Vier Mal heute Nacht

Deutschland | Italien, 1971

Originaltitel:

Quante volte... quella notte

Alternativtitel:

Quatro Vezes Aquela Noite (BRA)

Une nuit mouvementée (FRA)

Uma Noite Movimentada (POR)

Four Times that Night

Regisseur:

Mario Bava

Inhalt

Eines schönen Tages trifft Schwerenöter Gianni (Brett Halsey) in einem Park die schöne Tina (Daniela Giordano, welche dort gerade ihren Hund ausführt. Sofort von dem zarten Geschöpf eingenommen, setzt der Schmeichler alles daran, den Abend mit der Schönheit zu verbringen und hat tatsächlich nach nur weniger Anstrengung schnell Erfolg. Nachdem er Tina bei ihrer Mutter (Valeria Sabel) abgeholt hat, begibt man sich in den örtlichen Klub, um dort mal ungehemmt das Tanzbein zu schwingen und dem Bacchanal zu frönen. Doch dann wird es kritisch genau zu sagen, wie die Nacht für die beiden Turteltauben weiterging. Klar ist, dass Tina mit einem zerrissenen Kleid bei ihrer Mutter auftaucht und Gianni der Vergewaltigung bezichtigt. Jedoch erzählt dieser seinen Freunden im Klub eine vollkommen andere Story – ebenso der für Giannis Apartment zuständige Hausmeister (Dick Randall), der in besagter Nacht wie gewohnt seiner voyeuristischen Neigung nachging und einem Freund das vermeintlich Gesehene in allen frivolen Details schildert. Und zuletzt kommt ein smarter Psychologe zu Wort, dessen Interpretation eine vollkommen andere Deutung der Geschehnisse zulässt und beweist, dass jeder durchaus seine ganz eigene Interpretation von „Wahrheit“ haben kann ...

Review

Mario Bava hat während seiner langen Karriere eine ganze Reihe von verschiedenen Genres bedient. Am bekanntesten wurde er durch seine Beiträge zum italienischen Gothic Horror (z. B.: „Die Stunde, wenn Dracula kommt“) und als Begründer des heute sehr beliebten Subgenres des Giallos durch den stilbildenden und wegweisenden „La Ragazza che sapeva troppo“. Daneben schuf er jedoch auch Western („3 Halunken und ein Halleluja“), Sandalenfilme („Die Schlacht von Marathon“), Wikingerstreifen („Eine Handvoll blanker Messer“) sowie die eher misslungene Bondparodie „Der Spion, der aus dem Speiseeis kam“. 1971 sollte der nun bereits Siebenundfünfzigjährige seinem Oeuvre mit dem hier besprochenen Film auch noch das Genre der locker-leichten Erotikkomödie hinzufügen und dies immerhin bereits Jahre bevor es um 1975 durch den Erfolg von „Flotte Teens und heiße Jeans“ seinen eigentlichen Popularitätshöhepunkt erreichen sollte.

 

Doch es sollte keine bloße, flapsige Zurschaustellung nackter Tatsachen werden, nein, man orientierte sich an Akira Kurosawas tiefgründigem Meisterwerk „Rashomon“ und versuchte so einem vermeintlich trivialen Sujet etwas mehr Substanz zu verleihen. In „Rashomon“ werden zwei Verbrechen zur Zeit des feudalen Japans, eine Vergewaltigung und ein Mord, aus den Erinnerungen vierer Personen geschildert und es zeigt sich schnell, dass sowohl Wahrnehmung, Erinnerung, Realität und Faktizität mitunter vollkommen subjektive Erfahrungen sind.

 

Bava und seine beiden Drehbuchautoren Moroni und Ross griffen dieses äußerst philosophische Grundmotiv auf, um so einer preiswert produzierten Sexkomödie (Bavabiograph Tim Lucas spricht von unter 150.000 $) etwas mehr Prestige zu verleihen zu können, jedoch scheiterte der Film an den Kinokassen und wurde ziemlich schnell aus dem Verleih genommen. Der amerikanische Produzent Dick Randall, seines Zeichens Spezialist für den Filmimport europäischer (Billig-)Produktionen für den amerikanischen Markt, tritt nicht nur selbst als schmieriger Portier mit eindeutigen Spannermanieren auf, er steckte auch genug Geld in den Film, um sich die Verwertungsrechte für Kanada und die USA zu sichern, wo auch eine eigene Schnittfassung erstellt wurde. Das auch deutsches Geld in der Produktion steckte, beweist nicht nur die Nennung der Hape-Film GmbH im Vorspann, sondern auch die Tatsache, dass die beiden deutschen (TV-)Urgesteine Rainer Basedow und Michael Hinz Brett Halseys blumigen Ausführungen in der Bar lauschen.

 

„Vier Mal heute Nacht“ punktet heute in erster Linie noch durch seine wunderbaren Pop-Art-Dekors und das charmante Zeitkolorit der Swinging Sixties (gedreht wurde wohl tatsächlich schon 1969 und der Film durfte einige Zeit seiner Veröffentlichung harren), allerdings kann man sich spätestens beim zweiten Sehen nicht des Eindrucks erwehren, dass Bavas Story nicht ohne Logikfehler konstruiert wurde und die letztendliche „Auflösung“ ebenfalls nicht ganz stimmig sein kann.

 

Doch wer will schon so einem bunten Vergnügen schon lange böse sein, gerade wenn es so beschwingt und unbeschwert daherkommt?

Eben.

Veröffentlichungen

„Quante volte... quella notte“ wurde in Italien von Raro Video als DVD und in den USA von Image als Bestandteil der zweiten „The Mario Bava Collection“ veröffentlicht. Beide Fassungen bieten englische Untertitel zum italienischen Originalton.

Filmplakate

Links

OFDb
IMDb

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