Liés par le sang (FRA)
Linea di sangue (ITA)
Lazos de sangre (ESP)
Sidney Sheldon's Bloodline
Sidney Sheldon's Blutspur
Sam Roffe, der Chef eines mächtigen Pharma-Konzerns mit Hauptsitz in Zürich, kommt bei einem Ausflug in den Bergen unter mysteriösen Umständen ums Leben. Seine Tochter, Elizabeth Roffe (Audrey Hepburn), erbt das Imperium und steht vor einer anscheinend unlösbaren Aufgabe. Die Familien- und Vorstandsmitglieder drängen sie, die Firma in eine offene Aktiengesellschaft umzuwandeln. Als durch das Auftauchen eines gewissen Inspektor Max Hornung (Gert Fröbe) eine wichtige Sitzung unterbrochen wird, stellt sich durch seine Berichterstattung heraus, dass es sich bei Sam Roffes Tod um keinen Unfall handelte, sondern Mord. Der Kreis der Verdächtigen ist mit der Familie und den Vertrauten aus der Firma schnell gefunden, denn beinahe alle befinden sich aus unterschiedlichen Gründen in effektiven Geldnöten und haben daher ein Motiv. Für Elizabeth werden Vertraute zu Fremden und Freunde zu Feinden. Auf wen kann sie sich noch verlassen? Der erste Mordanschlag auf die neue Chefin des Konzerns lässt nicht lange auf sich warten, doch wer steckt dahinter? Zur gleichen Zeit muss sich Inspektor Hornung mit einer erschütternden Mordserie an jungen Prostituierten befassen. Es tauchen Porno-Filme auf in denen die Morde in allen Einzelheiten gefilmt wurden und tatsächlich führt die Spur nur in eine Richtung, und zwar direkt in die Chefetage von Roffe-Pharma...
Die deutsch-amerikanische Co-Produktion "Blutspur" wurde von James Bond-Regisseur Terence Young inszeniert und wartet mit einer unglaublichen Vielzahl von Stars auf, was sogar bis in die kleinsten Nebenrollen zutrifft. Insbesondere im Rahmen der Hauptrollen scheint das Ensemble der internationalen Starbesetzung beinahe eine Garantie für einen Volltreffer zu sein, doch leider geht die Rechnung nicht immer optimal auf, vor allem dramaturgisch gesehen. Die Produktionskosten beliefen sich seinerzeit auf rund 12 Millionen US-Dollar und angesichts des Einspielergebnisses in den USA, das nur rund die Hälfte einbringen konnte, muss von einem wirtschaftlichen Misserfolg gesprochen werden, beziehungsweise davon, dass das Soll bei Weitem nicht erreicht wurde. Die Großproduktion war augenscheinlich auf einen weltweiten Kinoerfolg zugeschnitten, doch bei der Kritik fiel "Blutspur" im Großen und Ganzen so gut wie einstimmig durch. Der Film, adaptiert nach dem gleichnamigen Roman von Sydney Sheldon, zählt jedenfalls auch rückblickend nicht zu den großen Vertretern des Thrillers, kann aber auf ganz individueller Ebene überzeugen und für besonders atmosphärische Momente sorgen. Bei allen üppig und überaus günstig vorhandenen Grundvoraussetzungen hat die Regie im Gros vielleicht den Überblick über das Gesamtgeschehen verloren, was daran festzumachen ist, dass zahlreiche Handlungsstränge wenig elegant oder sinnvoll miteinander verstrickt wirken, sodass es zu harten Übergängen und sprunghaften Sequenzen kommt. Die Parallelhandlung rund um die Mordserie an Prostituierten wird in diesem Zusammenhang viel zu isoliert im Gesamtgeschehen dargestellt, erscheint bei der ersten und jeder erneuten Betrachtung sogar wenig schlüssig zu sein, da sich kaum signifikante Ergebnisse in den Vordergrund stellen, wenngleich im Rahmen der Exposition und der bestehenden Perfidie durchaus publikumswirksam inszeniert wurde, und genau diese Sequenzen in Erinnerung bleiben.
Im Rahmen der Veranstaltung müssen die teils deutlichen Kritikpunkte jedoch keinen Grund darstellen, diesen mit zahlreichen Vorzügen ausgestatteten Film nicht mit Vergnügen anzuschauen, denn auf der Habenseite steht vor allem eine kurzweilige Note, die sehr gut bei der Stange halten kann. Filme wie diese stehen oder fallen sicherlich mit ganz persönlichen Präferenzen und somit ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass zwischen Gelingen und Durchfallen des Ganzen womöglich nicht allzu viel zu finden sein dürfte. Die Szenerie ist mit bedeutenden Stars und Sternchen ausstaffiert worden, allerdings festigt sich schnell der Eindruck, dass man es außer mit Audrey Hepburn, Ben Gazzara und Gert Fröbe nur noch mit Nebenrollen öder Gästen zu tun hat, die wesentlich an Bedeutung verlieren, da mehr als die Hälfte dieser Interpreten Rollen bekleiden, deren Relevanz sich irgendwann im Gesamtgeschehen verliert. Die Hauptattraktion besteht schließlich nicht nur in der Tatsache, dass man es mit starträchtigen Auftritten zu tun bekommt, sondern gleichzeitig mit einem Rudel Verdächtiger, die Irrungen und Wirrungen konstruieren und die Spannung anheizen. Die uneingeschränkte Hauptrolle spielt die damals bereits fast fünfzigjährige Audrey Hepburn, die hier immer noch in einer auffälligen Schönheit strahlt, außerdem eine zeitlose, unaufdringliche Eleganz transportiert. Elizabeth Roffe ist als scheue Frau wahrzunehmen, die plötzlich mit schwierigen Aufgaben betraut wird. Dabei erscheint sie im Gegensatz zu den allgemeinen Hoffnungen des Roffe-Clans sehr souverän und zielstrebig mit den sich aufbäumenden Problemen umzugehen. Sie behauptet sich beispielsweise gegen einen Zweifel schürenden Maurice Ronet, eine scharfzüngige Romy Schneider, den wohlwollend zuredenden, aber gleichzeitig Bedenken äußernden James Mason, und das scheinbar freundschaftlich Rat gebende Duo Irene Papas und Omar Sharif.
Auch der Vertraute ihres Vaters, interpretiert von Ben Gazzara, der sich besonnen zurückhält, scheint einen gewissen Einfluss auf sie zu haben. Doch trauen kann sie letztlich keinem, nur ihrer loyalen Sekretärin. Elizabezh arbeitet sich mühsam in die Konzernstrukturen hinein, geht dabei der Vergangenheit auf den Grund. Die intelligente Erbin möchte unvorbereitete Schritte mit allen Mitteln verhindern und auf jede Situation vorbereitet sein. Sehr überzeugend wirkt Audrey Hepburn, wenn sie ihre Verwandtschaft in Schach hält und mit sauberen Methoden und gewissenhaften Entscheidungen ihren Willen durchsetzen kann. Vielleicht ist sie in der Handlung neben Gert Fröbe die einzig sympathische, oder integre Person, die ohne größere Anstrengungen auszumachen ist. Unterm Strich bleibt daher zu betonen, dass Audrey Hepburn auch zu diesem späten Karrierezeitpunkt nicht das Geringste von ihrem Charme und ihrer Klasse verloren hat. Erwähnenswert ist unter Anderem noch der Auftritt Romy Schneiders, die man hier wahrhaft als Giftspritze kennenlernt. Gepaart mit den obligatorischen Allüren einer versnobten und überheblich wirkenden Reichen, kommt sie der laufenden Geschichte als unberechenbare Kontrahentin zugute. Gert Fröbe, dem Inspektorenrollen tets sehr gut gestanden haben, kann auch hier mit seiner eigenwilligen und leicht skurrilen Art überzeugen. Weniger gut kommt seiner Rolle zu Gute, dass er eine eigentümlich wirkende, unfreiwillige Komik bändigen muss. Um den Mörder und Drahtzieher zu finden, verlässt er sich beispielsweise gerne auf firmeninterne Computer, die er befragt und die ihm schließlich alle relevanten Informationen ausspucken; oder gleich auf den Zufall. Ben Gazzara hinterlässt als Vertrauter bei Roffe einen unscheinbaren Eindruck, in den Kreis der Verdächtigen wird er jedoch geschickt integriert, wie das bei fast allen anderen Hauptrollen auch der Fall ist.
Für Romy Schneider fanden die Dreharbeiten zu "Blutspur" bereits vor der Premiere zu dem zuvor abgedrehten Film "Eine einfache Geschichte" statt, und sie ist nur einer von vielen internationalen Stars, der Glanz und Gloria in Terence Youngs prestigeträchtiges Projekt bringen sollte. Schon in ihrer ersten Szene bekommt der Zuschauer unmissverständlich aufgezeigt, mit wem man es bei Hélène zu tun bekommt. Eine dominante, starke und selbstbewusste Frau, bei der der Begriff modern viel zu antiquiert klingen möchte. Damit auch dem letzten Zuschauer ein Licht aufgeht, fährt die halsstarrige Dame im besten Alter einen Formel 1 Sieg nach Hause, diktiert folglich eine Episode eines klassischen Männersports, was einfach seltsam anmutet, gerade weil man Romy Schneider als Ebenbild der starken Frau zur Verfügung hatte und kein derartig überspitztes Geschütz hätte auffahren müssen. Die jubelnde Siegerin stellt sich in ihrer ersten Szene wahlweise gleich selbst vor, als sie die Todesnachricht von ihrem Cousin Sam Roffe bekommt, der gleichzeitig Chef eines Pharma-Imperiums war. »Mit 64 hat er endlich eingesehen, wo er hingehört!«, hört man sie süffisant und unsentimental anmerken, was mit einem triumphierenden Lächeln untermalt wird, welches in dieser Situation keinesfalls alleine auf den Sieg beim F1-Grand-Prix zurückzuführen ist. Hélène Roffe-Martin ist nur eine von vielen Angehörigen, respektive gierigen Hyänen, die nun große Liquidität und ein vollkommen sorgenfreies Leben wittern und die neue Chefin des Konzerns daher zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft drängen wollen. Bei Romy Schneider ist in diesem Verlauf vielleicht ein klein wenig irritiert zur Kenntnis zu nehmen, dass sie nicht der alleinherrschende Star des Szenarios ist - wie es zu dieser Zeit allgemein üblich war - sondern eine untergeordnete Nebenrolle zugunsten Audrey Hepburns inne hat, wie übrigens alle anderen Interpreten der Geschichte auch. Dennoch kommt man in den Genuss von genügend Kostproben ihrer bemerkenswerten Anpassungsfähigkeit.
Die Kopplung von Disziplin und Schauspiellaune macht so gut wie jeden Auftritt von Romy Schneider sehenswert, auch wenn man hier sicherlich nicht ihren ganz großen Wurf geboten bekommt. Hélène wirkt so, als verspeise sie Männer gerne zum Frühstück, und im Umgang mit Frauen zielt sie gnadenlos auf deren Augen ab, um sie ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit auszukratzen. Es bereitet der versnobten Dame sichtlichen Spaß, Personen ihrer Umgebung zu brüskieren, kommandieren und von oben herab zu behandeln, denn bei ihren finanziellen Mitteln braucht der Ton erst gar nicht mehr die Musik zu machen. Eine empörte Irene Papas ist bei der Vorstandssitzung die Zielscheibe für ihre Verachtung, Angriffslustigkeit und ihren Zynismus, was die Erfüllung in folgendem Satz findet, als es um ein Indiz im mittlerweile bestehenden Mordfall geht: »Ich lese eben Zeitungen, Simonetta. Ohne dabei die Lippen zu bewegen.« Derartig giftig wird man Romy Schneider hier häufiger erleben und es macht jeweils Spaß, ihr dabei zuzusehen, wie sie mit Schlagfertigkeit, Intelligenz und Rücksichtslosigkeit zu jonglieren weiß. Wenn man im Bezug auf Romy Schneiders üblicherweise vollkommen prominente Einsätze darüber hinwegkommt, dass sie dramaturgisch nur eine untergeordnete Funktion ausfüllt, ist mit dieser nicht uninteressanten Rolle sehr gut auszukommen, denn die eben nicht unbegrenzt vorhandenen Möglichkeiten werden erwartungsgemäß optimal ausgefüllt. Da es sich hier um Star-Kino handelt, arbeitet die Kamera brav Großaufnahmen seiner Interpreten ab, rückt sie temporär in den Fokus und im Allgemeinen sieht man die Bemühung, die Unterschiede der Charaktere hervorzubringen. In der Silhouette einer Dame von Welt steht Romy Schneider ihren Mann und legt durch ihre Stärke vergnügt die Schwächen Anderer offen. Solange man sich dabei an ihre Spielregeln und Wünsche hält, fährt sie die Krallen nur mit halber Kraft heraus. Das Fazit für Hélène zieht sie in einer Szene sogar selbst: »Was soll ich machen? Ich hab mir meinen Charakter eben nicht ausgesucht!« Eine verblüffende Darbietung.
James Mason, der als Sir Alec in erheblichen Geldnöten steckt, da seine junge Frau sein komplettes Vermögen verjubelt, wirkt solide beim Bauen von aussichtslos konstruierten Brücken, die die Familie wieder näher vereinen soll. Irene Papas und Omar Sharif mussten für humorvolle Kostproben herhalten und wirken zum Schein oft deplatziert. Maurice Ronet als Hélènes Mann und Untergebener bleibt in seinen wenigen Einstellungen leider recht blass. Der präzisere Einsatz und ein konsequenteres Inszenieren der jeweiligen Charaktere wäre sicherlich erforderlich gewesen, was die Spielfilmlänge allerdings in ungemütliche Sphären gelenkt hätte. So bleibt unterm Strich eine erstaunliche Ansammlung von Stars, deren Potential nicht immer erkannt, demnach auch nicht genutzt wurde. Dennoch bleibt zu betonen, dass die Interaktionsleistungen in den meisten Intervallen in einem Maße funktionieren, von denen andere Produktionen nur hätten träumen können. "Blutspur" hat mit dramaturgischen Schwächen zu kämpfen, was insbesondere die Charakterzeichnungen und harte Brüche offenbaren. Wenn man die Grundstory einmal separat betrachtet muss eingeräumt werden, dass es sich um einen sehr interessanten Stoff handelt, dessen Möglichkeiten nicht immer die richtige Dosierung erfahren haben. Dass die Regie sich häufig in diffusen Andeutungen verliert, wirkt gerade bei einem Film mit einem derartig angelegten Whodunit-Effekt in diesen Nuancen störend, da man als Zuschauer quasi nach lückenloser Aufklärung verlangt. Die zahlreichen Aufnahmen an Original-Schauplätzen wirken nicht zuletzt aufgrund vieler Ortswechsel einerseits exklusiv, andererseits aber auch zu überladen, da sich die Zusammenhänge in diesen kurz angebotenen Sequenzen nicht so schnell ordnen lassen. Absolut bemerkenswert ist die Musik von Ennio Morricone. Experimentierfreudig, melancholisch, aufwühlend aber vor allem selbstsicher begleitet sie jeden Moment dieser mysteriös gefärbten Geschichte, die ihre Stärken nicht wahllos preisgeben möchte.
Beim Großthema Spannung, Tempo und Action gibt es wesentlich weniger Probleme als beim Durchleuchten immer nachzuvollziehender Zusammenhänge, doch es fällt aufgrund handelsüblicher Angebote insgesamt nicht allzu schwer ins Gewicht, was unterm Strich eine der großen Stärken von Terence Youngs Adaption bleiben wird. Erwähnenswert ist, dass der Produktion in jedem Detail, jedem Setting und in jedem Accessoire das Produktionsbudget deutlich anzusehen ist, sodass "Blutspur" insgesamt einen eleganten Charakter hinterlassen wird, der stets das Potential bereithalten wird, auch bei erneuter Ansicht Überraschungen anzubieten. Der größte Schuss in den Ofen bleibt hingegen das zu hastig konstruierte Finale. In diesem Zusammenhang wäre etwas mehr Einfallsreichtum und Suspense angebracht gewesen, da sich das Puzzle leider nicht von alleine zusammenfügen kann, da die angebotenen Informationen recht wahllos wirken. Als Zuschauer sollte man daher äußerst wachsam und aufmerksam sein, damit man sich streckenweise von der Regie und vom Drehbuch nicht alleine gelassen fühlt. Am Ende bleibt ein Verlauf zurück, der sich im Endeffekt quasi zu sehr auf sein im Vorfeld bestehendes Selbstläufertum verlassen hat. Nach persönlichem Ermessen zählt "Blutspur" allerdings zu den wenigen Produktionen, die immer wieder gerne gesehen sind und nie uninteressant werden können. Im Schimmer etwas beinahe Nonkonformistischem begeistert diese überqualifiziert angelegte Produktion immer wieder aufs Neue, obwohl eigentlich kein gütlicher Abschluss erzielt werden konnte, und zurück bleibt eine sich nie reduzierende Faszination für einen Film, der sozusagen eine Art Mikrokosmos in sich darstellt, in welchem vielleicht alles zwischen Gut und Böse ausfindig zu machen ist. Der Film wird daher immer einer meiner nicht immer vollkommen zu rechtfertigenden Favoriten bleiben.