Beiß mich Liebling!

Deutschland, 1970

Originaltitel:

Beiß mich Liebling!

Alternativtitel:

Bite Me, Darling

Love, Vampire Style

The Amorous Adventures of a Young Postman

Deutsche Erstaufführung:

28. August 1970

Kamera:

Igor Luther

Inhalt

Briefträger Engelmann (Herbert Fux) wird wegen eines Unfalls arbeitsunfähig und durch seinen Kollegen Peter Busch (Amadeus August) ersetzt. Der junge Mann hat allerdings noch ganz andere Qualitäten als das Zustellen von Briefen, denn schon nach kürzester Zeit avanciert er zum Renner in den Betten sogenannter grüner Witwen. Dem Sexualtherapeuten und Eheberater Hartlieb von der Wies (Patrick Jordan) läuft durch diese neue Situation die komplette weibliche Kundschaft davon, denn die nun rundum glücklichen Damen haben ab sofort nichts mehr auf seiner Couch zu berichten. Kurzerhand beschließt von der Wies also, den geschäftsschädigenden Briefträger ins Jenseits zu befördern, zumal dieser auch noch seine Nichte Sabrina (Eva Renzi) heiraten will. Doch alle Anschläge schlagen fehl, bis er schließlich selber ins Gras beißen muss. Damit hat die Farce allerdings kein Ende, denn der Verblichene steigt aus seinem Grab und macht die Gegend als blutdürstiger Vampir unsicher...

Autor

Prisma

Review

In einem Film von Helmut Förnbacher wird erfahrungsgemäß allerhand geboten, nur eben nicht das, was uns der Titel verzweifelt zu versprechen versucht. Seinerzeit wurde der Schweizer als hoffnungsvolles Nachwuchstalent gehandelt, doch nach einem Flop wie "Beiß mich Liebling!" wurde der Regiestuhl wieder schnell durch schauspielerische Aktivitäten ersetzt, bei denen Förnbacher eindeutig die bessere Figur machen konnte. In dieser Produktion fungierte er nicht nur als Regisseur, sondern gleichzeitig als Produzent und Drehbuchautor, was dieser Angelegenheit jedoch in unmissverständlicher Art und Weise nicht zugute kommen möchte. Der Filmdienst lästerte: »Wie schnell doch Jungregisseure für Opas Kino heranaltern.«, und diese Einschätzung ist nach diesem Flick gar nicht so weit hergeholt, denn so weit das Auge reicht ist nur hemmungsloser Abklatsch und abgedroschener Klamauk wahrzunehmen, der schon in vielen anderen Filmen keinen Grund mehr zum Lachen darstellen konnte. Entstanden ist schließlich ein mäßig interessanter Versuch, diffusen Erotik-Klamauk in andere Gewänder zu zwängen und dabei noch darauf zu spekulieren, dass es aufgrund des beigemischten Vampir-Themas keinem Menschen auffällt, welches übrigens erst nach einer geschlagenen Stunde prominent in Erscheinung tritt. Was man dem Film bestimmt zugute halten darf, ist, dass er sich am Zeitgeist orientiert und vielleicht mehr typisches Kind dieser beginnenden Dekade ist, als einem lieb ist. Offenbarungen bleiben hinlänglich aus, so viel kann bereits im Vorfeld gesagt werden. Der Verlauf nimmt teilweise zu uniforme Tendenzen an, die einiges an Langeweile transportieren. Da können auch ein paar Lacher nicht für die anvisierte Atmosphäre sorgen, die sich aufdringlich und phasenweise in peinlicher Art und Weise aufbäumen wird.

 

Die Geschichte fängt mit dem Ausfall des hiesigen Briefträgers an, um schleunigst seinen potenten Nachfolger zu integrieren, der ab sofort die Damen aller couleur beglücken darf, außerdem frustrierte grüne Witwen. Dieses Beischlaf-Karussell dreht sich beinahe eine geschlagene Stunde lang, um anschließend zur eigentlichen Sache zu kommen, die der Titel immerhin angekündigt hatte. Albernheiten und Zweideutigkeiten dominieren diesen Beitrag zusehends erdrückend, sodass eine gute Ausdauer des Zuschauers zur Grundvoraussetzung wird. Sicherlich entstehen insbesondere mit Brigitte Skay oder Barbara Valentin auch ein paar wirklich gelungene Szenen im Rahmen der Situationskomik, jedoch kann sich insgesamt kein ausgewogener Eindruck aufdrängen, da die Stimmung immer wieder umkippt. Helmut Förnbacher ist daher anzukreiden, dass er dem Film eine zu kopflastige Richtung mitgegeben hat und dabei keine Entscheidung trifft, die Parallelhandlungen prägnant und zufriedenstellend abzuhandeln. Im Bezug auf die sicherlich nicht zu verachtende Schauspieler-Riege kündigt der deutsche Kino-Trailer überdies noch Folgendes an: »Mit Deutschlands Komikerelite.« Der schnelle Blick auf die Hauptrollen stiftet in diesem Zusammenhang eine spürbare Verwirrung, denn für etliche Interpreten stellte die Komödie keineswegs eine Domäne dar, aber dennoch bleibt erst einmal abzuwarten, wie sie sich letztlich hier präsentieren werden, und ob tatsächlich komödiantisches Blut ihn ihnen fließt. Zu einer bemüht heiteren musikalischen Untermalung ist wie erwähnt ein Stelldichein nach dem anderen zu begutachten, wofür sich selbst eine renommierte Interpretin wie Wera Frydtberg nicht zu schade war. Anhand etlicher Beispiele ist deutlich zu erkennen, dass Förnbacher gewisse Schauspieler gezielt auf unbekanntes - um nicht zu sagen - schlüpfriges Terrain führt.

 

Das Treiben wird von keiner Geringeren als Eva Renzi angeführt, um Unterstützung von einem bunt durchgemischten Ensemble zu erhalten, das vor allem nach Leibeskräften agiert. Als ihren Onkel sieht man den Engländer Patrick Jordan, der weder internationales Flair in die Szenerie bringen kann, noch durch eine besondere Schauspiellaune auffallen will. Seine Gebärden und die damit verbundenen Dialoge fahren unausweichlich in eine Einbahnstraße, sodass es zu keinem besonders großen Vergnügen wird, ihn auszuhalten, was übrigens genauso für Ralf Wolter gilt, der die unbequeme Verpflichtung auferlegt bekommen hat, wirklich jeden Vogel abschießen zu müssen. Amadeus August hingegen wirkt gelassen und flexibel genug, um dem Verlauf einen deutlichen Stempel aufzudrücken, wenngleich man aber fairerweise sagen muss, dass ihm von der Geschichte her nicht besonders viel abverlangt wird. Dennoch bleiben gerade seine Szenen in Erinnerung, in denen er sich in diversen Betten verlustiert, denn hierbei handelt es sich immerhin um den Löwenanteil seiner Auftrittsdauer. Zusätzlich geben er und Eva Renzi ein nett anzusehendes Paar ab, dem anzusehen ist, dass schon ein bisschen Spaß beim Dreh geherrscht haben wird. Natürlich übersteigt dieser Eindruck quasi die eigene Vorstellungskraft, immerhin blickt man auf Förnbachers fertiges Produkt. Trotzdem versprühen beide ein wenig natürlichen Spaß, der ansonsten nur schwer zu finden ist, oder aufgesetzt wirkt. Szenen zum Schmunzeln und Lachen (hinter vorgehaltener Hand) liefern Brigitte Skay und Barbara Valentin, die sich buchstäblich in ihren eigenen Klischees suhlen, oder doch eher räkeln. Beide reihen sich in die Riege der sehr nett anzuschauenden Interpretinnen des Verlaufs ein, genauso wie Hansi Linder oder Gudrun Herms. Mit Vera Frydtberg ist eine Schauspiel-Veteranin in den Anfängen ihres Schwanengesangs zu beobachten, doch selbst dieser Abstecher in ungewohnte Gefilde demonstriert genügend Routine und Souveränität.

 

Der Legende nach ist in nahezu jeder Filmografie von Darsteller_innen ein Ausrutscher zu finden, oftmals sind es sogar mehrere schwarze Kapitel. Eva Renzi selbst gab ihrem eigenen Schaffenstiefpunkt den Namen "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe", ohne dabei zu betrachten, dass persönliche Ressentiments die bestehenden Tatsachen hinsichtlich einer einwandfreien Leistung nicht ausräumen können. Wenn die gesamte Renzi'sche Filmografie so gut wie bekannt ist, kann es gar nicht anders kommen, dass man Helmut Förnbachers Erotik-Komödie in diesem Zusammenhang ins Visier nimmt, was jedoch hauptsächlich auf den Film und nicht auf Eva Renzis Leistung bezogen ist. Auch hier gilt ihr selbst erwähntes Prinzip, dass es die persönlichen Möglichkeiten stets zugelassen haben, gut oder zumindest der Anforderung entsprechend zufriedenstellend zu sein. Als Sabrina von der Wies macht Renzi zumindest einen mehr als soliden Eindruck und weiß sich erneut prominent in Szene zu setzen, was unterm Strich vom inszenatorischen und dramaturgischen Diktat verwässert wird. Weiß man um Eva Renzis kritischen Blick auf Frauenrollen bestimmter Anlegung, liegt es nahe, dass es sich hierbei um eine von jenen handeln müsste, die sie unter normalen Umständen mit Genuss in der Luft zerrissen hätte. Aber wer weiß das schon? Ein Blick auf die bestehenden Tatsachen zeigt eine - für den zeitgenössischen deutschen Genrefilm - ungewöhnlich stark instrumentalisierte Eva Renzi, deren Mehrfachanforderung beinahe ausschließlich darin besteht, den Klamauk zu dosieren, unter anderem für Erotik zu sorgen und dabei natürlich blendend auszusehen. Strecken von Großaufnahmen ihres hier frisch und ausdrucksstark wirkenden Gesichts tun ihr Übriges dazu.

 

Bei der Darstellung der Sabrina ist vor allem interessant, dass es sich um eine Dame handelt, die vergleichsweise weniger in das klassische Beuteschema der Eva Renzi fällt. Nur zu oft hat man selbstbewusste, schlagfertige, aber auch oppositionelle Charaktere von ihr sehen können, doch hier findet eine merkliche Abkehr zu diesem Schema statt, denn Sabrina steckt in einem Korsett, das von Männern ihres Umfeldes maßgeschneidert wurde. Zwar genießt die schöne Frau zahlreiche Freiheiten, von denen andere in diesem Zeitfenster nur hätten träumen können, aber innerhalb des ambitioniert modernen Anstrichs zeigen sich für Renzis Verhältnisse fast konservative Züge, die so rückschrittig sind, dass einem keine ähnlich gearteten Darbietungen ihrerseits einfallen. Sabrina lebt in uneindeutigen Verhältnissen mit ihrem Onkel zusammen und wirkt dabei wie eine bessere Hausangestellte, die sich zwar kritische Kommentare erlauben darf, die obendrein immer wieder Zweifel schüren, aber dennoch effektlos im Ganzen untergehen. Es ist mehr als offensichtlich, dass Renzi die Dramaturgie immer wieder mit ihrer persönlichen Note durchbricht, allerdings nicht viel gegen die Marschrichtung der Produktion ausrichten kann, da immerhin alle Darsteller vor die gleiche Karre gespannt werden. Im Fokus liegen schließlich männlich-weibliche Beziehungen, sodass nur auf das Auftauchen des neuen Briefträgers gewartet werden muss, um vollkommen weich zu werden: »Ich glaub ich bin verliebt! Ich hab ihn einfach angeschaut...« Beinahe ungläubig hört man Eva Renzi zu, als sie ihrem Onkel von Amors Treffsicherheit berichten muss und buchstäblich dahin schmilzt. Etwas Vergleichbares ist in ihrer Karriere kaum zu finden. Aber es läuft hier wie es eben laufen muss; auch wenn es unter diesen quasi umgekehrten Voraussetzungen geschieht.

 

Auch wenn "Beiß mich Liebling" gewiss das Schlusslicht in Eva Renzis Filmografie darstellt, bekommt der geneigte Zuschauer eine Rolle geboten, die in dieser Form auch nicht alle Tage zu finden war. Zunächst lässt sich der Eindruck nicht wegdiskutieren, dass die Berlinerin trotz der Rahmenbedingungen - die mit Schraubzwingen in Kontur gebracht sind - gelöster als sonst wirkt; ein paradoxer Eindruck, denn schließlich wird Eva Renzi hier deutlich an der kurzen Leine gehalten und es bietet sich so gut wie keine Gelegenheit, wie üblich aus bestehenden Mustern auszubrechen. Daher sieht man dem Empfinden nach weniger Eigeninterpretation und Selbstinszenierung, als eine klassische Abhandlung des Geforderten. Dies soll zwar keineswegs heißen, dass die Schauspielerin sonst immer das tat, worauf sie gerade Lust hatte, aber dennoch ist in fast allen ihrer anderen Auftritte nicht nur die ausführende Interpretin zu beobachten, sondern auch die teils auflehnerisch wirkende Person Eva Renzi. Nichtsdestotrotz beugt sie sich hier wie kein zweites Mal dem aufdringlichen Diktat der Regie und hat den Mann an ihrer Seite anzuhimmeln und schöne Staffage zu sein, was man ketzerisch vielleicht schon eher als Verschwendung ansehen sollte. Mit ihrem Partner Amadeus August entstehen viele Sequenzen der Erotik und Intimität. Daraus resultiert eine auffällige Körperbetontheit der Schauspielerin, die sich vom fordernden Auge der Kamera zu dem Objekt degradieren lässt, welches sie auch nach eigenen Angaben nie sein wollte. Abschließend zu dieser im Endeffekt nicht uninteressanten Rolle soll ein Auszug aus der Zeitschrift "Praline" aus dem Jahr 1969 als unkommentierte Anmerkung Licht ins Dunkel bringen: »Eva: "Ich ziehe mich nur aus, wenn der Film künstlerisch wertvoll ist." Die Filmleute: "Aber woher wissen Sie vorher das Filmprädikat?" Eva: "Das entscheide ich."«

 

In Helmut Förnbachers "Beiß mich Liebling" gibt es letztlich allerhand Schattenseiten, die positive Aspekte immer wieder stark überlagern. Im Grunde genommen ist die Geschichte nicht ganz so schlecht, wie es das Ergebnis suggeriert, aber das Endergebnis hätte bei einer etwas mehr strukturierten Bearbeitung deutlich besser aussehen können. Zu Spät wird das eigentliche Vampir-Thema integriert, und zwar dann, wenn der strapazierte Zuschauer bereits kurz vorm Einschlafen ist. Im letzten Drittel darf schließlich noch etwas gebissen werden, doch diese Sequenzen reichen nicht mehr aus, um das Lenkrad noch herumzureißen. Dass es an vielen Stellen einfach zu albern und herkömmlich wird, kann man einem Film nicht anlasten, der eigentlich nichts anderes sein will, als ein Unterhaltungsvertreter seiner Zeit. Trotzdem neigt man schnell dazu, mit diesem Vehikel schwerer als üblich ins Gericht zu gehen, da Förnbacher ein unausgewogenes Mischmasch abgeliefert hat, das sich im Endeffekt nicht gerade entscheidungsfreudig präsentiert. Der Film ist seit seiner Kino-Aufführung im August 1970 und der Veröffentlichung auf VHS verständlicherweise komplett in der Versenkung verschwunden, denn selbst der hartgesottene und geneigte Zuschauer bekommt nicht viel Neues vom Schweizer Jungregisseur geboten; außer, dass er einem seine augenscheinlichen Ambitionen ergebnislos auftischt und dass etliche gerne gesehene Darsteller als Zirkuspferde in die Manege gepeitscht werden. Insgesamt gesehen, kann man sich diesen Erotik-Klamauk mit wohlgemerkt äußerst abgespecktem Vampir-Thema anschauen, ohne dabei den Glauben an die Qualität der deutschen Filmindustrie jener Zeit zu verlieren, aber Aha-Effekte oder zufriedenstellende Ergebnisse bleiben definitiv und wahrscheinlich sogar weitgehend aus. Daher: für Fans, Komplettisten und auch Optimisten.

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