Night of Open Sex

Spanien, 1983

Originaltitel:

La noche de los sexos abiertos

Alternativtitel:

The Night of Open Sexes

Regisseur:

Jesús Franco

Drehbuch:

Jesús Franco

Inhalt

Der Zuhälter Vickers beauftragt die Nachtclub-Actrice Moira (Lina Romay) sich als die Nichte eines verwundeten Generals (Albino Graziani) auszugeben, um diesem vor seinem Tod das Versteck eines Goldschatzes zu verraten. Doch der Schatz ist nur über ein musikalisches Rätsel zu finden und Moira tut sich mit dem Detektiv Al Crosby (Antonio Mayans) zusammen, um dieses zu lösen.

Review

Über manche Franco-Filme zu schreiben, ist wirklich schwierig. Viel Neues gibt es eh nicht mehr zu sagen, seit Stephen Thrower vieles (unsagbar vieles!) aufgedröselt hat, an dem man verzweifeln würde, hätte man nur die Angaben von etwa der IMDb zur Verfügung, welche in Bezug auf „La noche de los sexos abiertos“ herausragend schlecht sind.

 

„La noche de los sexos abiertos“ ist ein wahrlich seltsamer Film. Um zu verstehen, wie es zu solch Seltsamkeit kommen kann, bedarf es ein paar Hintergrundinfos. Franco hat bekanntlich viele seiner Stoffe mehrfach verwendet, so auch hier. Poes „Der Goldkäfer“ hatte es ihm angetan, auch wenn bei Franco selten mehr als das Thema der Schatzsuche blieb. Weitere Adaptionen wären der kürzlich von der Filmoteca Española restaurierte „Vaya luna de miel/El escarabajo de oro“ (1980), dem zuvor die Endbearbeitung fehlte. Warum Franco sich entschloss, so kurze Zeit später noch Mal dasselbe zu verfilmen („La Noche de los Sexos abiertos“ entstand im Herbst 1981, zeitgleich mit „Macumba Sexual“), wird wohl sein Geheimnis bleiben. Eine weitere, noch mehr von der Originalstory entfernte Adaption wäre „En busca del dragón dorado“ (1983), Francos Vorstellung von einem gelungenem Kinderfilm. Breiten wir den Mantel des Schweigens darüber, dafür bin ich noch nicht bereit.

 

Natürlich ist Die Nacht der offenen Mumus eine 2 Mark Fuffzig-Produktion der Larragas für deren Golden Films, und somit findet die erwähnte Schatzsuche weitgehend in Hotelzimmern statt. Zu Francos Arbeiten für Golden Films sei hier erwähnt, dass diese eine nicht geringe Verlockung für ihn darstellten. Die Budgets mögen so niedrig gewesen sein wie nie zuvor, aber er hatte völlige künstlerische Freiheit. Das bedeutet: diese Filme sind nur für eingefleischteste Franco-Fans, denn seine kommerziell verdaulichsten Arbeiten lieferte Franco unter strengster Kontrolle durch etwa Harry Alan Towers (mit Maria Rohm als Berichterstatterin für ihren Ehemann) oder Erwin C. Dietrich. Letzterem ist Franco allerdings ein paar Mal durch die Lappen geschlüpft, doch diese lange Geschichte gehört hier nicht her.

 

Also was ist so seltsam an „La noche de los sexos abiertos“? Einerseits ist er noch etwas üppiger mit Darstellern gesegnet als andere Arbeiten für Golden Films, wo sich die Hauptakteure auf zumeist 5 Personen beschränkten. In diesem Film bekommen wir noch ein paar Statisten zu sehen, auch wenn die Szenen hierfür Archivmaterial sind, das Franco in Torremolinos drehte und mehrfach verwenden würde. Andererseits tischt Franco seinen Zuschauern hier eine seltsame Mischung auf. Schon der Vorspann deutet darauf hin. Eine lange Autofahrt eine nächtliche Strandpromenade entlang (Gran Canaria), untermalt von melancholischer Fado-ähnlicher Musik wird wiederholt durch eine Nachtclubperformance zu lauten rhythmischen Klängen unterbrochen, in denen sich Lina Romay auf einem Auto räkelt und dabei die Versprechungen des Filmtitels erfüllt. Doch nur kurze Zeit später foltert sie als Moira die Generalsnichte Tina (Juana de la Morena) mit einem erhitzten Lockenstab, den sie ihr an die die Schamlippen hält, Rauch aufsteigend. Das soll die sympathische Protagonistin des Films werden?

 

Ja! Und es kommt noch besser. Dieses Treiben von Moira und dem Zuhälter (?) Vickers wird beobachtet von dem Privatdetektiv Al Crosby, den wir schon aus Francos „Pick-up Girls“ (La chica de las bragas transparentes, 1981) kennen, wieder gespielt von Antonio Mayans. Nur kurze Zeit später entführt und vergewaltigt dieser Moira, anschließend sitzen beide gemütlich plauschend auf der Veranda (nach einem zusätzlichen Blow-Job) und Moira beschließt, sich mit Crosby zusammen zu tun, denn schon viel zu lange habe sie nach einem Mann gesucht, mit dem sie so viel Spaß haben kann. Spaß? Na gut, ihre Sache.

 

Auch für unfreiwillige (?) Komik ist gesorgt. Linas zweite Nachtclub-Performance, in denen sie Bilder in Pornoheften ableckt, kommt anfangs etwas schräg rüber. Sie bekommt das aber hin. Ebenso wenn sie Tony Skios‘ schlaffen Penis zu erregen sucht, der trotz aller Liebesmüh allerdings in diesem Zustand verbleibt. Eine spätere Chaiselongue-Nummer mit Mayans soll wohl lustig sein, ist aber irgendwie peinlich. Apropos: alle Sexszenen im Film sind sichtlich gestellt, müssen sie auch sein, ist schließlich ein „Classificada S“-Film. Trotzdem gibt es einiges an Schamlippen zu sehen, das war erlaubt. Am Ende der Goldsuche stoßen unsere zwei Spaßmacher jedenfalls auf ein Versteck mit Goldbarren, die verdächtig nach in Goldfolie gewickelte Schokoladentafeln aussehen.

 

„La Noche de los Sexos Abiertos“ wurde größtenteils auf den Kanarischen Inseln gedreht, sicheres Indiz dafür ist neben dem (2005 bei einem Sturm verschütt gegangenen) Finger Gottes die Anwesenheit von Albino Graziani. Am Schluss erlaubt sich Franco noch ein Location-Späßchen mit uns. Das Finale findet in einer Finca statt, die sich auf Gran Canaria befindet aber mit den markanten Treppen des Muralla Roja-Komplexes in Calpe, Alicante kombiniert wurde. Diesen kennen Franco-Fans beispielsweise aus „Die perverse Gräfin“ (La Comtesse Perverse, 1974) oder „Lolita am Scheideweg“ (Eugenie (Historia de una perversión), 1980). Die Kameraarbeit übernahm Franco in „La noche de los sexos abiertos“ komplett selbst, da sein damaliger Regular Juan Soler gerade nicht verfügbar war.

 

Für die Musik sind eine Carloto Perla und Pablo Villa gecredited. Erstere klingt, als wäre es Franco selbst, auch wenn der das im Interview mit Stephen Thrower mal abgestritten hat. Die Stimme klingt aber sehr nach ihm. Hinter dem Pseudonym Pablo Villa verbergen sich üblicherweise entweder Jess Franco, Daniel White oder beide zusammen. In „La noche de los sexos abiertos“ ist die Musik zusammengeklaubt aus mindestens „Feuchte Lippen“ (Cocktail spécial, 1978), „Las chicas de Copacabana“ (1981) und „Macumba sexual“ (1983).

 

In einer Nebenrolle ist Nadine Pascal zu sehen, aber hier verkackt die IMDb völlig. Pascal spielt die Rolle von Moiras Freundin unter dem Pseudonym Eva Palmer. Die IMDb benennt als Darstellerin eine „Lorna Green“ und klickt man auf diese Dame, findet man immerhin 12 Credits als Darstellerin. Ich kann allerdings nicht behaupten zu wissen, ob es sich bei allen diesen Credits um Nadine Pascal handelt. Weiterhin benennt die IMDb neben Antonio Mayans einen gewissen Robert Foster… haben wir alle gelacht. Franco selbst hat ein Cameo als gefesselter und geknebelter Graf, der Crosby und Moira unfreiwillig Unterschlupf gewährt.

 

Severin Films veröffentlichte dieser Tage „La noche de los sexos abiertos“ als „Night of Open Sex“ auf Blu-ray, zeitgleich mit „Gemidos de placer“ (als „Cries of Pleasure“, 1983). Beide Veröffentlichungen seien Franco-Fans dringend ans Herz gelegt, nicht zuletzt wegen der ersten beiden Teile der Location-Tour von Stephen Thrower durchs Franco-Land (Spanien und Portugal). In diesen ersten beiden Features besuchte er Lissabon, Cascais und Sintra, so wie meine Frau und ich im letzten Jahr. Aber natürlich ist Thrower viel firmer im Erkennen dieser Locations als ich, und somit war ich erstaunt und begeistert, wie viel Franco-Locations ich auf dieser Reise tatsächlich besucht und fotografiert habe, meist ohne es überhaupt zu wissen.  Und leider auch, wie viele ich verpasst habe, obwohl sie gleich um die Ecke waren.

Links

OFDb
IMDb

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