Oklahoma John - Der Sheriff von Rio Rojo

Deutschland | Italien | Spanien, 1965

Originaltitel:

Oklahoma John

Alternativtitel:

Il ranch degli spietati (ITA)

O Homem de Oklahoma (POR)

Ranch of the Ruthless (USA)

The Man from Oklahoma (USA)

Deutsche Erstaufführung:

06. Mai 1966

Inhalt

Ein kleines Städtchen in New Mexico wird von dem mächtigen Rancher Rod Edwards (José Calvo) und seiner Gefolgschaft beherrscht. Terror und Mord sind aufgrund der allgemeinen Rücksichtslosigkeit an der Tagesordnung. Oklahoma John (Rick Horn) tritt den Posten des neuen Sheriffs an, da sein Vorgänger kaltblütig ermordet wurde, außerdem untersucht er den Fall Georgina White (Sabine Bethmann), deren Vater ebenfalls unter bislang nicht geklärten Umständen umgebracht wurde. Der neue Gesetzeshüter strahlt Autorität aus und fackelt nicht lange mit dem reichlich vorhandenen Gesindel herum, sodass Rod Edwards plötzlich um seine Machtstellung fürchten muss. Es kommt zu immer stärkerer Konfrontation und Gewalt, und für Oklahoma John ist es völlig klar, dass er den oder die Mörder unter Edwards' Lakaien suchen muss. Als schließlich Anschläge auf sein Leben folgen, sieht er sich auf der richtigen Spur, doch es erweist sich als sehr schwierig, Beweise zu sammeln. Wird er wieder Ruhe und Ordnung in der Stadt einkehren lassen und die Mörder zur Strecke bringen können..?

Autor

Prisma

Review

Jaime J. Balcázars 1964 erschienener Früh-Italowestern gefällt sich gleich von Anfang an darin, eine eindeutige Marschrichtung der Gewalt und Rücksichtslosigkeit zu skizzieren, die sich im weiteren Verlauf jedoch eher im Off abspielen wird. Interessant bei "Oklahoma John" ist, dass der Wind aufgrund der verschiedenen Produktionsländer sehr böig zu wehen scheint, was nicht immer positiv ausgelegt werden kann, da phasenweise ziemlich biedere, vielleicht sogar sentimentale Strecken auftauchen. Die unterschiedlichen Strategien, die heimischen Märkte zu bedienen, können einerseits und mitunter sicherlich für kleinere Überraschungen sorgen, doch andererseits dürfte sich bei Fans des Genres eher Enttäuschung einstellen, weil es hin und wieder einfach an Drive, Ideenreichtum und Würze fehlt. Außerdem geht es leider etwas zu vorhersehbar zu. In jenen Tagen wurden zahlreiche Western mit deutschem Blut - beziehungsweise Kapital - versehen, und die Vermarktungsstrategien beißen sich nach zahlreichen Präzedenzfällen doch sehr mit denen der anderen Produktionspartner. Davon, dass dieser Beitrag unliebsam auf den hiesigen Markt geworfen wurde, kann keine Rede sein, schließlich lag der fertige Film einige Zeit auf Eis, bis sich der kleinere Hermes Filmverleih dem Spektakel annahm, weil kein renommierter Großverleih Interesse gezeigt hatte. Dies muss allerdings nichts bedeuten, immerhin schafften es schon ganz andere Experimente oder Langweiler in die Kinos, die im Vergleich zu "Oklahoma John" qualitativ deutlich das Nachsehen haben. Der Einstieg setzt auf Tempo und es ist zu beobachten, wie ein Mann so gut wie totgeprügelt wird. In diesem Zusammenhang wird man noch einiges geboten bekommen, und es entsteht der Eindruck, dass hier hauptsächlich die Fäuste sprechen, aber natürlich auch die Colts.

 

Die grassierende Ungerechtigkeit ist sozusagen das Stichwort für die Titelfigur und den Protagonisten "Oklahoma John", der mit Skepsis, aber auch Hoffnung, von den Bewohnern empfangen wird, da man darauf spekuliert, dass er sich besser als seine Vorgänger behauptet, die im Endeffekt alle eines gemeinsam haben; nämlich dass sie allesamt bereits das Zeitliche gesegnet haben. Diese Anmerkungen deuten natürlich auf einen sehr hohen Verschleiß, aber auch auf brutale und unsentimentale Machenschaften hin, außerdem darauf, dass dieses Nest in New Mexico nicht gerade eine Hochburg für Recht und Ordnung sein dürfte. Die Integration der beteiligten Charaktere geschieht schnell und einprägsam, und im ansässigen Saloon bekommt nicht nur der neue Sheriff einen Überblick verschafft, mit wem er es letztlich zu tun hat. Damen und Dirnen werden belästigt, Betrunkene stellen ihre Impulsivität und Gewaltbereitschaft zur Schau, sodass die staubige Luft langsam zu brennen anfangen darf, oder wenigstens zu flackern. Zum guten Ton eines Eurowesterns gehörend, darf sich selbstverständlich eine internationale Besetzungsliste die Klinke in die Hand geben, die vom - unter Pseudonym spielenden - US-Amerikaner Rick Horn angeführt wird. Obwohl es sich offenbar um seinen ersten und einzigen Spielfilm handelt, kann man ihm eine solide Leistung bescheinigen, die schon beinahe routiniert aussieht. Mutig stellt er sich gegen das kriminelle Pack, das die Stadt im Würgegriff hält, und wundert sich daher weniger über die Anschläge auf sein Leben. Überhaupt ist sich der Verlauf für keine Konfrontation zu schade, wenngleich alles leider etwas einheitlich ausgefallen ist, was sich auch zu den Gegenspielern sagen lässt, die hier und da ruhig etwas vehementer hätten agieren dürfen. Dennoch machen José Calvo, Georg Herzig und insbesondere Karl-Otto Alberty sehr gute Figuren und wirken genau wie beispielsweise Tom Felleghy stichhaltig.

 

Die weibliche Hauptrolle formt Sabine Bethmann, die dem Zuschauer hauptsächlich aus Krimi, Drama, Abenteuer oder Lustspiel bekannt ist. Ihr Abstecher in das Reich der rauchenden Colts ist insofern nennenswert, da sie ihre Georgina White mit fast ungeahnten Nuancen ausstattet, zumindest für ihre Verhältnisse. Oftmals mit dem Eindruck in Verbindung gebracht, bieder und uninteressant, im Sinne von fehlenden Reibungsflächen und Tiefe zu sein, überrascht die Deutsche hier mit einer punktgenauen Interpretation, die dieser Geschichte, bei der ja effektiv ein bieder Touch mitschwingt, sehr zugute kommt. Ein Jahr zuvor noch als blasses, aber immerhin willenloses Instrument bei einem gewissen "Doktor Mabuse" unterwegs, ist die Mission Eurowestern nicht nur vergleichsweise äußerst gelungen, denn sie setzt die notwendige Körpersprache in dieser Produktion gewinnbringend ein. Die Rache einer Frau artet hier nicht in ein wildes Spektakel aus, sondern sie hasst ruhig und mit Kalkül, sie wartet passiv auf Genugtuung und Vergeltung, was sich besonders eindrucksvoll in ihren anfangs leeren Augen spiegelt, die einst voller Feuer und Vertrauen gewesen sein dürften. Zusätzlich dienstbar gemacht für eine sich anbahnende Liaison mit dem Protagonisten, manövriert sie sich ein Stück weit zurück in gängige Schablonen für die kinematografische Frau von damals, ohne dabei jedoch hilflos und nicht autonom genug zu wirken. Ihre attraktive Erscheinung, die sonst so gut wie immer zu Zwecken des schmückenden Beiwerks eingesetzt wurde, wird unter Balcázar zwar nicht umgekehrt, aber mit einer Ahnung von Tiefe ausstaffiert. Trotz eines ausgezeichneten Eindrucks hätte man sich insgesamt dennoch etwas mehr Mut gewünscht, da die positiven Aspekte ausschließlich wegen Sabine Bethmanns Person und deren Image greifen, nicht jedoch mit einer neuen Erfindung im Rahmen der Darstellung von Western-Ladys kompatibel ist.

 

Eindimensionalität ist eine der verschmerzbaren Krankheiten, an der das gesamte Genre mehr als nur einmal zu leiden hatte. Von daher ist es immer begrüßenswert alternative Angebote zu bekommen, und sei es nur bei der Wahl nicht handelsüblicher Darsteller. Sicherlich kann ein derartig abgestimmtes Diktat der jeweiligen Produktionsländer klassisch nach hinten losgehen, denn schließlich haben die Namen der Fehlbesetzungen auch etliche passende Gesichter gehabt, aber hier soll einfach nur betont werden, dass sich dem Empfinden nach ein zunächst unorthodox zusammengewürfelt wirkendes Ensemble sehr ökonomisch in die Hände spielt, und daher überzeugt. Was "Oklahoma John" auf der einen Seite aufwerten kann, wird andererseits im Rahmen der Dramaturgie abgewertet, da die Geschichte eigentlich nicht viel Neues offenbart, und das trotz des frühen Produktionsjahres. Die Zutaten Rache, Verstrickungen, Machthunger oder Hass hören sich vorab immer gut an für ein gut bekömmliches Gebräu, doch hier bekommt man den Eindruck nicht los, dass ein paar Höhepunkte, auf die ja sichtlich hingearbeitet wird, leider liegen gelassen worden sind, was auch insbesondere für das Finale gilt. Im Gegensatz dazu ist allerdings er wirklich routinierte Inszenierungsstil des spanischen Regisseurs Jaime J. Balcázar zu nennen, der seinen Film unaufgeregt und linear abhandelt. Besonders ohrenschmeichlerisch wirkt die Musik von Francesco De Masi, die Stimmungen unterstreicht und Situationen adäquat zu färben weiß. Alles in allem ist "Oklahoma John - Der Sheriff von Rio Rojo" als weitgehend gelungen zu bezeichnen, vorausgesetzt man hat ein paar Antennen für den zeitweise starren Tenor dieses Beitrags, und falls man ihm seine tatsächlich konservative Färbung verzeihen kann. Allesseher könnten also ihren verhaltenen Spaß mit dieser spanisch-italienisch-deutschen Melange haben, wobei Western-Gourmets und Desinteressenten sicherlich reserviert bis gelangweilt zurückbleiben dürften.

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