Töte, Django

Italien | Spanien, 1967

Originaltitel:

Se sei vivo spara

Alternativtitel:

Oro maldito (ESP)

Tire encore si tu peux (FRA)

Django, Kill! (GBR)

Django Mata (POR)

Django Kill... If You Live, Shoot! (USA)

Django - Leck Staub von meinem Colt

Deutsche Erstaufführung:

03. Mai 1967

Regisseur:

Giulio Questi

Inhalt

„Django“ und seine Lumpenhunde haben sich mit Oaks und dessen Desperados verbündet, um gemeinsam einen Goldschatz zu rauben. Der Coup ist erfolgreich, aber Oaks und seine Halsabscheider denken nicht ans Teilen. Folglich massakrieren sie Django und seine mexikanischen Strolche. Um anschließend ein wenig zu feiern und sich von dem kräftezehrenden Massaker zu erholen, ziehen die Killer in ein kleines Dorf ein, wo sie schnell feststellen, dass die Einwohner nicht mit ihrer Feierlaune konform gehen, denn Oaks und seine Halunken sind in der Hölle gelandet und Satans sadistische Häscher liegen bereits auf der Lauer, um die ungeladenen Gäste mit Folter und Tod zu bewirten.

Review

„Du wirst nicht weit kommen… Oaks!“ (Django)

 

Das Œuvre von Giulio Questi umfasst einen spärlichen Anteil von Regiearbeiten. Irgendwie erinnert mich seine Filmografie an die von Claudio Gora. Geachtet dessen, lassen sich gar deutliche Gemeinsamkeiten aus ihren jeweils einzigen Westernarbeiten, „Töte, Django“ und „Il Nero“, dechiffrieren. Zwei sehr spezielle Inszenierungen, die nicht nach den üblichen Formeln des Italo-Westerns gestaltet sind und sich als bizarre Konstruktionen zu erkennen geben.  

 

Einige Jahre bevor Corbucci seinen Weg mit Leichen pflasterte und einhergehend die Geschichte eines stummen Erlösers auf Zelluloid hauchte, visualisierte Questi eine von jeglicher Moral befreite Welt, die sinnbildliche Hölle auf Erden, in dessen Zentrum ein Gesetzloser, der zugleich als eine Art Heiland fungiert und zwischen zwei verfeindete Parteien gerät, tritt, um Rache zu nehmen.

 

Währenddessen werkt Questi, wie bereits erwähnt, nicht nach der üblichen IW-Formel, absolut nicht, denn der Regisseur greift gar dessen in Stein gemeißelte Ingredienzien an, jedoch weniger, um sie einer Revision zu unterziehen, sondern um Tabus zu brechen und Grenzen zu überschreiten. So werden beispielsweise die klassischen Desperados des italienischen Genrekinos, die staubigen, stets coolen und gerissenen Zuschauerlieblinge, als eine Schar von homosexuellen Cowboys, gekleidet in einheitliche Uniformen, dargestellt. Eine kostümierte Privatarmee, die jegliche Outfitklischees und - das ist besonders eigen - die Sexualorientierung der Bösewichte einer strikten Umkehrung unterzieht, was einem gewagtem Bruch mit dem Traditionellen gleichkommt.

 

„Und es ward ihnen gegeben, dass sie sie nicht töteten, sondern sie quälten - fünf Monate lang; und ihre Qual war wie eine Qual vom Skorpion, wenn er einen Menschen schlägt.“
(Die Offenbarung - Kapitel 9)

 

Religiöse Motive und Anspielungen auf das Christentum sind im Italo-Western nun wirklich keine Seltenheit. Man denke an die zahlreichen symbolischen Kreuzigungen, sowie an den Antihelden, der zum Heiland und Hoffnungsträger gekürt wird. Auch Questi findet Gefallen an der heiligen Schrift, lässt Django nach dem Massaker aus dem Reich der Toten zurückkehren (Frohe Ostern, Compañero!) und gemeinsam mit zwei indianischen Dienern (die Heiligen Zwei Könige) in ein von Psychopaten und Sadisten beherrschtes Westernkaff einziehen.

 

Das diese fehlgesteuerten Figuren, genannte Psychopaten und Sadisten, den gern zitierten Schuss nicht gehört haben, halte ich für eine sehr zahme Behauptung, denn ich bin der Meinung, dass sie selbst den Explosionsknall, den der Vulkan Krakatau auslöste, nicht vernommen hätten. Infolgedessen muss man den Darstellern ein überaus gutes Zeugnis ausstellen, da sie den Wahnsinn, der Questis Vehikel immerzu ummantelt, jederzeit authentische spüren lassen. Schaut euch einfach mal den Stadteinmarsch von Oaks und seinen Desperados genauer an und lasst die Mimiken und Gestiken der beobachtenden Dorfbewohner auf euch einwirken. Und? Mir laufen, bei der Ansicht dieser Szene, kalte Schauer über den Rücken. Ein Effekt der mir übrigens seit meiner ewig zurückliegenden Erstsichtung von „Töte Django“ erhalten blieb.

 

Wie bereits innert der Inhaltsangabe angerissen, ist der Fremde nicht besser als der übelste Desperado. Trotzdem stellt er die letzte Hoffnung innert einer verlorenen Gesellschaft dar. Eine Gesellschaft, die sich längst nicht mehr am Abgrund bewegt, da sie bereits am Endpunkt einer florierenden Dekadenz angelangt ist.

 

Fazit: „Töte, Django“ gehört (wie „Il Nero“ und „El Puro“) zum ganz speziellen Output des italienischen Westernkinos, halt jene Produktionen, welche den jeweiligen Mikrokosmos sowie seine Pro- und Antagonisten konstant intransparent darstellen, sodass diese allesamt nicht durchschaubar sind.


Was unter dem Strich bleibt ist ein brutaler, abschreckender und fortwährend böser Film, in dem Questi die Hölle auf Erden visualisiert und uns einhergehend das Abbild einer kranken Gesellschaft (in der wir einst lebten, gegenwärtig leben sowie auch Zukunft leben werden) zeigt, was dem Film zugleich eine ewige Jugendlichkeit respektive eine Zeitlosigkeit attestiert.

Veröffentlichungen

„Töte, Django“ war zur VHS-Zeit ein begehrtes Sammlerstück. Es machte schnell die Runde, dass dieser Film etwas Besonderes ist. Irgendwann in den 1990ern legte ich mir das VPS Tape (welches natürlich zahlreiche Kürzungen enthält) für 50 DM (Filmbörse, Saalbau in Essen) zu.

 

2003 wurde der Film von X-Rated erstmals in Deutschland ungeschnitten auf DVD (welche ein ordentliches Bild liefert) veröffentlicht. Negativ fallen allerdings die Nachtaufnamen auf, bei denen, warum auch immer, so gut wie nichts zu erkennen ist.

 

2014 beglückten uns filmArt mit einer HD-Auswertung (an der es nicht auszusetzen gibt) dieses Ausnahme-Western. 

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