Bloodlust
Dr. Jekyll and His Women
The Blood of Dr. Jekyll
Nel profondo del delirio (ITA)
Le cas estrange du Dr. Jekyll et de Miss Osbourne (FRA)
In den Straßen Londons geschehen grausige Mordtaten. Immer mehr Frauen werden vergewaltigt und ermordet aufgefunden. Zur gleichen Zeit richtet der anerkannte Mediziner Dr. Henry Jekyll (Udo Kier) anlässlich seiner Verlobung mit Miss Fanny Osbourne (Marina Pierro) eine kleine Feier im Kreise der Familie und der Londoner High Society aus. Als plötzlich im Hinterhof des Hauses die Leiche eines kleinen Mädchens gefunden wird, gerät die Gesellschaft in Panik. Selbst innerhalb der Partygesellschaft tauchen die ersten Leichen auf. Der Killer scheint plötzlich unter den Gästen zu sein. Als schließlich noch der mysteriöse Mr. Hyde das Haus betritt und Dr. Jekyll immer wieder in sein Labor verschwindet, bricht die Hölle los…
Walerian Borowczyk zeigt an der Person des Dr. Jekyll/Mr. Hyde einmal mehr, wie bereits bei „La Bête“, die zwei Seiten des menschlichen Wesens: die humane, sowie die sündhafte animalische Seite, die durch die Verwandlung in Mr. Hyde zum Ausdruck gebracht wird. Dabei ist der Film nicht minder obskur wie sein Vorgänger geraten. Wenn Mr. Hyde seine Opfer mordet, wird nicht einfach so mit Messer gemeuchelt, sondern die Opfer werden mithilfe seines übergroßen Gliedes (in der ungeschnittenen Fassung explizit zu sehen) ins Jenseits befördert. Trotz dieses offensichtlich sleazigen Stilmittels ersäuft der Film nie darin, denn er ist über die komplette Laufzeit sehr künstlerisch in Szene gesetzt. Fast träumerisch mutet das Kammerspiel durch den starken Einsatz von Weichzeichnern und überstrahlender Beleuchtung an. Zu jeder Zeit ist Borowczyks Talent für schöne Bilder und Erotisierung von Gegenständen sichtbar.
Die Besetzungsliste ist ebenfalls durchaus prominent ausgefallen. Udo Kier verleiht, durch seine leidende Mimik, der Person des Dr. Jekyll einen leicht tragischen Charakter und erinnert gerade dadurch an seine Performance als Dracula in Andy Warhols „Blood for Dracula“. Marina Pierro sollte Borowczyk Fans, sowie Eurokult-Veteranen definitiv auch ein Begriff sein. Die gebürtige Italienerin stand beispielsweise schon für Borowczyk in „Unmoralische Engel“, „Ars Amandi“ sowie für Jean Rollin in „Lady Dracula“ vor der Kamera. Auch Patrick Magee hat sich für viele Eurokult-Fans durch seine Auftritte in Amicus' „Tales from the Crypt“ Verfilmung sowie in Lucio Fulcis „The black Cat“ ins kollektive Gedächtnis gebrannt.
„The Strange Case of Dr. Jekyll and Miss Osbourne“ ist definitiv nicht für jedermann zu empfehlen, dafür fehlt es ihm einfach an Tempo und Stringenz. Wer jedoch Freude an obskuren Filmen, sowie an wunderschön gefilmten Bildern hat, kommt an dem Film nicht vorbei. Besonders gelungen sind zudem die letzten 15 Minuten des Streifens, in denen die Leinwand förmlich zum Leben erwacht und ein Inferno der Sünde auf den Zuschauer hereinbricht. Das Kammerspiel, das metaphorisch eigentlich nur die Gefangenschaft in konservativer Gesellschaft darstellt, öffnet sich nun, und lässt die Protagonisten aus diesem ausbrechen. Ein Ende von erschütternder Wucht und der vollen Kraft des Kinos, das seinesgleichen sucht. Für Eurokult-Fans auf jeden Fall ein unverzichtbares Werk, das man gesehen haben sollte.