Deep Thoughts

Italien, 1980

Originaltitel:

Pensieri morbosi

Alternativtitel:

Pensamientos morbosos (ESP)

Regisseur:

Jacques Orth

Inhalt

In mehreren ineinander übergehenden Episoden wird von den sexuellen Erwartungen von Männern und Frauen erzählt, die selten mit der Realität übereinstimmen, da jeder seine persönlichen Wünsche einfach auf sein Gegenüber projiziert.

Review

Da ich so selten Filme mit sexuellen Inhalten gucke, dachte ich mir, ich nehme mir mal was ganz Kurioses vor. Aus der Produktion von Dick Randall kommt dieser wirklich seltsame Film, bei dem anscheinend Jacques Orth alias Jack Régis, möglicherweise auch Jack Guy, Guy Gilbert, Guy Gibert, Yves Coste usw. Regie geführt hat. Der stammt entweder aus Frankreich oder Belgien, man weiß es nicht so genau. Seltsam ist auch, wie man für diesen Film so einer furiosen Besetzung gekommen ist, das erklärt sich aber aus Verbindungen von Dick Randall und Jacques Orth zu den Darstellern, die immer wieder in deren Dunstkreis auftauchen. Für den Soundtrack gab keiner seinen Namen – jedenfalls nicht im Vorspann – es ist aber unschwer als Synthie-Gedöns von Marcello Giombini zu erkennen.

 

Sorry, wenn das alles ein bisschen negativ klingt, denn das täuscht, dieser wirklich miese Film ist eigentlich ein Riesenspaß. Das beginnt mit wenig zielführender Komik, über zweifelhafte darstellerische Momente bis hin zu einem denkwürdigen englischen Dubbing, das einem die Schuhe auszieht.

 

In einem Bus sitzt ein ausländischer Tenor (Luca Sportelli), der frisch in Paris angekommen ist. Im Gepäck hat er vor allem erotische Erwartungen an die Stadt der Liebe, und so quatscht er schon Bus die eher spröde Französin Suzy (Hélène Shirley) an und malt sich eine heiße Liebesnacht mit ihr aus. Im Off hören wir dazu ihre Gedanken bezüglich ihres übergewichtigen geilen Sitznachbarn, und die sind nicht nett. Außerdem ist sie eh verabredet, nämlich mit…

 

…Marc, gespielt von Kieran Canter aus Joe D’Amatos SADO – STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE AUF (Buio Omega, 1979). Für Kieran Canter war die Arbeit mit Jacques Orth an DEEP THOUGHTS karriereweisend, denn künftig würde man ihn eher in Werken wie EROTIC FLASH (Roberto Bianchi Montero, 1981), L’AMANTE BISEX (Carlo Leone, 1984) oder SEXLIFE BIZARRE (Giorgio Grand, 1984) zu sehen bekommen. Warum Kieran Canter ausgerechnet mitten in der Hochzeit des italienischen Films der Achtziger lieber mit Moana Pozzi, John Holmes oder Marina Hedman drehte, man weiß es nicht. Vielleicht war es ja der Spaß an der Arbeit. Egal, seine Sache.

 

Dann folgt ein interessanter Moment. Suzy und Marc fahren mit dem Motorrad durch Paris, und Marc baut einen Unfall. Der zweite Teilnehmer entpuppt sich als alter Schulfreund von Marc, und plötzlich ist Suzy drittes Rad am Wagen. Also konzentriert sie sich auf ihren Geschichts-Dozenten an der Uni, aber da hat sie schlechte Karten. Denn Monique (Dominique Saint Claire) braucht dringend bessere Noten, und da sie beim Schuldirektor abgeblitzt ist, konzentriert sie sich ganz auf Professor Fred (Raf Baldassarre). Der hat schon bald eine Latte, sehr zur Freude aller Studenten, denn schließlich gibt er nur noch wirres Zeug von sich. Monique und ihr Professor erleben eine heiße Liebesnacht, und gute Noten sind beiden sicher.

 

Doch ganz fruchtlos war Moniques Besuch beim Schuldirektor nicht. Der ist jetzt geil und begibt sich zum nächstgelegenen Puff. Die Auswahl ist nicht groß, und so bekommt er Ajita Wilson zugeteilt, die den letzten Tropfen aus ihm rausfickt. Softcore, versteht sich. Alles bleibt Softcore. Doch was ist eigentlich aus dem Tenor geworden?

 

Der steht im Opernhaus auf der Bühne und singt scheiße. Seine Partnerin singt genauso scheiße. Begleitet werden sie am Klavier von Edmund Purdom, der sich wünscht, er wäre woanders. Und ja, das ist Teil des Films! Purdom sitzt am Piano und verflucht seine Mutter, die wollte, dass er Musiker wird und nun muss er diese grottenschlechten Sänger begleiten. Diese wiederum denken Ähnliches von ihren Kollegen, während die Kamera kurz im Publikum den Produzenten Dick Randall einfängt, der sich freut, dass er so einen tollen Film produziert. Ebenfalls im Publikum ist Professor Fred, der schon wieder eine Latte hat.

 

Auf seiner Heimreise hat der Tenor noch eine Begegnung im Schlafwagen mit drei Lesben, die ihn allerdings rauswerfen lassen. Nur durchs Schlüsselloch kann er teilhaben an ihren Freuden, während Marc und Monique nackt in einer Disco tanzen. Ach ja, und Julius Cäsar ist schwul.

 

Ich hatte wirklich Spaß bei diesem bemerkenswert schlechten Film, der so schlecht gar nicht sein kann, weil er letztendlich doch gut unterhält. Und angesichts der Tatsache, dass Jacques Orth diesen Film gemacht hat und französische Alpha France-Stars wie Hélène Shirley, Dominique Saint Claire und Jean-Pierre Armand dabei sind, darf man sich ruhig fragen, ob das nicht eigentlich ein Hardcore-Film war. Die Laufzeit ist jedenfalls verdächtig kurz und die Softcore-Szenen sind eigentümlich editiert. Dass Dick Randall auf jeden Fall im Sinn hatte, von der Porno-Welle zu profitieren, zeigen die Credits, wo gleich über Ajita Wilson die Fake-Credits „Louise Lovelace“ und „John Holmes“ genannt sind.

 

In Nebenrollen findet man Laura Levi, bekannt aus Joe D’Amatos HEISSE RÄDER, HEISSE LIPPEN (Super Climax, 1980), Marcella Petrelli aus Marino Girolamis FLYING SEX – DIE KESSEN STEWARDESSEN (Sesso profondo, 1980) und Sabrina Mastrolenzi aus Antonio D’Agostinos KLITO-BELL (Bathman dal pianeta Eros, 1982).

Kommentare (1)

  • Stephan

    Stephan

    30 Juni 2023 um 19:50 |
    Ob Guy Gibert mit Jacques Orth identisch ist, weiß ich nicht - vermutlich nicht. Aber Guy Gibert hatte in Brüssel ein Studio für Synchron und Post-production, wo er u.a. viele Eurocine-Werke bearbeitete (auch diverse von Jess Franco). Josiane Gibert - wenn ich's richtig erinnere seine Ehefrau - arbeitete da auch kräftig mit, schrieb Dialogbücher, Sprach (wenn ich nicht irre, u.a. Christina von Blanc in Francos "Virgin Among the Living Dead") und erledigte den Schnitt. In den Credits taucht sie teils auch unter ihrem Mädchennamen Pierre(tte) Bélair auf.

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