Mondo Cannibale

Italien, 1972

Originaltitel:

Il paese del sesso selvaggio

Alternativtitel:

Mundo Canibal (BRA)

El país del sexo salvaje (ESP)

Au pays de l'exorcisme (FRA)

No País dos Canibais (POR)

Sacrifice! (USA)

Deep River Savages

The Man from the Deep River

Mondo Canibale - Die Insel der erregenden Liebesspiele

Deutsche Erstaufführung:

06. April 1973

Regisseur:

Umberto Lenzi

Inhalt

Der Fotograf John Bradley (Ivan Rassimov) befindet sich auf einer Tour durch Thailand und plant ein paar Unterwasserfotos in einem kleinen Fluss im thailändisch-burmesischen Grenzgebiet zu schießen. Nachdem er in Bangkok bei einem Streit einen Mann erstochen hat, der ihn mit einem Messer angriff, setzt er seinen Weg schnell fort, begleitet Chuan, den er als Fahrer engagiert hat.

 

Bei seinem letzten Halt vor der Weiterfahrt per Boot auf dem Fluss, bittet er den Bootsbesitzer, niemandem zu verraten, dass er ihn gesehen hat. Das erweist sich als Fehler, denn nachdem Chuan während der Nacht von einem Giftpfeil getötet wurde, wird John von einem primitiven Stamm von Ureinwohnern gefangen genommen, die ihn aufgrund seines Taucheranzuges für einen Fischmenschen halten. Doch die junge Häuptlingstochter Maraya (Me Me Lai) mag Fisch. Unterstützung findet John auch bei der alten Taima, die als Einzige seine Sprache versteht.

 

Als John bei einem Fluchtversuch einen Krieger tötet, muss er dessen Platz im Stamm einnehmen. Zuvor steht ihm jedoch ein schmerzhaftes Aufnahmeritual bevor. Es gelingt ihm schließlich zu einem vollwertigen Mitglied des Stammes zu werden, und auch seine Liebe zu Maraya beginnt Früchte zu tragen. Doch das Glück der Beiden ist von Krankheit und Kannibalen bedroht.

Review

Nach seiner Giallo-Phase und vor seinen Ausflügen in den Polizeifilm kehrte Regisseur Umberto Lenzi mit „Mondo Cannibale“ nochmals zu seinen Anfängen im Bereich des Abenteuerfilms zurück – zeitgemäß mit mehr als nur einer Prise Nacktheit angereichert, ein paar blutigen Details und nach Vorbild der Mondo-Filme mit Tiersnuff. Dieser fehlte allerdings – soweit nicht handlungsbezogen – in der von mir aktuell gesichteten Fassung von 88 Films. Wer den Film bisher noch nicht kennt, wird das allerdings kaum bemerken.

 

Mit „Mondo Cannibale“ begründete Lenzi das eigentlich erst später erblühende und recht kurzlebige Genre des Kannibalenfilms. Dieses Erstwerk fällt jedoch – wie bereits erwähnt – eher in den Bereich des Abenteuerfilms denn in den Ekelhorror, und kann nicht nur mit schön gefilmten Bauwerken und Landschaften sondern obendrein mit einer herzzerreißenden Liebesgeschichte aufwarten. Das Dorf der „Primitiven“ sieht zwar für eine Behausung von nie mit der Zivilisation in Berührung gekommenen Eingeborenen viel zu kultiviert aus, das macht aber nichts. Dafür werden die in den späteren Szenen auftauchenden Kannibalen geradezu wie Untermenschen dargestellt, hässlich, gefräßig, geil und dumm wie Brot. Gar nicht nett, auch Kannibalen sind schließlich Menschen wie Du und Ich.

 

Die weibliche Hauptdarstellerin Me Me Lai sieht hier mit ihren Anfang zwanzig noch frisch und unverbraucht aus, von Silikon wie später in Lenzis „Lebendig gefressen“ (1980) noch keine Spur. Das HD-Bild offenbart jedoch die Mühe, die sie mit Dialogen und Mimik hat. Überrascht habe ich beim Durchchecken ihrer Filmographie heute festgestellt, dass sie keineswegs eine italienische Entdeckung war. Als Tochter eines Engländers und einer burmesischen Mutter wuchs sie offenbar in England auf und hatte ihre ersten Leinwandauftritte bereits zuvor, etwa in Ted Hookers „Der Leichengießer“ oder Val Guests „Au-Pair-Girls.“ Zu Ivan Rassimov wiederum sei bemerkt, dass es ihm gelingt, weite Strecken als alleiniger Hauptprotagonist zu bestreiten. Da bleibt ihm in der ersten Viertelstunde sogar Gelegenheit, ein gefühltes Dutzend von Jim Beam-Produkplatzierungen unterzubringen, die aufgrund der kurzen Laufzeit der Szenen vor seiner Gefangennahme wirklich ins Auge fallen.

 

Die Story von „Mondo Cannibale“ ist natürlich geklaut. Francesco Barilli und Massimo D’Avak haben hier Elliot Silversteins 1970 entstandenen „Der Mann, den sie Pferd nannten“ ein wenig umgeschrieben. Da ist sogar das Aufnahmeritual in sehr ähnlicher Form dabei, und während dort Richard Harris zunächst wie ein Hund behandelt wurde, ergeht es Ivan Rassimov in der Fischmensch-Phase des Films keinesfalls besser. Dann natürlich die Liebesgeschichte, die hier bei Lenzi auch für ein paar tränenreiche Momente mit tragischen Dialogen sorgt.

 

Produziert wurde „Mondo Cannibale“ von Ovidio G. Assonitis und Giorgio Carlo Rossi. Letzterer produzierte auch später Ruggero Deodatos „Mondo Cannibale 2 – Der Vogelmensch“, den Umberto Lenzi ablehnte, da man seine Forderung nach mehr Geld ablehnte. Dies bestätigt auch seine spätere Aussage, dass er „Die Rache der Kannibalen“ und „Lebendig Gefressen“ nur des Geldes wegen gemacht hätte, dort hat man seine Gehaltsvorstellungen offensichtlich erfüllt.

 

Als Letztes noch die Musik von Daniele Patucchi. Auch diese steht noch völlig im Zeichen des leichten Abenteuers, und der Schmusefaktor wird im Bereich des Kannibalenfilms wohl nur noch von Franco Campaninos Titelthema zu Mario Gariazzos „Amazonia: Kopfjagd im Regenwald“ (1985) getoppt. Dieser sei übrigens jedem ans Herz gelegt, der mal einen Kannibalenfilm ohne Fressorgien und Tiersnuff probieren möchte.

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