La chute de la maison Usher (FRA)
Los crímenes de Usher
Revenge in the House of Usher (GBR)
Zombie 5 (USA)
Revolt of the House of Usher
The Fall of the House of Usher
Névrose
Neurosis
Alan Harker (Antonio Mayans) besucht das Schloss von Dr. Eric Usher, einem alten Mann, der schwere Schuld auf sich geladen hat. Er ist dement und dem Tode nahe, während seine Frau Edmunda (Fata Morgana) in den Kellern des Schlosses in einem katatonischen Zustand zu ruhen scheint. Der Untergang des Hauses Usher ist nahe.
Eine knackig kurze Inhaltsangabe, die diesmal aus reiner Not so kurz ausgefallen ist. Denn auch wenn ich mich hauptsächlich zur Eurociné-Fassung äußern will, seien auch die ersten zwei Versionen des Films erwähnt, die sich inhaltlich mal mehr mal weniger stark unterscheiden.
Die Originalversion „El hundimiento de la casa Usher“ wurde von der kurzlebigen spanischen Firma „Elite Film“ produziert und im November 1982 von Jess Franco mit minimalistischsten Mitteln gedreht. Mit nur fünf Mann als Crew und einer Handvoll Darstellern inszenierte Franco seine Adaption von Poes „Der Untergang des Hauses Usher“ so nüchtern wie ein Theaterstück. Howard Vernon spielt seinen Dr. Eric Usher als dementes Interior im Castillo de Santa Catalína wie ein Ein-Mann-Stück. Freilich gibt es weitere Darsteller, doch die halten sich bedeckt. Der Eindruck, den die erhaltenen Szenen aus „El hundimiento de la casa Usher“ hinterlässt, ist ein Szenario tiefster Melancholie, das – wenn man nicht die falsche Erwartungshaltung hat – durchaus die Magie entfalten kann, den Zuschauer in seinen maroden Bann von Wahnsinn und Verfall zu ziehen. Francos Aussage, dass es sich hierbei um eine werkgetreue Verfilmung des Poe-Stoffes handelt, sollte man trotz vieler Originalzeilen aus Poes Geschichte, im übertragenden Sinne verstehen.
Da „El hundimiento de la casa Usher“ seit seiner einzigen Aufführung - einem wahren Fiasko beim Imagfic 1983: IV Festival Internacional de Madrid de Cine Imaginario y de Ciencia Ficción (18. bis 26. März 1983) – als verschollen gilt, kann man lediglich an den nachfolgenden beiden Fassungen erahnen, wie Francos Originalversion ausgesehen haben mag. Preisgünstig inszeniert, aber sorgfältig gefilmt, verweigerte sich „El hundimiento de la casa Usher“ komplett allen Anpassungen an einen Horrorfilm der Achtziger, was von einem Publikum mit fehlgeleiteter Erwartungshaltung leider mit Gelächter und Buhrufen quittiert wurde. Somit erwies sich „El hundimiento de la casa Usher“ als unverkäuflich. Es existiert lediglich ein 67-minütiger Fan-Edit, der aus Fassung 2 + 3 montiert wurde und somit 18 Minuten der Originalfassung vermissen lässt. Zudem dürfte die Musik abweichen, die zwar in allen drei Fassungen von Daniel White stammte aber stets unterschiedlich war.
1984 filmte Franco mit Howard Vernon, „Viaje a Bangkok, ataúd incluido“ und so drehten sie nebenher drei explizitere Szenen zu „El hundimiento de la casa Usher“, die u. a. Vampirismus und einen Kindermord (an Flavia Mayans) beinhalten. Mit diesen entstand die zweite Fassung "Los Crímenes de Usher". Doch auch von dieser Fassung hat lediglich ein Workprint überlebt, den man einst im Internet finden konnte, bevor das eD2K-Netz sein Leben aushauchte. Die erwähnten drei Szenen finden sich jedoch als Bonus auf der X-Rated DVD von „Die Rache des Hauses Usher“. Howard Vernon spielt diese Szenen auf faszinierende Art und Weise. Verspielt wie das böseste Kind, das eine Ratte zerlegt, sieht man Großaufnahmen eines von Wahnsinn und Demenz gezeichneten Gesichts, dass mit blutigen Lippen die Früchte seiner Schandtaten von der Messerklinge leckt. "Los Crímenes de Usher" ist meine bevorzugte Fassung dieses Films.
Und damit zu Nr. 3, und da Redemption sich lediglich bequemt hat, diese Eurocinè-Fassung unter dem Titel „Nevrosis“ (Revenge in the House of Usher) auf Blu-ray zu veröffentlichen, will ich auch so bösartig sein und diese ausführlich behandeln. 1988 kaufte Eurocinè die Rechte an Francos Material, und hallo: die Szenen aus „Los Crímines de Usher“ fehlen komplett, also gehe ich mal davon aus, dass Eurocinè „El hundimiento de la casa Usher“ gekauft hat. Wo ist also der Originalfilm, Ihr Säcke? Raus damit! Oder habt ihr alles, was Ihr nicht brauchtet, weggeworfen? Aber Spaß beiseite, denn hier endet aller Spaß, den dieses Werk bereiten könnte.
Eurocinè hatte eine völlig andere Herangehensweise an das Material. Die Geschichte um Eric Usher sollte mit Francos „Der schreckliche Dr. Orloff“ (Gritos en la noche, 1982) verknüpft werden, zusammen mit ein paar neu gedrehten Szenen, in denen Morpho (hier unglaublich mies gespielt von Olivier Mathot) noch im Keller des Schlosses rumlungert. Um zu verhindern, dass sich jemand anders an seinem Material vergreift, ließ Franco sich breitschlagen, diese neuen Szenen selbst zu drehen, und diese sind bemerkenswert schlecht, weshalb er den letztendlichen Credit hierfür wohl gerne Mathot überließ.
In „Die Rache des Hauses Usher“ ist Schlossbesucher Alan Harker (Antonio Mayans) ein ehemaliger Student von Dr. Usher und dessen Einladung gefolgt. Der demente Usher erinnert sich nicht mehr daran, doch wo Harker schon mal da ist, will er ihm seine Lebensgeschichte diktieren, die gleichzeitig eine Beichte seiner Sünden darstellt. Denn im Keller des Schlosses liegt katatonisch Ushers Tochter Melissa (Françoise Blanchard), die an einer seltenen Blutkrankheit leidet. Um sie am Leben zu erhalten, hat Usher Prostituierte und Tänzerinnen entführt und ermordet, um seine Tochter mit deren Blut zu versorgen. Untermauert wird dies durch Rückblenden, die aus Szenen von Francos „Der schreckliche Dr. Orloff“ (1962) stammen. Dass man hier Farbsequenzen mit Szenen aus einem S/W-Film kombiniert hat, finde ich jetzt nicht so problematisch, denn es sind nun mal Rückblenden. Das geht durch.
Dr. Orloffs Tochter Melissa hatte freilich ein anderes Problem, nämlich ein durch einen Laborbrand entstelltes Gesicht. Da dies nicht auf Ushers Tochter zutrifft, wurde geschummelt. In den Rückblenden verkauft man dem Zuschauer eines von Orloffs Opfern als Melissa. Na, schon verwirrt? Wundert mich nicht, denn „Die Rache des Hauses Usher“ ist leider ziemlich ärgerliches Flickwerk. Morpho kann inzwischen sprechen, auch wenn er es besser gelassen hätte. Er legt sogar die Infusionen für Melissa, da Dr. Usher seine arthritischen Hände nicht mehr benutzen kann. Dabei schreien die Blutspenderinnen wie am Spieß. Kein Wunder, denn Morpho ist bekanntlich blind. Von dem würde ich mir auch keine Kanülen und Schläuche irgendwo einführen lassen.
Bei einem nächtlichen Spaziergang durchs Schloss trifft Harker auf Dr. Usher, der – nur unzureichend am unteren Bildrand zu erkennen – ein blutiges Messer in der Hand hält und sich offensichtlich über ein Opfer beugt, das wir nicht sehen können. Sehr schlecht eingefügte Szene. Ebenfalls trifft Harker im Keller auf den Diener Mathias (Antonio Marín), der ihm (auf der französischen Tonspur) berichtet, er sei seit Monaten dort eingesperrt. Für den Zuschauer ist das verwunderlich, da Mathias erst kürzlich noch bei einem medizinischen Eingriff des Doktors dabei war. Außerdem sieht die Wunde in seinem Gesicht sehr frisch aus. Doch damit ist die Kellertour für Harker noch nicht vorbei. Unfreiwillige Blutspenderinnen hängen in einer Zelle an Ketten und berichten ihm ihr Leid. Keine von ihnen bewegt dabei die Lippen. Was für ein Pfusch.
Am Ende hat Harker noch eine Begegnung mit… ja, wem eigentlich? Es scheint Dr. Ushers Ehefrau Edmunda (Fata Morgana) zu sein, die geisterhaft (oder ist sie in Version No 3 ein Geist?) durchs Schloss schleicht. Am nächsten Morgen macht ihm die Zofe Ana weis, sie sei es gewesen, und den Rest habe er nur geträumt. Harker ist es egal, der Doktor hat sie nicht alle, und er will abreisen. Doch Ushers Hausarzt Dr. Seward (Daniel White) überredet ihn zu bleiben, und so wird Harker Zeuge vom Ende Ushers, der im wahrsten Sinne des Wortes von den Geistern seiner Vergangenheit zur Strecke gebracht wird.
Ich hasse „Die Rache des Hauses Usher“. Aber ich glaube, Francos Originalversion würde ich lieben, während sie andere zu Tode langweilt. Mich persönlich spricht die traurige Melancholie, die die verbliebenen Originalszenen verströmen, jedoch sehr an.