veröffentlicht wurden) weitergehen wird.

 

So, stay tuned and - as Joe Strummer used to say: Stay free!

Links

OFDb

IMDb

 

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