Women in Hospital (USA)
In der gynäkologischen Abteilung einer Klinik werden Chefarzt Professor Overhoff (Stephen Boyd) und sein Oberarzt Doktor Schumann (Horst Buchholz) nicht nur mit freudigen Ereignissen, sondern auch Schicksalsschlägen der Patientinnen konfrontiert. Alleine die tägliche Arbeit würde schon ausreichend an die Substanz gehen, doch es kommt auch zu privaten Ressentiments zwischen den beiden Ärzten. Overhoff leidet an einem Schuldkomplex, der lange zurückliegt und seine Arbeit beeinträchtigt, außerdem macht dem alleinerziehenden Vater seine pubertierende Tochter Eva (Pirko Zenker) zu schaffen. Schumann hingegen hat Probleme anderer Art, denn seine exaltierte, gut zwanzig Jahre jüngere Frau Claudia (Lillian Müller) macht ihm mit kaum nachvollziehbaren Verhaltensweisen das Leben schwer. Beide tragen ihre privaten Sorgen mit in den Klinikalltag, was ihnen wechselseitig missfällt. Nachdem sich Claudia eines Tages auch noch in den Klinikalltag einmischt und schwere Vorwürfe erhoben hat, kommt es zum Eklat...
Rolf Thieles "Frauenstation" gilt als einer von mehreren sogenannten Abschreibungsfilmen und wurde innerhalb eines eiligen Zeitraums von nur vier Wochen abgedreht. Wesentlich länger musste er allerdings auf seine Uraufführung warten, denn es dauerte gute zwei Jahre, bis der Film durch Centfox in die bundesdeutschen Kinos gebracht wurde; das allerdings mit mäßigem beziehungsweise gar keinem Erfolg. Die Produktionsgesellschaft Cinema 77 war auf das Herstellen derartiger Abschreibungsfilme spezialisiert, und auch wenn sie den Steuerzahler somit indirekt Geld kosteten, ist es hoch interessant, dass diese Beiträge in ihrer teils starbepackten Form überhaupt existieren, zumal eigentlich kaum jemand ernsthafte Hoffnungen in wirtschaftliche Erfolge dieser Projekte setze. Beim vagen Blick auf die Thematik scheint sich bereits im Vorfeld herauszukristallisieren, dass Regisseur Rolf Thiele der richtige Mann für eine solche Angelegenheit sein dürfte, aber zunächst dominieren Neugierde und Spannung angesichts einer möglichen Überraschung die teils bizarr bebildert wirkende Szenerie. Bereits nach wenigen Intervallen lässt sich leider sagen, dass auch dieses diffus angelegte, eigentlich kritische Thema nur Alibi-Funktion besitzt und trotz Modifikation nur ein typischer Thiele-Film dabei herausgekommen ist, der von einfältigen Dialogen geradezu beherrscht wird. Insbesondere seine späten Werke tragen eine viel zu eindeutige, beinahe verzweifelte Handschrift und grenzen sich - abgesehen von inszenatorischen Kapriolen - kaum mehr von einheitlichen Gebilden dieser Zeit ab, die es sich lediglich zur Aufgabe gemacht hatten, Populärthemen aufzugreifen, um sie schlussendlich gewinnbringend auszuschlachten. Bei Thieles tunnelartigem Bearbeitungsstil war der Lack aber definitiv ab und es werden in der Peripherie anzusiedelnde Inhalte daraus. "Frauenstation" bewegt sich mühevoll zum anvisierten springenden Punkt, bei dem man sich nicht nur einmal fragt, was in eigentlich Wirklichkeit abgehandelt werden soll. Die prominenten Hauptdarsteller lassen sich dem Empfinden nach hierbei willenlos vor eine Karre spannen, die erwartungsgemäß und ohne Gnade in einer Zirkusmanege zur Schau gestellt wird.
Horst Buchholz als Oberarzt Dr. Rainer Schumann liefert eine dem Film angemessene Performance ab. Weit entfernt von seinen beeindruckenden darstellerischen Zeiten, sieht man den Frauenschwarm a. D. in einer ungewöhnlich überspitzt wirkenden Rolle, der er jedoch eine gewisse Nachhaltigkeit verleihen kann, da man schließlich etwas geboten bekommt, was vielleicht nicht unbedingt zu erwarten war. Der Mythos des Halbgottes in Weiß beginnt unter seiner Handhabe in einem irritierenden Licht zu bröckeln, bis die Dramaturgie mit Hochdruck daran arbeitet, den überheblich wirkenden Herrn als beinahe zweifelhaft einzustufen. Umso besser, denn die fehlenden stilistischen und inszenatorischen Konturen können so etwas ausgeglichen werden. Leider bleibt Buchholz im Gesamtgeschehen aber nur eine Schachfigur, die keinen Offizier richtig angreifen kann, was für viele seiner KollegInnen auch gilt. Des Weiteren spielen Stephen Boyd, Lillian Müller und Karin Dor tapfer gegen eine schwerwiegende Langatmigkeit an, die bereits ab dem Mittelteil nicht mehr abgewendet werden kann. Die Norwegerin Lillian Müller wird hier unglücklicherweise verschenkt, da Thiele es nicht versteht, sie ihren (erwarteten) Fähigkeiten entsprechend einzusetzen und sie in diesem Zusammenhang erneut dazu verdammt, ein Abziehbild ihrer schönen Hülle sein zu müssen. Hinzu kommt, dass sich ihre Rolle trotz Schlüsselfunktion im komplexen Labyrinth der Geschichte verliert. Was Stephen Boyd hingegen abzuliefern hat, ist angesichts seiner durchaus soliden darstellerischen Fähigkeiten schon frustrierend, denn er hat lediglich seinen immer noch wohlklingenden Namen zur Verfügung zu stellen. Zahlreiche Szenen mit seiner Filmtochter und die damit verbundenen Dialoge waren für damalige Verhältnisse vielleicht so angelegt, dass sie dem Zuschauer von einst die Schamesröte ins Gesicht treiben sollten, doch leider bleibt nichts zurück außer aufgeplusterten Wortwechseln, die alleine aus diesem Grund in Erinnerung bleiben werden - oder auch nicht.
Karin Dor ist in "Frauenstation" in einer Rolle zu sehen, die man in dieser Fasson sicherlich nicht alle Tage geboten bekommen hat. Zunächst ist löblich zu erwähnen, dass sie hier erneut den Beweis ihrer Vielseitigkeit liefert, denn sie konnte sich praktisch in jede erdenkliche Rolle hineinversetzen und mit ihr eins werden, was hier allerdings nicht als reines Kompliment zurückbleiben bleiben kann, da sie Polemik, Exaltiertheit und Affektiertheit einfach nicht kleidet. Sie selbst hat ihre schöpferischen Tiefpunkte in Interviews zwar anderswo ausmachen wollen, doch mitunter findet man ihn bei genauer Betrachtung auch irgendwie hier, unter Rolf Thieles fahriger Regie, die oft zu kompliziert wirkt, da die Langeweile bis hin zur Unkenntlichkeit verschachtelt und verschlüsselt erscheint. Der Verlauf plätschert zähflüssig vor sich hin und geht einige ungünstige Allianzen mit brisanten und sogar zeitlosen Problemen ein, ohne dabei zu berücksichtigen, dass sich die nötige Sachlichkeit und Sterilität mit Einförmigkeit und Ergebnislosigkeit kreuzt wo sie nur kann. Aufgefrischt mit ein paar mechanischen Originalszenen aus dem Klinikalltag - außerdem theatralische Veranschaulichungen aus deutschen Schlafzimmern - windet sich dennoch (oder sogar deswegen) Leerlauf durch diese Geschichte, die vom Prinzip her keinesfalls so diffus und uninteressant sein müsste. Thiele als Jongleur moralischer Aspekte und bestehender Missstände versagt auf ganzer Linie; auch seine bewährte Abhandlung der Rolle der Frau wirkt eher wie eine unappetitliche Exhumierung seiner althergebrachten Inszenierungen. Positiv zu erwähnen bleibt das prinzipielle Heranwagen an Themen, die vornehmlich in gesellschaftliche Korsetts und tiefes Schweigen gehüllt waren, doch man kommt nicht um das Ausformen des Gedankens herum, wie diese Geschichte wohl unter alternativer Regie ausgesehen hätte, wenngleich erneut eingeräumt werden darf, dass sie unter solchen Umständen wohl gar nicht erst existieren würde.
Rolf Thiele spart es sich weitgehend auf, in die notorische Erotik-Trickkiste zu greifen und verliert sich wie so oft in vagen Andeutungen, um eine Inangriffnahme der angekratzten psychologischen Ebene zu meiden, sodass man in "Frauenstation" wenig Neues von dieser Seite angeboten bekommt. Es ist sehr schade, doch ebenso blanke Realität: die Geschichten, die im Vorfeld oft wie Gold wirkten, werden unter seiner Leitung häufig zu Stroh. Dramaturgisch wenig ausgereift, haben die Protagonisten mit Problemen zu kämpfen, die sich auch fernab des Klinikalltags finden, welcher nach und nach nur noch Alibifunktion zu haben scheint. Spannungen zwischen Göttern in Weiß, sprich Horst Buchholz und Stephen Boyd, spielen sich kaum auf medizinischer Ebene ab, sondern die Brisanz soll darüber entstehen, dass insbesondere Privates und Berufliches vermischt wird. Der abgehandelte Konfliktstoff ist durchaus als solcher zu verstehen, aber dennoch spült sich die gesamte Angelegenheit von selbst weich, da die Personen im Rahmen ihrer Charakterzeichnungen schwächeln. Unterm Strich bleibt trotz hoher Erwartungen wenigstens Routine zurück, außerdem gelingt es der Regie phasenweise recht anschaulich, Spannungen zu visualisieren. Als besonders eingängig ist die musikalische Untermalung von Bernd Kampka zu bezeichnen, die abgehandelte Themen oft in einen herben Kontrast zu stellen weiß, wenngleich sich diese Momente nur sporadisch zeigen. "Frauenstation" war einer der letzten Versuche Rolf Thieles, unter Beweis zu stellen, dass er durchaus in der Lage sein konnte, problembehaftete Sujets unkonventionell anzupacken. Bedauerlicherweise stellt sich auch hier heraus, dass es ihm nicht mehr möglich gewesen ist, sich selbst neu zu erfinden und im Endeffekt zu viel Augenwischerei betrieben wurde. Die Produktion wirkt über die volle Distanz lediglich bruchstückhaft und vermittelt daher einen kontroversen Endeindruck. Somit ist "Frauenstation" vielleicht als einer der besten schlechten Filme von Rolf Thiele zu bezeichnen, da er sich zugegebenermaßen nicht komplett ohne Reiz präsentiert.