Tracklist:
Il Buono, il brutto, il cattivo
1 – Titoli di testa
2 – L’estasi dell’oro
3 – Il triello (Titoli finali)
4 – Il prefetto di ferro
5 – Navajo Joe
6 – Sesso in confessionale
7 – Il mercenario
Il mostro
8 – Profondamente nel mostro (1° parte)
Dalle ardenne all’inferno
9 – Ardenne’s theme marcia
Queimada
10 – Verso il futuro
La resa dei conti
11 – Titoli di testa (La caccia)
12 – La resa
13 – Titoli finali
14 – Sepolta viva
Un fiume di dollari
15 – Home to my love
16 – Un fiume di dollari
Holocaust 2000
17 – Holocaust
18 Faccia a faccia
Il sorriso del grande tentatore
19 – Dies irae
Ennio Morricone hat laut Wikipedia die Musik für über 500 Filme gemacht. 500 Filme, was für ein unglaublicher kreativer Output im Lauf einer Karriere von etwa 50 Jahren. Rein rechnerisch hat er also die komplette Musik für 10 Filme pro Jahr komponiert! Nicht nur das Titellied, sondern für jeweils 90 Minuten Score – erotische Szenen, spannende Szenen, lustige Szenen, und immer die Musik des Maestros. Und wenn man heutzutage den Namen Morricone erwähnt, wie lautet in 90% alle Fälle die Antwort? SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD, und wenn man nachfragt wird das Thema aus ZWEI GLORREICHE HALUNKEN gepfiffen. Lacht nicht, genau das ist mir passiert, und ich hatte Mühe meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten und nicht zu weinen …
Auch auf den allermeisten Morricone-Samplern sind oft die immergleichen Stücke drauf: ZWEI GLORREICHE HALUNKEN, ONCE UPON A TIME IN THE WEST resp. AMERICA, CINEMA PARADISO, MISSION, … Aber gottseidank gibt es Ausnahmen, und “Un’ora con Ennio Morricone“ ist so eine. Ein guter Grund sich einmal näher damit zu beschäftigen.
Eine Anmerkung: Im Text werde ich die deutschen Titel der Scores verwenden (so vorhanden), in der Tracklist die italienischen bzw. die originalen Titel. Ich denke dies dient der Übersicht am Besten. Über Einwände und andere Vorschläge würde ich mich selbstverständlich auch freuen.
Zugegeben, der Einstieg ist klassisch: ZWEI GLORREICHE HALUNKEN … Zuerst der Titeltrack, und dann die beiden Gassenhauer “L’estasi dell’oro“ und “Il triello“, also die Duellszene. Aber wollen wir mal nicht so sein, verdammt gute Musik ist das schon. Dutzendfach gehört, aber immer noch nicht langweilig. Weiter geht es mit dem Titeltrack zu DIE RACHE BIN ICH, einem Poliziotteschi über die Mafia im Italien Mussolinis. Eine düstere Melodie, die durch einen sehr treibenden Rhythmus und vielschichtig aufgebaute Streicher ungeheure Spannung aufbaut und Lust macht den Film, der in Deutschland leider nur auf VHS veröffentlicht wurde, einmal zu sehen.
Ein wilder Schrei ertönt, ein Chor stimmt mit der gleichen Melodie ein, eine Stratocaster legt mit einem mitreissenden Thema los: der Titeltrack von NAVAJO JOE ist was zum laut im Auto hören und dabei das Fenster geöffnet haben. Reißt garantiert jeden mit, und ist ein Ohrwurm allererster Kajüte. Die Filmbilder des skalpierenden Aldo Sambrell stellen sich fast sofort ein, und ein Schauer läuft den Rücken hinunter … Dann wieder ein Ausflug in Nicht-Western-Gefilde: SESSO IN CONFESSIONALE ist hochgradig atonal, baut aber gerade dadurch Druck auf und wirkt in seiner Gesamtheit sehr spannend und dicht. Ich würde den Film gerne mal sehen, handelt es sich doch tatsächlich um einen Dokumentarfilm! Dennoch würde die Musik auch zu jedem Thriller der 70-er Jahre passen.
Wieder zurück zum Western mit einem der ganz großen Themen, dem Titeltrack zu MERCENARIO – DER GEFÜRCHTETE. Elegisch, stimmungsvoll, lässig, typisch Morricone …
IM DIENSTE EINES MONSTERS aus dem Jahr 1977 ist in Deutschland nicht veröffentlicht worden. Der Track ist symphonisch und hat diese typische Morricone-Stimmung eines Thrillers aus dieser Zeit. Musik zum Nachhausefahren wenn das Wetter schlecht ist und die Stimmung trübe.
… UND MORGEN FAHRT IHR ZUR HÖLLE ist ein Kriegsfilm mit Krimihandlung. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall wird ein dunkler Chor über einen Marschrhythmus gelegt, eine kämpferische Trompete stößt dazu, und das Bild dunkler Wolken über einem zerstörten Europa taucht vor dem geistigen Auge auf. Beeindruckend.
QUEIMADA – INSEL DES SCHRECKENS beginnt mit leichter Perkussion, nur um innerhalb kürzester Zeit durch eine Kombination aus Atonalität und soften Streichern eine sinistre und fremde Atmosphäre zu kreieren. Ähnlich aufgebaut wie seine Musik zu VON MANN ZU MANN steigert sich das kontrollierte Chaos, hier bis zum tatsächlichen Schrecken. Keine Musik zum Kuscheln und Wohlfühlen, aber hochinteressant und spannend.
Dann ist wieder Westernzeit: 3 Tracks aus DER GEHETZTE DER SIERRA MADRE machen gehörig Lust auf den Film. Leider ist der von Christy gesungene Titeltrack nicht dabei, nur die instrumentale Version, aber auch die geht gut ins Ohr. Die anderen beiden Stücke sind dann Versionen des Titeltracks. Über SEPOLTA VIVA kann ich nicht viel finden, außer dass es wohl eine Alexandre Dumas-Verfilmung ist, und die Musik würde auch auf jeden tragischen Romy Schneider-Film passen. Was überhaupt nicht negativ gemeint ist!! Ihr wisst schon: Ein Mann, eine Frau, es regnet, Abschied … Genauso klingt der Track, und er ist wunderschön!
Und wieder ein Western, diesmal der Titeltrack von EINE FLUT VON DOLLARS und die dazugehörige Schnulze “Home to my love“, gesungen von einem gewissen Gino. Letzteres kann man sich durchaus schenken, ist die Schlagervergangenheit Morricones hier doch deutlich zu hören (inklusive dem Umstand, dass mir der Track nach bereits einmaligem Hören stundenlang im Kopf herumgeht). Aber der Titeltrack mit dem Western-typischen GadiloppGadilopp-Rhythmus, welcher Chor und Orchester unterlegt, der macht gehörig Laune und ist mal was anderes als die immergleichen Themen der Dollar-Filme.
Einer der Höhepunkte der CD ist der Titeltrack zu INFERNO 2000. Vielschichtig, ständig auf- und abschwellend, und dabei immer wieder neu Kraft schöpfend und doch immer in sich ruhend, ist der Track mal wieder ein Beweis für die schöpferische Kraft dieses Mannes. Ich meine, INFERNO 2000 ist nun alles andere als der große Mega-Millionen-Blockbuster, aber die Musik kann mit jedem Score der letzten 30 Jahre mühelos konkurrieren. Kolossal!
VON ANGESICHT ZU ANGESICHT ist auch so eine Sache. Der gesamte Soundtrack ist bereits herausragend, der hier vorhandene Titeltrack allerdings erzählt nochmal eine Geschichte völlig für sich. Ähnlich wie in DER GEHETZTE DER SIERRA MADRE tauchen beim Hören Bilder auf, die selbst wenn man den Film noch nicht gesehen hat, tatsächlich den Filmbildern entsprechen. Morricone erzählt eine Geschichte in Tönen, und diese Geschichte ist spannend, tragisch und in hohem Maße fesselnd und mitreißend.
Nach so viel Spannung Dramatik ist das Ende mit dem Score zu Damiano Damianis VERBANNT ruhig und entspannt. Vorerst. Ein gemischter Chor, unterlegt mit einer Kirchenorgel, pointilliert Töne wie ein Mosaik oder wie ein Puzzle, und das nach und nach dabei entstehende Gesamtbild schimmert schließlich wie ein Gemälde im Halbdunkel – Mysteriös und verlockend, aber nie alle seine Geheimnisse völlig aufdeckend. Hier ein Schrecken, dort eine Ruhepause, ein angespielter kräftiger Rhythmus, ein kurzes Crescendo einzelner Töne, und wie in einem Gemälde eines großen Meisters ergibt die Zusammenführung aller einzelnen Komponenten ein beeindruckendes Gesamtbild. Auch ein Film der mich mal interessieren würde. Bei dieser Musik ….
Insgesamt also eine CD, die ein sehr breites und vielschichtiges Bild dieses Ausnahmekünstlers malt. Wer tiefer in die Musik Morricones einsteigen möchte hat hier einen sehr guten Ansatzpunkt, auch wenn leider zu den einzelnen Filmen überhaupt keine weiteren Informationen mitgeliefert werden. Trotz des Gemischs aus Western und Nicht-Western klingt die CD weitgehend homogen, und macht sowohl beim bewussten Zuhören wie auch als Hintergrundmusik viel Spaß. Sehr zu empfehlen!