Der Phantom Killer schlägt zu

Italien | Spanien, 1969

Originaltitel:

Viaje al vacío

Alternativtitel:

L'assassin fantôme (FRA)

L'assassino fantasma (ITA)

Macabre (USA)

Shadow of Death

Regisseur:

Javier Setó

Inhalt

Angebiedert von ihrer Ehe hintergeht die luxusverwöhnte Denise Ward (Teresa Gimpera) nicht nur ihre bessere Hälfte -den gut situierten John Ward (Larry Ward)- mit dessen eineiigen Zwillingsbruder Peter (Larry Ward), sondern schmiedet auch noch mit dem sauberen Geschwisterteil eine hochperfide Intrige, um sich somit das hochdotierte Erbe des gehörnten Gatten zu erschleichen. Doch dann tritt wie aus dem Nichts ihr von Geldsorgen geplagte Ex-Liebhaber auf den Plan, der dann auch sogleich Lunte wittert und das Ehebrechergespann mit ihrer unsauberen Tat zu erpressen versucht. Doch wer jetzt glaubt, dass dieser unschöne Schachzug den beiden Intriganten zum Ärgernis wird, der ist völlig falsch gewickelt, denn für Denise kommt der ungebetene Gast zur endgültigen Umsetzung ihrer geplanten Freveltat sogar wie gerufen: Kurzerhand integriert sie diesen ohne sein Wissen in das abgründige Intrigennetz, welches dann kurz darauf auch schon über dem Haupt des ebenfalls ahnungslosen Ehepartners ausgeworfen wird. Was folgt, ist ein unvorstellbares Martyrium, an dessen Ende die aus erbrechtlichen Gründen geplante Einweisung Johns in eine staatlich anerkannte Nervenheilanstalt steht. Wird der Plan gelingen und John letzten Endes seinen Verstand verlieren, oder kommt es am Ende doch noch völlig anders? Und was geschah eigentlich mit dem Ex-Liebhaber, Gert Muller (Giacomo Rossi Stuart)?

Review

"Was ist der Unterschied zwischen mir und meinem Bruder?"

 

Der spanische Regisseur Javier Setó inszenierte im Jahre 1969 das vorliegende Kleinod gelbfarbener Thrillerfilmkunst, dessen Geschichte dann nicht nur mit einer abgundtiefen Boshaftigkeit gesegnet ist, sondern auch schon das thrillerbeliebte 'Zwillingsmotiv' zum Thema hat, welches aber in späteren Genrewerken wie beispielsweise Brian de Palmas SISTERS – DIE SCHWESTERN DES BÖSEN oder Alberto de Martinos BLOOD LINK insgesamt glanzvoller umgesetzt wurde (in diesem Zusammenhang sei auch noch auf den irrwitzigen Zwillingszwist aus Renato Polsellis  MANIA hingewiesen). Javier Setós zwillingshafte Thrillerinszenierung wirkt dahingegen inszenatorisch nicht nur etwas halbgar, sondern stellenweise auch noch unvollkommen. Gleiches gilt auch für die eigentlich recht solide Kameraarbeit, welche zwar sowohl ansehnliche Bilder als auch zugleich recht interessante Einstellungen bietet, aber ihr eigentliches Potenzial letzten Endes nur anstzweise ausgespielt bekommt. Hinzu gesellt sich eine völlig an den Haaren herbeigezogene Geschichte, die nicht nur tiefgreifende Logigschlaglöcher hinterlässt, sondern sich spätestens im Finale auch noch in der Absurdität verliert. Aber dennoch bietet das Ganze einen recht soliden Unterhaltungswert, zumal die geschmiedete Intrige in Anbetracht des frühen Entstehungsjahres als beachtlich gnadenlos einzustufen ist und somit auch erst einmal seines Gleichen sucht.

 

Hierzulande feierte dieser bösartige Giallo im Jahr 1985 seine Premiere im TV (RTL Plus), wonach auch noch eine Veröffentlichung auf VHS (SK Video) folgen sollte. Und obwohl die deutsche Synchro eigens für die TV-Austrahlung erstellt wurde, klingt diese doch recht passabel, obgleich sie gegen eine hochwertigere Kinosynchro vermutlich den Kürzeren gezogen hätte. Weniger geglückt ist dagegen der deutsche Filmtitel, denn DER PHANTOM KILLER SCHÄGT ZU wirkt sowohl im Vergleich zum spanischen Titel VIAJE AL VACIOHAT (DIE REISE INS LEERE) als auch zum italienischen Titel L'ASSESSINO FANTASMA (DER GEISTERMÖRDER) mal wieder etwas zu übertrieben. Inhaltlich scheinen sich die italienischen, spanischen und deutschen Filmfassungen in so gut wie nichts zu unterscheiden, mit Ausnahme ein paar veränderter Schnittfolgen und einem späteren Musikeinsatz beim spanischen Vorspann.  

 

Bei der Filmmusik soll es sich übrigens um die erste offizielle Arbeit von Franco Micalizzi handeln, bevor sich dieser drei Jahre später mit seiner ohrwurmträchtigen Arbeit zu DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS in die Hall of Fame der italienischen Soundtrackkomponisten katapultierte. Sein Score für den vorliegenden Film ist bereits durchwegs gelungen und entpuppt sich auch als recht abwechselungsreich, wurde aber bis zum heutigen Tag leider noch nirgends veröffentlicht.

 

"Es ist so, als hätte ich vor mir die Stücke eines Geduldspiels, die ich nicht zusammensetzen kann"

 

Als Triebfeder des verwerflichen Treibens kann die rückgratlose Hausdame Denise Ward angesehen werden, die von keiner Geringeren als der spanischen Schauspielerin Teresa Gimpera (LUCKY M. FÜLLT ALLE SÄRGE, DER TANZ DES SATANS, EIN UNBEKANNTER RECHNET AB) verkörpert wird. Im Gegensatz zu Larry Ward (DIE SICH IN FETZEN SCHIEßEN, MEIN LEBEN FÜR DIE RACHE, BONANZA) der im Rahmen der vorherrschenden Zwillingskonstellation sogar auch noch eine Doppelrolle inne hat, legt die hübsche Spanierin eine tadellose Leistung an den Tag, wohingegen die Darbietung des US Schauspielers sowohl hölzern als auch etwas übertrieben wirkt. Der Vierte im Bunde hört auf den Namen Gert Muller, ist seines Zeichens nicht nur der Ex-Liebhaber der abgründigen Hausherrin, sondern auch ein gnadenloser Erpresser, der für sich aus der verabscheuungswürdigen Tat einen finanziellen Vorteil herausschlagen möchte. Dargestellt wird der narbengesichtige Rollencharakter von Giacomo Rossi Stuart (DIE TOTEN AUGEN DES DR. DRACULA, DÄMONEN AUS DEM ALL, DIE GROTTE DER VERGESSENEN LEICHEN), der seine Aufgabe auch erwartungsgemäß souverän erfüllt.

 

Nachdem also die gelangweilte Hausdame ihren Ehegatten John mit dessen sauberen Bruder Peter betrügt, fehlen den beiden nur noch die finanziellen Mittel, um ihren neu geplanten Lebensentwurf auch in die Tat umsetzen zu können. Und genau aus diesem Grund hat es die verdorbene Brut dann auch auf Johns Erbe abgesehen, wobei Peter  seinen Erbanteil bereits vor geraumer Zeit bis auf den letzten Cent durchgebracht hat. Der Haken an der Sache:  Den unliebsamen Bruder und Gatten einfach um die Ecke zu bringen ist im vorliegenden Fall  leider nicht drin, da John bereits vor geraumer Zeit testamentarische Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Eine Klausel besagt beispielsweise, dass die beiden habgierigen Erbschleicher im Falle von Johns Tod leer ausgehen, was diese wiederum dazu führt, einen hochperfiden Plan auszuklügeln, um wenigstens die Erbmasse des ahnungslosen und hoffentlich bald auch entmündigten Geschäftsmanns uneingeschränkt verwalten zu können. Als dann auch noch plötzlich der ungebetene Erpresser Gert Muller die Bildfläche betritt, scheint der richtige Augenblick zur Umsetzung des perfiden Plans gekommen zu sein. Was folgt, ist nicht nur ein rollentauschähnliches Verwirrspiel, sondern auch eine mehrtägige Psychofolter, die den gehörnten John schließlich in den Wahnsinn treiben soll; denn nachdem das unwissende Opfer von den beiden niederträchtigen Intriganten außer Gefecht gesetzt wurde, injiziert Denise diesem über mehrere Tage hinweg stets einen Kubikzentimeter der augenscheinlich hochwirksamen Droge 'Narkovenus', was wiederum dazu führt, dass Johns Gehirn aufgrund der ausgelösten Schlaflosigkeit nach und nach zermürbt.

 

Währenddessen gibt sich Peter in der Öffentlichkeit als sein Bruder John aus und verrichtet in dessen Namen allerhand unheilvolle Dinge. Dabei mischt er nicht nur seine alte Liebschaft Annie auf, sondern löscht auch noch als vermeintlicher Zwillingsbruder einem Menschen das Lebenslicht aus. Und genau diese bewusst herbeigeführten Schandtaten werden dann im Anschluss dem bereits schwer dahindelirierenden John in dessen völlig aus der Kontrolle geratenen Gedächtnisareale zu indoktrinieren versucht, wobei sich die gezeigte Verfahrensweise als äußerst haarsträubend herausstellt. Die nächste Stufe der unbarmherzigen Psychofolter stellt ein Gehirnwäscheprogramm 'made in Vietnam' dar, welches im damaligen Kriegstreiben sogar amerikanische Gefangene gegen ihre eigenen Landsmänner kämpfen ließ. Dabei handelt es sich um eine besonders voltstarke Form der Elektrokrampftherapie, von der dann auch eine kurze Szene in der allerersten Folge von ALLEIN GEGEN DIE MAFIA gezeigt wird: Während der Hausdurchsuchung des ermordeten Vorgängers von Kommissar Cattani (Michele Placido) schaltet sich plötzlich aufgrund einer technischen Vorkehrung das Fernsehgerät automatisch an, in dem dann gerade die entsprechende Folterszene aus DER PHANTOM KILLER SCHLÄGT ZU über die Mattscheibe flimmert.

 

Was von da an folgt, ist nicht nur ein epileptischer Anfall infolge der Elektroschocks, sondern schließlich auch das Erwachen aus dem bereits seit mehreren Tagen andauernden Alptraum. Dabei macht John erwartungsgemäß einen verwirrten Eindruck, denn die indoktrinierten Scheinerlebnisse zeigen schonungslos ihre Wirkung. Verstärkt wird das Ganze schlussendlich noch einmal durch das unbemerkte Verabreichen von Insulin, was wiederum zu einem erheblichen Glucosemangel mit einhergehenden Sinnestäuschungen führt. Und obwohl ihm jegliche der anwesenden Personen attestieren, dass er sich zum Zeitpunkt der vermeintlichen Taten in tiefster Bewusstlosigkeit befand, bleibt seine malträtierte  Gedächtniszentrale weiterhin fest der Überzeugung, Schuld an dem vermeintlichen Tod eines Menschen zu sein. Armer John! Wird es ihm trotz seiner geistigen Verwirrung gelingen, das Zustandekommen der schrecklichen Ereignisse aus seiner nicht mehr enden wollenden Gedankenflut aufzudecken, oder wird er sang und klanglos an seinen vermeintlichen Wahnvorstellungen zu Grunde gehen?

 

Abschließend sei auch noch auf das fulminante Finale hingewiesen, da in diesem nicht nur das rollentauschähnliche Verwirrspiel auf die Spitze getrieben wird, sondern angesichts dessen völlig überdrehten Abschlussszenarios sogar auch noch ein ganz klein wenig polsellihaft wirkt.

 

Fazit: ein bösartiges Intrigenspiel, bei dem das ahnungslose Opfer mit Hilfe von Drogen und Suggestion falscher Tatsachen in den Wahnsinn getrieben werden soll. Verwirrend und faszinierend zugleich!

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