Hotel der toten Gäste

Frankreich | Deutschland | Spanien, 1965

Originaltitel:

Hotel der toten Gäste

Alternativtitel:

Der Harpunenmörder (AUT)

El enigma de los Cornell (ESP)

El extraño caso de Lucy Cornell (ESP)

Deutsche Erstaufführung:

26. März 1965

Inhalt

Der Reporter Barney Blair (Joachim Fuchsberger) erwartet seinen Kontaktmann Janos Kovacs (Panos Papadopulos), der ihm brisante Informationen verkaufen möchte. Doch bevor das Treffen stattfinden kann, wird Kovacs ermordet. Da er sich zuvor in Sanremo aufgehalten hatte, wo im Hotel Atlanta in den nächsten Tagen ein Schlagerfestival stattfinden wird, reist Blair dort hin, um Recherchen anzustellen, zumal er selbst unter Mordverdacht geraten ist. Vor Ort trifft er seine Kollegin Gilly Powel (Karin Dor), die ihn mit den neusten Informationen versorgt. Schnell stellt sich heraus, dass die Luft bereits am brennen ist, da die Chefin der Plattenfirma Phonomac, Ruth Cornell (Gisela Uhlen), eine empfindliche Vertragskündigung mit ihrem Star Lucy Balmore (Renate Ewert) ankündigt und mit ihrer Art ohnehin die Missgunst mehrerer Personen auf sich zieht. Schließlich findet man sie tot in ihrem Zimmer auf, auch sie wurde ermordet. Außerdem ist ihr wertvolles Collier verschwunden. Inspektor Forbesa (Hans Nielsen) stellt die Ermittlungen an und es stellt sich in Windeseile heraus, dass sich die Trauer bei zahlreichen Personen in Ruth Cornells Umfeld stark in Grenzen hält...

Autor

Prisma

Review

Nachdem das Projekt "Hotel der toten Gäste" bereits 1964 vom Constantin-Filmverleih abgelehnt worden war, mussten zahlreiche Umbesetzungen im Stab vorgenommen werden, bevor der Film realisiert werden konnte. Ursprünglich war Krimi-Experte Alfred Vohrer für den Regiestuhl vorgesehen gewesen, bis man schließlich den Fernseh-Regisseur Dr. Eberhard Itzenplitz mit der Umsetzung betraute. Diese Tatsache stellt rückblickend häufig einen der größten Kritikpunkte bei dieser Produktion dar, immerhin hatte Itzenplitz keinerlei Erfahrung bei der Inszenierung von Kinofilmen, doch gerade aus dieser Tatsache lässt sich ein beachtliches Ergebnis herleiten. In diesem Zusammenhang wird diesem Kriminalfilm dennoch eine Art TV-Silhouette vorgeworfen, auch die Geschichte um das Schlagerfestival häufig als wenig originell erachtet, wobei sich dieses Plot-Fragment relativ leicht herleiten lässt, denn der Verantwortliche, Karl Heinz Busse, war mit seiner Produktionsfirma Music House ausschließlich bei Schlagerfilmen und Lustspielen in Erscheinung getreten. "Hotel der toten Gäste" bleibt im Endeffekt einer der am effektivst besetzten Kriminalfilme dieser Zeit und hat deutliche Vorteile zu bieten, die sich aus der Variation ergeben. Der Plan der Inszenierung geht mit einer alternativ angehauchten Geschichte innerhalb bestehender Gesetze der Krimi-Unterhaltung sehr gut auf, im Besonderen fallen die beteiligten Charaktere ins Auge, auf deren dichte Zeichnungen glücklicherweise sehr großer Wert gelegt wurde, befinden sie sich angesichts der räumlichen Limitierung doch schließlich alle in einem Boot. Zu dieser Zeit war Edgar Wallace das Maß aller Dinge im Kriminalfilm-Bereich und daher ist es erfreulich, eine Vielzahl an Epigonen zu haben, die sich als Konkurrenzprodukte naturgemäß von dieser hohen Messlatte abheben mussten. Ob unter dem Banner Bryan Edgar Wallace, Louis Weinert-Wilton oder wie in diesem Fall Heather Gardiner; es wurden Profile kreiert, die manch echtem Wallace-Streifen mitunter deutlich vorgezogen werden können.

 

Genau das gleiche gilt für diese Adaption, die bei den richtigen Antennen für Aufsehen sorgen kann. Die Besetzungsriege setzt sich bis auf wenige Ausnahmen aus bekannten Gesichtern der jeweiligen Produktionsländer zusammen, allen voran agieren Joachim Fuchsberger und Karin Dor, die schon seit langem eine der beliebtesten Konstellationen im Kriminalfach darstellten. Beide liefern hier mehr als nur Routine, man sieht ein bereits seit langem eingespieltes Team, das Vertrautheit und Flexibilität anbietet. Fuchsbergers Funktion wurde über Jahre immer wieder variiert, in zahlreichen Filmen war er als Hüter des Gesetzes zu sehen, hier abwechslungsweise einmal als unter Mordverdacht stehender Journalist, wenngleich diese Beschuldigung lediglich die Funktion hat, ihn so schnell wie möglich an den Ort des Geschehens, und zum co-ermitteln zu bekommen. Praktischerweise trifft er dort nicht nur das Who is Who der Musikszene, in deren Reihen sich vermutlich weitere Leichen und der Mörder finden werden, sondern auch Karin Dor, seine reizende Kollegin. Beide gestalten das Zusammenspiel sehr angenehm und glaubwürdig, die Luft darf knistern und Joachim Fuchsberger ist bereit für eine Mehrfachanforderung aus Mördersuche, Lösung eines dunklen Geheimnisses und natürlich die logische Romanze. Karin Dor, die insbesondere zu dieser Zeit schön wie nie ausgesehen hat, wirkt frisch und agil, wie immer stellt sie eine der großen Bereicherungen in einer Produktion dar, weil sie den Zuschauer unmittelbar, oder eher unmissverständlich, auf einer Art Gefühlsebene ansprechen kann. Schnell lassen sich Widersacher ausfindig machen, die das private Glück der beiden hintertreiben wollen, lediglich die Beweggründe sehen unterschiedlich aus. Man hat es allerdings nur mit einer angenehmen Randerscheinung zu tun und der Kriminalfall und die involvierten Personen stehen im Mittelpunkt dieses undurchsichtigen Falles.

 

Besonders ins Auge fallen die vornehmlich bissigen Gäste in Wort und Tat, und in diesem Zusammenhang entfalten sich die Stärken in der Schauspieler-Führung und bei den zum größten Teil gelungenen Dialogen. Bleibt man bei diesen Faktoren, die ja schließlich jedem Film zugute kommen, kann niemand anders als Renate Ewert und Gisela Uhlen genannt werden. Ewert sieht man hier bereits in einem ihrer letzten Filme vor ihrem frühen Tod und die zierliche Schauspielerin überzeugt auf ganzer Linie. Man darf sogar so weit gehen und behaupten, dass sie im Dunstkreis der Kriminal-Geschichten eine der anerkennungswürdigsten Leistungen abliefern konnte, da der eingeschlagene Mittelweg zwischen Sympathie und Skepsis stimmt. Ihr Mordmotiv wird, wie bei vielen anderen auch, auf einem Silbertablett serviert. Auch die Tatsache, dass sie in außerordentlichen Situationen recht rücksichtslos agieren kann, macht sie zu einer der interessantesten Damen im Hotel, deren Türe den eigenen Angaben nach nie verschlossen sei. Ihre Kontrahentin ist auch gleichzeitig ihre finanzielle Grundlage, die sie für das Leben auf der Überholspur braucht. Gisela Uhlen beeindruckt in der Rolle der berechnenden Geschäftsfrau, leider ist ihre Rolle ziemlich kurz ausgefallen. Dennoch reicht es für ein paar Wortgefechte und giftige Spitzen, sodass sie den Unmut aller Beteiligten schnell auf sich ziehen kann, aber für den anstehenden Mord kein eindeutiges Motiv liefert, da man eigentlich den ganzen Verlauf über keine Verbindung zu dem ersten Opfer herstellen kann. Die geheimnisvolle und nahezu fragil wirkende Monika Peitsch rundet das stutenbissige Gespann ausgezeichnet ab, auch sie wird sich hier für einen echten Edgar-Wallace-Auftritt ein Jahr später empfehlen. Zu erwähnen sind noch Hannelore Auer und Elke Sommer als singende Gäste, die man aufgrund der Thematik rund um das Festival als weniger exotisch einordnet.

 

Für Abwechslung sorgt dieses Mal der ermittelnde Kommissar, nicht nur, weil er durch seine teilweise unorthodoxen Kapriolen auffällt, sondern vor allem weil er entgegen üblicher Strickmuster mit Hans Nielsen besetzt wurde. Nun klingt diese Anmerkung vielleicht zunächst etwas kritisch oder verhalten, doch dieser Eindruck soll erst gar nicht entstehen, bekommt man es doch mit einem hervorragenden Besetzungscoup zu tun. Nielsen, der insbesondere in seiner Krimi-Karriere so gut wie jede Rolle vom Mörder bis zum Ermittler abgedeckt hatte, überrascht mit neuen Tendenzen und erfrischender Arbeitsauffassung. Inspektor Forbesa wird dem Zuschauer als Denker und Analytiker präsentiert, der seine eigenen Erkenntnisse gerne kurz bis zum Überlaufen des Fasses zurückhält. In gewissen Situationen ist es allerdings auch so, dass er den Tropfen dafür liefern wird und seine Verhör-Methoden können vehemente, und für die Verdächtigen sehr unangenehme Formen annehmen. Insbesondere Renate Ewert wird in seinen Würgegriff geraten und man sieht ihm leicht erstaunt, aber genauso interessiert dabei zu, wie er die Daumenschrauben anlegen kann. Personen hingegen, die mit offenen Karten spielen und Zusammenarbeit, oder zumindest Kompromissbereitschaft anbieten, haben weniger von ihm zu befürchten. Eine interessante Darbietung des Hamburgers, der noch im gleichen Jahr an Leukämie verstarb. Des Weiteren liefern der Amerikaner Frank Latimore, Gisela Uhlens Ex-Ehemann Wolfgang Kieling und Claus Biederstaedt sehr ansprechende Leistungen ab, auch die spanische Besetzung überzeugt mir gut angepassten Performances und über die Auftritte von Gus Backus und Ady Berber lässt sich vielleicht ein wenig streiten, wobei sie nach persönlicher Ansicht auch nicht wegzudenken sind. Insgesamt kann "Hotel der toten Gäste" den Anspruch erheben, eine der besten Besetzungen im Bereich der damaligen Kriminalfilme zur Verfügung gehabt zu haben.

 

Betrachtet man die Dramaturgie, so lassen sich sicherlich ein paar Schwächen ausfindig machen, die allerdings weniger Anlass zu ausgiebiger Kritik darstellen, sondern eher ein Aufzeigen der Möglichkeit, wie man das Effizienteste aus dieser Geschichte herauskitzeln konnte. Das Tatmotiv ist dem Anschein nach vielleicht auch nicht stark genug für Verbrechen und Mord, allerdings verstärken die Nebenhandlungen einen soliden Eindruck, vor allem weil am Ende alles ineinander münden wird. Außerdem ist es unterm Strich wohl so, dass es für einen Mord schon zu weniger gereicht hat. Bemerkenswert ist die musikalische Doppelspitze, bestehend aus Federico Moreno Torroba, der sich für die spanische Version verantwortlich zeigt und dessen Musikstücke auch in der deutschen zu hören sind, und Gert Wilden. So unterscheidet sich der jeweilige Vorspann der Produktionsländer voneinander, wobei die Titelmusik von Wilden eindeutig den Vorzug bekommt, zumindest aus persönlicher Sicht. Seine schweren und dunklen, richtiggehend verheißungsvollen Klänge sind mitunter das Beste, was man im zeitgenössischen Kriminalfilm finden kann. Das Setting Hotel wurde häufiger wegen seiner mangelnden Variabilität kritisiert, wobei man andererseits auch von einer willkommenen Abwechslung sprechen kann, da dieses Haus schon bald einem erdrückenden Vakuum gleicht, woraus der Verlauf seine Hauptspannung zieht. Unterm Strich bleibt ein Kriminalfilm, der zwar nach üblichen Mustern funktioniert, aber einige neue Impulse mit auf den Weg geben wird, außerdem sieht man eine Besetzung die nur schwer zu überbieten ist, und diese auch noch in allerbester Spiellaune. Dieses Experiment von Eberhard Itzenplitz ist insgesamt geglückt, und stellt eine sehr kurzweilige Angelegenheit dar, welches beim mehrmaligen Anschauen etliche Schritte über die ohnehin volle Entfaltung hinausgehen kann. Einer meiner langjährigen Favoriten.

Autor

Prisma

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