Das Bildnis des Dorian Gray

Deutschland | Italien | Großbritannien, 1970

Alternativtitel:

O Retrato de Dorian Gray (BRA)

El retrato de Dorian Gray (ESP)

Le dépravé - Dorian Gray (FRA)

Il dio chiamato Dorian (ITA)

A vida íntima de Dorian Gray (POR)

Dorian Gray (USA)

The Evils of Dorian Gray

The Secret of Dorian Gray

Deutsche Erstaufführung:

24. April 1970

Kamera:

Otello Spila

Inhalt

Wie es der Zufall will, lernt der Dorian Gray (Helmut Berger) den Kunsthändler und Lebemann Lord Henry Wotton (Herbert Lom) im Atelier des gemeinsamen Bekannten und Malers Basil Hallward (Richard Todd) kennen, der den jungen Mann porträtiert. Wotton ist fasziniert von der Unschuld und vor allem der Schönheit Dorians und er führt ihn in den Londoner Jet Set ein. Durch seinen Einfluss lernt der junge Mann die Vergnügungen und Verlockungen des Lebens kennen, auch seine zynischen und verunsichernden Bemerkungen lassen Dorian Gray nur zu einem Schluss kommen. Er will ewig jung bleiben, selbst wenn er dafür seine Seele hergeben müsste. Die Jahre verstreichen, die Bekannten um ihn herum verändern sich, doch er scheint tatsächlich ein dunkles Geheimnis zu haben, denn man sieht ihn unverändert jung und schön...

Autor

Prisma

Review

"Das Bildnis des Dorian Gray" brachte es seit Erscheinen des gleichnamigen Romans zu zahlreichen Verfilmungen und Massimo Dallamanos Adaption aus dem Jahr 1970 hält sich nur noch vage an die Vorlage, was allerdings keinen Grund zur Kritik darstellen soll. Handlung und Personen wurden in die tatsächliche Entstehungszeit verlegt, das Grundgerüst der Vorlage ist jedoch weiterhin erkennbar. Auch einige Textpassagen stimmen hier überein, die insbesondere Verwendung als Schlagworte finden. Vielleicht kann man dem Film bescheinigen, dass er sich von der Romanvorlage inspiriert zeigt, sich sogar im weitesten Sinne versucht zu emanzipieren und insgesamt ist es beim Anschauen empfehlenswert, dies losgelöst von Wildes Roman zu tun. Die Geschichte des narzisstisch veranlagten jungen Mannes, der sich quasi in sein eigenes Spiegelbild verliebt, ereignet sich im vom Zeitkolorit geprägtem London und transportiert daher eine, auch heute noch faszinierende Stärke der Bilder und Schauplätze, wobei von den Haupt-Charakteren natürlich nicht der ursprüngliche Schliff ausgeht. Was dem Film allerdings zugute kommt ist die Verpflichtung von Helmut Berger für die Titelrolle. Unabhängig von seiner Art zu interpretieren wirkt er nämlich tatsächlich wie der Prototyp des, oder eines Dorian Gray, den es überall und immer wieder geben könnte. Massimo Dallamano versucht hier viele Querverbindungen zu etlichen Genres zu knüpfen, so dass es von Drama bis Erotik auch zahlreiche andere Elemente zu finden gibt. Eines ist aber ohne jeden Zweifel entstanden, nämlich ein typisches Kind seiner Zeit, welches in vielerlei Hinsicht seine anziehende Wirkung auf den Zuschauer entfalten kann. Der Verlauf kann in Etappen eingeteilt werden, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen. So nimmt man zwischen Poesie bis Aggression viele Facetten wahr, die der Geschichte ein wechselhaftes, ja, beinahe unberechenbares Profil geben.

 

Hierzu trägt Helmut Berger in besonderem Maße bei, da man seine grundlegende Verwandlung hautnah miterleben kann. Zunächst muss einfach erwähnt werden, dass die Glaubwürdigkeit der Titelfigur hauptsächlich auf der äußeren Erscheinung des Österreichers basiert, möglicherweise könnte ein Dorian Gray ja genauso aussehen. Sicherlich verlangt das Drehbuch keine darstellerische Ausnahmeleistung, ein phasenweise oberflächlicher Tenor ist auch nicht zu leugnen, allerdings ist es die Präsenz Bergers hier überaus beachtlich. Innerhalb der bestehenden Möglichkeiten werden Aspekte wie Zerrissenheit, Angstzustände, Manipulation oder Ausschweifungen recht gut dargestellt, es bleibt unterm Strich eine spürbare Faszination zurück, die von der Titelrolle ausgeht. Die Produktion birgt ohnehin eine hervorragende europäische Besetzung, die bis in die kleinsten Nebenrollen namhaft besetzt ist. Als Lord Henry Wotton überzeugt Herbert Lom als zynisches Sprachrohr, Mentor und mahnende Instanz, alles auszukosten, bevor es zu spät ist. Konträr zu moralischem Verfall und fehlenden Tugenden steht Richard Todd als Basil Hallward, der das Bildnis geschaffen hat, und damit eigentlich Teil der Katastrophe ist. Schöne Frauen schwirren um das anziehende Licht Dorian Gray, von denen man ebenfalls sehr ansprechende Darbietungen präsentiert bekommt. Die Schwedin Marie Liljedahl, für die "Das Bildnis des Dorian Gray" bereits ihr vorletzter Film war, überrascht mit einer dynamischen Interpretation der Sybil, ihre bemerkenswerte Schönheit verhilft ihr zusätzlich in höhere Sphären der Glaubhaftigkeit. Sie steht vollkommen konträr zur Londoner Hautevolee, die zumindest bei den Damen verblüffende Gesichter von beispielsweise Margaret Lee, Eleonora Rossi Drago oder einer hier kaum zu fassenden Isa Miranda bekommen. Schließlich nimmt man vollkommen zufrieden wahr, dass die Produktion schon alleine aufgrund der Darsteller punkten kann.

 

Erneut stellt Massimo Dallamano seine besondere Fähigkeit unter Beweis, einen Film sehr gut strukturieren zu können, was hier wohlgemerkt nicht hauptsächlich am Leitfaden der Romanvorlage liegt. Trotz der quasi determinierten Geschichte kommt es zu sehr interessanten Erweiterungen und ansehnlichen Einfällen, die den geneigten Zuschauer blendend unterhalten können. Zwar wird thematisch sehr Vieles aufgegriffen, beziehungsweise angebahnt, allerdings liegt es letztlich an der Fülle begonnener Fragmente, dass man nicht überall zu zufriedenstellenden Abschlüssen gelangt, hin und wieder entsteht der Eindruck, dass der Dramaturgie ein bisschen mehr Tiefgang ganz gut gestanden hätte. Wie dem auch sei, "Das Bildnis des Dorian Gray" ist als Einheit gesehen ein nicht zu verachtender Film seiner Zeit geworden, der typische, oder vielmehr obligatorische Szenen diktiert. Hier ist natürlich der erotische Einschlag zu nennen, der sich schließlich als eine vollkommen erforderliche Zutat herausstellt, nicht zuletzt weil das Interesse auf sehr ästhetischen Einstellungen liegt, und man die richtigen Leute vor und hinter der Kamera versammeln konnte. Man nimmt Allianzen zwischen vielen Beteiligten wahr, die vor allem Kamera oder Musik mit einschließen, der Verlauf schimmert immer wieder in einem sehr eleganten Licht, was sich jedoch nicht als Fazit durchschlagen kann, vielleicht zugunsten einer gewissen Unterordnung durch die zeitgenössische Unterhaltungsmaschinerie. Nichtsdestotrotz präsentierte Massimo Dallamano einen durchweg unterhaltsamen Film, der interessante Persönlichkeiten offeriert, malerische Bilder präsentiert und für Atmosphäre steht, außerdem mit seiner auf Vielseitigkeit angelegten Geschichte überzeugen kann. So bleibt ein überaus gerne gesehenes Erotik-Drama auf weltliterarischem Nährboden, welches in der persönlichen Rangfolge einen ganz hohen Stellenwert genießt.

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Prisma

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