La muerte incierta

Indien | Italien | Spanien, 1973

Alternativtitel:

La morte incerta (ITA)

The Uncertain Death

Inhalt

Der in Indien lebende Plantagenbesitzer Clive Dawson (Antonio Molíno Rojo) hat eine langjährige Affäre mit seiner Bediensteten Shaheen (Rosalba Neri). Als er bei einer Europareise die deutlich jüngere Brenda (Mary Maude) heiratet, erfährt er nach seiner Rückkehr mit ihr nach Indien, dass Shaheen Selbstmord begangen hat. Seine Familie und seinen Besitz verflucht hat sie indes schon vor seiner Abreise. Brenda muss feststellen, dass ihr Ehemann viel zu viel trinkt und nicht so rechte Lust auf den Vollzug der Ehe verspürt, jedenfalls nicht so häufig wie erhofft. So beginnt sie eine Liebschaft mit Clive Dawsons Sohn Rupert (Raffaele Curi), der nebenbei noch Sybilla (Yelena Samarina), die Frau des örtlichen Doktors, tröstet. Bei einer Tigerjagd wird Clive schwer verletzt und fortan vernebelt sich sein Verstand zusehends. Glaubte er zuvor, dass Shaheen in Wahrheit noch lebt und im Verborgenen ihre Rache an ihm plant, ist er nun überzeugt, von ihrem Geist verfolgt zu werden. Und wo ist eigentlich der Großvater der Familie abgeblieben?

Review

Und wieder einmal ist mir eine eher wirre Inhaltsangabe zu einem schönen Film mit komplexer Figurenzeichnung gelungen. Zugegeben, ich war auch ein wenig verwirrt. José Ramón Larraz inszenierte „La muerte incierta“ in spanisch-italienischer Co-Produktion bereits 1971, fand aber erst 1973 einen Verleiher in – no less – MGM. Trotz der schönen Inszenierung und einer eigentlich spannenden Geschichte ist nicht zu übersehen, wo das Problem lag. Larraz‘ Drehbuch suggeriert zunächst eine Geistergeschichte, wendet sich dann aber ab, um vom Verfall einer Familie zu erzählen, welcher schließlich in einen indischen Untergang des Hauses Usher mündet – mit Mord, Todschlag, Wahnsinn, Promiskuität. Freilich wurde nichts davon in Indien gedreht, dafür gibt es einiges an Stock Footage.

 

Die Bewertungen, die man im Internet zu „La muerte incierta“ findet, sind nicht so toll. Es ist zudem schwer, den Film wirklich zu genießen, da anscheinend nur eine rotstichige, von der Leinwand abgefilmte und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit zensierte spanische Kinofassung zu finden ist, freundlicherweise mit englischen Untertiteln. Ansonsten ist „La muerte incierta“ jedoch ein Larraz-Film wie er im Buche steht. Es wird viel Wert auf Darstellung und Charaktere gelegt, die lange undurchsichtig bleiben.

 

Ein paar Beispiele. Zu Beginn sehen wir Clive Dawson mit seiner Geliebten Shaheen, gespielt von Rosalba Neri, die nur wenig Screentime hat. Clive will seine Affäre mit ihr beenden, dabei werden ein paar schmutzige Details angedeutet. Offenbar hat er bisweilen extreme sexuelle Vorlieben, die Shaheen für ihn erfüllt hat, nun, im Augenblick der Trennung, bereut sie dies, verflucht ihn und jeden, der auf seinem Besitz lebt. Wütend läuft sie davon, dabei erklingt das Klappern ihrer Halskette, das Clive nach ihrem Tod noch öfter hören wird.

 

Nach dem Vorspann kommt Clive mit seiner neuen und zweiten Ehefrau Brenda nach Indien. Brenda, gespielt von Mary Maude aus Narciso Ibáñez Serradors „Das Versteck“ (La residencia, 1969), scheint keine Unschuld. Am Esstisch führt sie in Gegenwart von Clives Sohn Rupert frivole Gespräche und will ihren Ehemann ins Schlafzimmer locken. Doch der trinkt lieber, und damit beginnen die Probleme. Im weiteren Verlauf entdeckt Brenda im Keller des Hauses ein Bett, an dem augenscheinlich jemand angekettet wurde. Sie erfährt von der Landflucht von Sohn Ruperts Mutter und vom angeblichen Selbstmord des Großvaters. Shaheens Selbstmord und deren vergangene Liebesbeziehung zu Clive sucht man vor Brenda zu verheimlichen, doch es ist nur eine Zeitfrage, bis sie zwei und zwei zusammenzählt.

 

Wir Zuschauer erfahren zudem, dass Rupert eine Affäre mit der Frau des örtlichen Doktors hat, und dass weder Rupert noch Clive ganz richtig im Kopf sind. Auch der verstorbene Großvater und Plantagengründer der Dawsons starb in geistiger Umnachtung. Ein erster Spannungshöhepunkt ist die Tigerjagd, bei der Clive schwer verletzt wird. Geschickt montiert Larraz den Angriff des Tigers mit einem – aus Clives verwirrter Sicht – Angriff von Shaheens Rachegeist. Die Gewalt dieser Szene kommt, wie bei Larraz‘ besseren Frühwerken üblich, unvermittelt und brachial, untermalt von ebenso brachialer Musik von Daniele Patucchi.

 

Im Finale findet sich eine Auflösung aller Geheimnisse, doch niemand wird damit glücklich werden. Das Haus und die Familie der Dawsons sind zum Untergang verdammt. Und mit der Auflösung wird dem Zuschauer bewusst, dass er eben keinen Horrorfilm gesehen hat, sondern ein Familiendrama, dass wie ein Horror-Thriller inszeniert wurde. Das mag einige enttäuschen, ich fand es gut – und wünsche mir eine anständige Veröffentlichung.

Links

OFDb
IMDb

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