London 1899: als die Waise Sylvia Smith (Victoria Vera) volljährig wird, entlässt sie die Leiterin Miss Wilkins (Norma Kastel) angeblich in die Obhut einer ehrbaren Familie, die sie als Hausangestellte beschäftigen will. Stattdessen landet Silvia im Laboratorium eines furchtbar entstellten Mad Scientist, der sie lobotomisiert.
Zwei Wochen später wird auch Leonore (Sandra Mozarowsky) aus dem Waisenhaus entlassen, doch diesmal laufen die Dinge anders. Leonore trifft zufällig auf Sylvia, die sie nicht mehr erkennt. An eine Entführung glaubend, wendet sich Silvia zusammen mit dem Arzt Dr. Brown (Dean Selmier) an die Polizei.
Inspector Coldman (Ángel Menéndez) kommt die Sache spanisch vor und bleibt am Ball, während Leonore um ihr Leben fürchtet.
SCHOOL OF DEATH ist der letzte Film des 1919 in Almeria geborenen Pedro Luis López Ramírez. Dieser wollte zunächst Schauspieler werden, übernahm während einiger fruchtloser Versuche als Extra dann aber andere Aufgaben an den jeweiligen Filmsets, bis er in den frühen 50er Jahren Regie-Assistent von Rafael Gil wurde. Nach eigenen kommerziellen Regiearbeiten im Bereich der Komödie für offizielle spanische Franco-Kino wechselte er zum Fernsehen, wo er sich unter anderem in einigen Serien mit Literaturadaptionen einen Namen machte, und nicht zuletzt mit der Gruselserie TRAS LA PUERTA CERRADA (1964 – 1965), welche Adaptionen von bekannten Schauergeschichten präsentierte.
1972 wechselte Ramírez nach Barcelona, wo er für Firmen von Ignacio F. Iquino und Alfonso Balcázar tätig wurde. Zunächst entstanden die zwei wenig bekannten Western JUDAS…TOMAS TUS MONEDAS (1972) und NINGUNO DE LOS TRES SE LLAMABA TRINIDAD (1973), sowie der Trash-Giallo THE FISH WITH THE EYES OF GOLD (El pez de los ojos de oro, 1974) mit Wal Davis. Einige der dort verwendeten Darsteller nahm er dann mit in die nächste Produktion, die zugleich seine letzte Regiearbeit werden sollte: SCHOOL OF DEATH – denn die Spanier mochten den Film nicht. Zugleich ist es Ramírez „erfolgreichster“ Film im Ausland geworden, denn zumindest waren diesem in der Zukunft ein paar internationale VHS-Releases beschieden.
Um es vorauszuschicken: mir hat SCHOOL OF DEATH sehr gut gefallen. Das lag nicht zuletzt an einigen bekannten Gesichtern, hauptsächlich aber an der sorgfältigen Kameraarbeit von Antonio L. Ballesteros hijo, die neben stimmungsvoller Beleuchtung durch eine schöne Ausstattung unterstrichen wird. Die Story dagegen ist ein Eintopf bekannter spanischer Horrorfilm-Motive, was erklärt, warum das spanische Kinopublikum damit unzufrieden war. Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon. Am augenfälligsten ist natürlich die Ähnlichkeit der ersten Szenen im Waisenhaus, denn man stolpert zunächst in einen Abklatsch von Narciso Ibáñez Serrador‘ DAS VERSTECK (La residencia, 1969). Doch keine Sorge, der oberflächliche Eindruck täuscht, denn anschließend nimmt der Film eine andere Richtung, was aber nicht heißt, dass er sich nicht anderweitig bedient.
Während inhaltlich aus klassischen spanischen Horrorbeiträgen geschöpft wird, sieht Filmkenner Ismael Fernandez in stilistischer Hinsicht eher eine Ähnlichkeit zu den Horrorfilmen von Hammer Film Productions. Die Story wird spannend und bierernst erzählt, was dem geneigten Zuschauer freilich entgegenkommt. Nicht entgegen kommt der Film dem Wunsch nach Blut & Sex, denn ersteres ist nur spärlich, Letzteres gar nicht vorhanden. Dass der Film einen bleibenden Eindruck hinterlässt, ist schwer zu erklären, denn die Auflösung ist schon absurd.
ACHTUNG SPOILER:
Ein entstellter Mad Scientist, eine kriminelle Organisation, Züchtigung von Schutzbefohlenen, Lobotomisierung (nicht sehr erfolgreich) und Premature Burial, und all das nur, um ein mittelloses Waisenmädel im London des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf den Strich zu schicken? Ja, leck‘ mich am A…, da hätte es sicher einfachere Methoden gegeben. Seltsamerweise tut das im fertigen Film nicht ganz so weh, wie es klingt.
Die erste Erfolgswelle des spanischen Horrorfilms neigte sich dem Ende zu, aber nicht nur das führte zu Missgeschicken Beteiligter. Für Pedro L. Ramírez war es die letzte Regiearbeit. Norma Kastel (bekannt aus Jess Francos PERVERSE EMANUELLE, 1973) drehte nur noch einen weiteren Film, den 1977 entstandenen EL ESPIRITISTA von Augusto Fernando, in dem ein medial begabter Fotograf von dem Geist eines toten Mannes besessen wird, der ihn zwingt, fortan seine 50-jährige Frau zu besteigen. Zack, Karriere beendet.
Die weibliche Hauptrolle der Eleonore wird von der hübschen Sandra Mozarowsky (bekannt aus Amando de Ossorios DAS BLUTGERICHT DER REITENDEN LEICHEN, 1975)) gespielt, welche wohl eine der ersten Lolita-Typen Spaniens war. Zum Zweitpunkt von SCHOOL OF DEATH erst 16 Jahre alt, starb sie nur zwei Jahre später bei einem Sturz vom Balkon, um den einige Verschwörungstheorien kreisen, die mit König Juan Carlos und einer ungewollten Schwangerschaft zu tun haben. Offiziell handelt es sich aber um einen Suizid.
Der in den USA geborene Dean Selmier, der in SCHOOL OF DEATH in der Rolle des Dr. Edward Brown zu sehen ist, war ebenso wie Norma Kastel nur noch in einem weiteren Film zu sehen. Von sich reden machte er später mit einer Autobiographie, in der er behauptete, seine Tätigkeit als Schauspieler wäre nur eine Tarnung für seine eigentliche Beschäftigung als Killer für die CIA gewesen. Zu seinem Glück hat ihm das niemand abgekauft, und so lebte er ohne Handschellen oder Zwangsjacke weiter bis 2004.
Eine längere Karriere war dagegen der damals grazilen Victoria Vera beschieden, die man mindestens aus Claudio Fragassos MONSTER DOG (1984) kennt. Weitere spanische Genre-Stars, die in SCHOOL OF DEATH ihre Aufwartung machen, sind Ángel Menéndez, Tito García und Cris Huerta.
SCHOOL OF DEATH kann man ruhig mal gesehen haben.
EL COLEGIO DE LA MUERTE erschien in den USA von Mondo Macabro auf Blu-ray. Der Film hat dort eine Englische und eine Spanische Tonspur mit englischen Untertiteln, sowie einen Audiokommentar von Kat Ellinger. Als weiteren Bonus gibt es ausschließlich die altbekannte Mondo Macabro-Trailershow.