Die Nibelungen - Teil 1: Siegfried

Kroatien | Deutschland, 1966

Originaltitel:

Die Nibelungen - Teil 1: Siegfried

Alternativtitel:

Los nibelungos, 1ª parte: la muerte de Sigfrido (ESP)

La vengeance de Siegfried (FRA)

I Nibelunghi (ITA)

A quienes los dioses quieren destruir (MEX)

A Ira Dos Deuses (POR)

Whom the Gods Wish to Destroy (USA)

Siegfried

Deutsche Erstaufführung:

13. Dezember 1966

Regisseur:

Harald Reinl

Inhalt

Am Hof der Burgunder unter König Gunther (Rolf Henniger) erzählt man sich die Geschichte des Siegfried von Xanten (Uwe Beyer). Dieser schmiedete ein unzerstörbares Schwert mit diesem er den Drachen Fafnir erschlug und in dessen Blut badete, um Unverwundbarkeit zu erlangen. Auf seinen Rücken fällt jedoch ein Lindenblatt, so dass eine verwundbare Stelle verbleibt. Anschließend erobert er von Zwergenkönig Alberich den Nibelungenhort nebst Schatz, Tarnkappe und dem Ring Brunhilds (Karin Dor). Gemeinsam mit Alberich begibt sich Siegfried nach Isenland, wo Brunhild – von den Göttern bestraft – hinter einem Feuerwall schläft, bis jemand sie befreit und ihr den Ring wieder an den Finger steckt.

 

Siegfried durchbricht den Feuerwall und erweckt Brunhilde, die in Liebe zu ihm entflammt. Sie bittet ihn zu bleiben und den magischen Keuschheitsgürtel von ihr zu nehmen, den nur der Mann an sich bringen kann, der sie im Kampf besiegt – aber Brunhilde möchte nur zu gerne von Siegfried besiegt werden. Doch der lehnt zunächst ab, verspricht aber, wiederzukommen. Siegried begibt sich nach Burgund, wo er den Nibelungenschatz bei König Gunther deponiert und verliebt sich in dessen Schwester Kriemhild. Er will sie heiraten, doch laut Gesetz muss zuerst der König eine Ehe schließen, und der hat schon viel von der Schönheit Brunhilds gehört. Gunther bittet Siegfried für ihn bei Brunhild um deren Hand anzuhalten.

 

Gemeinsam begeben sie sich nach Isenland, und verständlicherweise reagiert Brunhild verletzt. König Gunther soll sie im Zweikampf mit Stein, Speer und Schwert besiegen, und Brunhild kündigt an, ihn zu töten. Siegfried führt – unter der Tarnkappe Alberichs verborgen – Gunthers Hand in diesem Wettstreit, und so wird Brunhild besiegt. Sie ahnt, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging, weiß aber nicht, wie man sie ausgetrickst hat. Alle kehren zurück nach Burgund, um eine Doppelhochzeit zu feiern, König Gunther heiratet Brunhild und Siegfried seine Kriemhild. Als es Gunther nicht gelingt, Brunhilds Keuschheitsgürtel zu durchdringen, ist sie nun sicher, dass sie im Kampf betrogen wurde.

 

Nochmals muss Siegfried König Gunther helfen, denn während dieser versucht, Brunhild zu besteigen, entfernt Siegfried – wiederum unter der Tarnkappe verborgen – den Keuschheitsgürtel. Allerdings beobachtet Kriemhild, wie Siegfried mit dem Gürtel in ihr gemeinsames Schlafgemach zurückkehrt und brennt vor Eifersucht.  Kriemhild verrät Brunhild, wie man sie betrogen hat und löst damit eine Katastrophe aus.

Review

Nehmen wir zu Anfang wikipedia zu Hilfe: „Die Nibelungensage ist eine im germanischen und skandinavischen Raum weitverbreitete Heldensage, die über Jahrhunderte in zahlreichen voneinander abweichenden Fassungen überliefert ist. Ihre bekannteste schriftliche Fixierung ist das mittelhochdeutsche Nibelungenlied (um 1200, wahrscheinlich aus dem Raum Passau).“

 

Auszüge der Sage finden sich darüber hinaus in der Thidrekssaga und der Edda. In Letzterer finden sich mehrere Sigurdlieder. Die Nibelungensage romantisiert dabei einige der Figuren, so ist Kriemhild in der Edda eine rein negativ besetzte Figur. Einiges gerät auch durcheinander, etwa die Figur Etzels, die Attila nachempfunden ist. In der Sage spielt Etzel eine zentrale Rolle bei der Zerschlagung des Burgunderreiches, tatsächlich ist dies jedoch sein Vorgänger gewesen. In Harald Reinls Film wird wiederum unterschlagen, dass die Burgunder den rheinischen Grenzwall für das weströmische Imperium bildeten, während die Hunnen – teils gar in erpresserischer Weise – für das oströmische Imperium die Barbaren von den Römern fernhielten. Die Rolle des nicht weit vom Untergang entfernten Römischen Reiches spielt in Reinls Film mit Ausnahme einer kurzen Erwähnung gleich zu Anfang keine Rolle.

 

Eine erste große deutsche Verfilmung erfuhren „Die Nibelungen“ bereist in der Stummfilmzeit durch Fritz Lang, an dessen Meisterhand ich mich auch hier nicht weiter vergehen will. Na ja, seine Hunnen waren ein wenig politisch unkorrekt dargestellt, aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was die Nazis anschließend in Verbindung mit wagnerschen Klangmustern mit der Sage anstellten. Dabei hat Hitler das Ganze offensichtlich nicht zu Ende durchdacht, denn all die Treueschwüre und das heroische Opfergebaren der Soldaten haben laut der Sage schließlich auch zum blutgetränkten Untergang des Burgunderreiches geführt. Und wie das mit Hitler geendet hat, wissen wir alle. Gemeinsamer Untergang als Tugend, typischer sich selbst widersprechender Nazi-Schwachsinn.

 

1959 kündigte Produzent Artur Brauner erstmals an, die Nibelungen neu verfilmen zu wollen und stieß auf Widerstand. Filmkritiker rieten ihm ab, eben wegen der schwülstigen Verwurstung des Themas während der Zeit des Nationalsozialismus. Brauner ging daraufhin einen ungewöhnlichen Weg, indem er durch das Institut Allensbach eine Umfrage durchführen ließ, um sich die Kinozuschauer zu sichern und einschätzen zu können, ob er seine Produktionsgelder durch eine Nibelungen-Neuverfilmung wieder hereinbekäme. Da diese Umfrage für seine Pläne positiv ausfiel, begann man mit der Vorproduktion, doch zahlreiche Schauspieler lehnten entsprechende Angebote ab. Auch Fritz Lang – den Artur Brauner ursprünglich für seine Produktion gewinnen wollte - verzichtete. Schließlich erklärte sich Harald Reinl bereit, den Stoff zu inszenieren, womit man in seiner Ehefrau Karin Dor auch gleich eine Brunhild hatte. Am Ende kann man bei Reinls Adaption feststellen, dass sich die Besetzung so ziemlich die Waage zwischen ausgezeichnet und grenzwertig bis fehlbesetzt hält.

 

Als positiv fallen im ersten Teil des zweiteiligen Nibelungen-Abenteuers insbesondere drei Darsteller auf: Karin Dor meistert die Rolle der Brunhild ziemlich gut, selbst die Kampfszene mit König Gunther/Siegfried besteht sie mit Bravour. Ihre Mimik zu dem vermuteten Betrug und ihre Verletztheit, wenn sich ihr Verdacht schließlich bestätigt, ist glaubhaft. Siegfried Wischnewski gibt einen sinistren Hagen von Tronje, und hier führt Reinl ein zusätzliches, religiöses Element ein. Auf der einen Seite Christen wie König Gunther, Kriemhild, Siegfried und im zweiten Teil gar Etzel, auf der anderen Seite schweißt der alte Glaube an die heidnischen Götter ein unseliges Band zwischen Hagen, Brunhild und Alberich. Stand- und dialogfest bleibt einem auch Dieter Eppler als Rüdiger von Bechlarn in Erinnerung, auch wenn er erst im zweiten Teil seine größeren Auftritte bekommt. Rolf Henniger als König Gunther spielt angemessen, seine Rolle ist halt die eines zunächst besonnen wirkenden Königs, der sich nach und nach aber als leicht beeinflussbarer Waschlappen mit verspäteten Gewissensbissen entpuppt.

 

Als negativ fällt einem als erstes natürlich Uwe Beyer als Siegfried auf. Während zunächst der Amerikaner Jerome Courtland für die Rolle vorgesehen war, haben anscheinend die Verleiher einen deutschen Siegfried gefordert, und so kam es schließlich, dass Leichtathlet Uwe Beyer den Part bekam. Um es kurz zu machen: er ist grauenvoll und ich hätte ihm zu gerne sein immerblödes Grinsen aus dem Gesicht…aber dafür gibt es ja Hagen von Tronje. Siegfrieds Tod ist definitiv ein Gewinn für Teil 2, Kriemhilds Rache. Kennt jemand die Fritz Lang-Adaption? Dann könnt Ihr vielleicht verstehen, warum ich mich mit Maria Marlow in der Rolle der Kriemhild nicht so recht anfreunden konnte. Nach dem 1968 entstandenen „Engel der Sünde“ von August Rieger hat man Marlow auch nicht mehr auf der Leinwand gesehen. Und was soll man zu Mario Girotti als Giselher und Fred Williams als Gernot groß sagen? Sie sollten eben die netten Smarties an Burgunds Hof sein und so sind sie die meiste Zeit am Grinsen. Ich hasse freundliche Menschen. Nein, natürlich nicht, ich liebe freundliche Menschen, so lange sie nicht ununterbrochen grinsen.

 

Gesondert erwähnen möchte ich noch zwei Darsteller (Herbert Lom taucht erst in Teil 2 auf): Samson Burke („Herkules, der Held von Karthago“, 1961) ist als Etzels Bruder Blo-Edin zu sehen und macht einen überraschend guten Eindruck, insbesondere im zweiten Teil des Films. Barbara Bold spielt Giselhers Liebchen Hildegund, Jess Franco wird ihr noch im selben Jahr in „Lucky M. füllt alle Särge“ den Namen Brunehilde verpassen – ihr letzter Film. Thema Herbert Lom: der Vorspann von „Die Nibelungen, Teil 1 – Siegfried“ läuft vor einem sich bewegenden Fluss ab, mit Ausnahme der Einblendung von Loms Namen, hier sehen wir nur ein Standbild. Das sieht aus, als hätte man versucht, den kassenträchtigen Namen eines internationalen Stars in letzter Minute noch mit unterzubringen, aber wie bereits erwähnt, taucht Lom erst in „Kriemhilds Rache“ auf.

 

Kennt jemand die Adaption von Fritz Lang? Ich weiß, habe ich schon mal gefragt. Aber mein Gott, wie konnten die den Drachen Fafnir so verkacken, ich meine, Reinls Film entstand 40 Jahre nach dem Lang-Stummfilm, aber nicht nur Langs Fafnir sondern sogar der Drache aus dem recht naiven „Siegfried – Die Nibelungensaga“ (Sigfrido, Italien 1957, mit Carlo Rambaldis Erstlings-Monster) von Giacomo Gentilomo sahen besser aus als das, was Reinl uns da vorsetzt. Interessanterweise gibt es durchaus Parallelen zwischen Uwe Beyers Darstellungsweise des Siegfried mit Sebastian Fischer aus Gentilomos Film, derselbe Enthusiasmus gepaart mit Unvermögen. Nichtsdestotrotz ist Harald Reinls Nibelungen-Abenteuer ein sehenswertes Drama geworden mit einer Kriemhild, deren Naivität nicht nur ihr eigenes Glück sondern ganze Königreiche zu Fall bringt. Frauen halt.

 

Die Musik von Rolf Wilhelm orientiert sich bewusst nicht an Wagnerschen Themen sondern in aufwändig orchestrierter Anlehnung an Holst und andere Komponisten des 20. Jahrhunderts. Allerdings hat er seinen Etat in Teil 1 etwas überschritten, so dass er für Teil 2 gezwungen war, das Orchester etwas kleiner zu besetzen und sich auf Bläser und Percussion zu beschränken. In der Nachbearbeitung wurden die meisten Darsteller nachsynchronisiert, so wird etwa Uwe Beyer von Thomas Danneberg gesprochen, Karin Dor von Renate Küster und Maria Marlow von Johanna von Koczian. Siegfried Wischnewski, Dieter Eppler und im zweiten Teil Herbert Lom synchronisierten sich selbst.

 

Während für Fritz Langs Stummfilm teure und aufwändige Bauten in Babelsberg errichtet worden waren, setzte man bei CCC auf Location-Hunting. So entstanden Szenen in den Berliner Studios ebenso wie in der Zitadelle Spandau, in Island, in der Kalklandschaft Ciudad Encantada in Spanien, sowie in Jugoslawien Aufnahmen von den Höhlen von Postojna und vor der Festung von Smederevo. Die Fortsetzung wurde ausschließlich in Jugoslawien (Außenaufnahmen) und in den CCC-Ateliers Spandau gedreht. Der erste Teil wurde am 13. Dezember 1966 in München uraufgeführt, am 16. Februar 1967 folgte Teil 2. Im Jahr 1968 erhielt Reinls Adaption die Goldene Leinwand für mehr als 3 Millionen Zuschauer. Aus beiden Teilen wurde 1976 eine einteilige Fassung für die Wiederaufführung in den Kinos hergestellt, die zunächst unter dem Titel „Die Nibelungen“ gezeigt wurde. Diese Version hatte eine Länge von 110 Minuten und lief 1982 als „Das Schwert der Nibelungen“ erneut an. Ich hatte das Glück, die Urfassung zweiteilig in den Achtzigern im Delphi Palast in Berlin zu sehen, wo häufig Wiederaufführungen von klassischen Abenteuerfilmen gezeigt wurden.

Veröffentlichungen

2003 wurde erstmals eine DVD der zweiteiligen Kinofassung von Polyband auf DVD veröffentlicht, allerdings in beschnittenem Format. Die 2013 veröffentlichte Blu-ray von Universum Film enthält eine vom ZDF restaurierte Fassung im Originalformat.

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Links

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