Blaubart

Frankreich | Deutschland | Italien, 1972

Originaltitel:

Bluebeard

Alternativtitel:

Barbe-bleue (FRA)

Barba Azul (BRA)

Barbablù (ITA)

Den bestialiske (SWE)

Mavi sakal (TUR)

Paroni Siniparta (FIN)

Ridder blåskjegg (NOR)

Ritari Siniparta (FIN)

Sinobrody (POL)

Deutsche Erstaufführung:

15. Dezember 1972

Regisseur:

Edward Dmytryk

Inhalt

Der als Kriegsheld verehrte Faschist, Baron Kurt von Sepper (Richard Burton), lebt mit seiner kürzlich geehelichten Frau Anne (Joey Heatherton) in einem abgelegenen Schloss, in welchem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Als die Dame des Hauses während der Abwesenheit ihres Mannes einen geheimen Raum mit zahlreichen Frauenleichen entdeckt, erscheint auch ihr Schicksal besiegelt zu sein. Doch es kommt alles anders, da sie dem Baron zunächst Verständnis gegenüber bringt, und mehr über die Hintergründe erfahren möchte. Von Sepper berichtet nicht nur, wie er sie umgebracht hat, sondern vor allem auch warum. Was hat Anne zu befürchten..? 

Autor

Prisma

Review

Filme mit internationaler Starbesetzung verfügen in der Regel alleine wegen ihres Casts bereits über die halbe Miete, sodass die eigentliche Geschichte gerne auch einmal in die zweite Reihe rücken darf. Ob man in dieser im Jahr 1972 entstandenen Produktion derartige Abstriche zu machen hat, wird sich unter der Regie des US-amerikanischen Regisseurs Edward Dmytryk in Windeseile herausstellen, bekommt man doch gleich ab der ersten Minute immer wieder besonders ausdrucksstarke Bilder geboten. Richard Burton, berühmt und berüchtigt in vielerlei Hinsicht, orchestriert eine überaus makabere Geschichte rund um Wahn, Mord und Totschlag, die weniger durch ihre Exposition grausam und tragisch wirkt, sondern wegen der Tatsache, dass der Baron sich die ausschließliche Zerstörung der Schönheit auserkoren hat. Er pflückt nach und nach die Blütenblätter, bestehend aus einigen der attraktivsten und bekanntesten Schauspielerinnen dieser und jener Zeit ab, um den Schock mit jeder weiteren Etappe zu erhöhen. So weit das Auge reicht, sind neben Richard Burton und seiner US-amerikanischen Partnerin Joey Heatherton trotz hochkarätiger Namen nur nominelle Hauptrollen wahrzunehmen, allerdings in einer kaum zu überbietenden Dichte an Top-Interpretinnen. Raquel Welch, Virna Lisi, Nathalie Delon, Marilù Tolo oder Karin Schubert; die Liste ist lang, attraktiv und reichhaltig. Doch zunächst bekommt das geneigte Auge den ersten tragischen (oder doch delegierten) Todesfall zu sehen, sodass der soeben verwitwete Baron sich auf die Suche nach einer neuen Gefährtin machen muss. Diese ist in der Regel schnell gefunden, da eine aristokratische und für die Damenwelt anziehende Aura von ihm auszugehen scheint. Intensiviert durch eine animierende Fleischbeschau einiger Damen, tun sich nebenbei (Ab)Gründe dafür auf, warum eine Dame nach der anderen auf nimmer Wiedersehen verschwunden ist. 

 

Garniert mit einigen Horror-Effekten und überspitztem Einfallsreichtum aus dem mythologischen Reich der grausamen Exposition, stellen sich Effekte ein, die in den richtigen Momenten auch zu greifen wissen, um Stimmungen zu fabrizieren, die dieser morbiden Geschichte zuträglich sind. Das Maß aller Dinge wird hier Richard Burton heißen, Motor und Initiator dieses etwas in Vergessenheit geratenen Schockers, der seinerzeit mit eher negativen bis gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. Dabei wurde Burtons Leistung vor allem vergleichsweise durchleuchtet und an seinen größten Klassikern bemessen, was einen hier aber nicht wesentlich weiterbringt, denn der Brite spielt eine besondere Art der vereinnahmenden Dominanz aus, die er selbstverständlich gerne an den weiblichen Interessenten auszulassen pflegt. In seiner Erscheinung wirkt er erhaben, unantastbar, in den richtigen Momenten statisch-charmant, sodass es kein Wunder ist, dass ihm die Damen zu Füßen liegen, und sei es nur wegen eines Titels der Baronin von Sepper. Seine Partnerinnen liefern unterschiedliche Gesichter und Ambitionen, stellen ihr Können dabei lediglich intervallweise zur Verfügung. Die tatsächliche weibliche Hauptrolle wird von Joey Heatherton interpretiert, die im Vergleich auch am meisten Screentime zur Verfügung hat, geschweige denn Raum, sich in ihre Rolle hineinzudenken und diese glaubhaft umzusetzen. Trotz ihrer harten Akzentuierung, vor allem im verbalen Bereich, weiß sie als Überraschungsartistin zu überzeugen. Sucht man nach einer weiteren Rolle, die ähnlich prominent in Erscheinung tritt, muss sicherlich die schöne Karin Schubert genannt werden, die sich einige Jahre später erfolgreich ins Fach der Erwachsenenfilme verabschiedete. Raquel Welch, Marilù Tolo, Virna Lisi, Agostina Belli, Nathalie Delon oder Sybil Danning stellen Etappen dar, wenn auch überaus anregende, und sind damit beschäftigt, dieses obskure Puzzle zusammenzufügen. 

 

Diverse Vorahnungen findet man im Nebel dieser Geschichte förmlich auf der Straße, welche sich meistens auch bewahrheiten werden, aber es offenbaren sich auch stilsichere Twists, die das Geschehen und den Zuschauer bei Laune halten können. Bekannte und hochverdiente Interpreten wie Mathieu Carrière, Jean Lefebvre oder Edward Meeks lockern das Szenario mit gekonnten Griffen und Taktiken auf, sodass das Epizentrum BLAUBART zwar ein gefräßiges Ungeheuer bleibt, aber das Geschehen nicht erdrückt, beziehungsweise unliebsam zermalmt. Der Film verfügt über eine satte Ausstattung und verheißungsvolle Bildsprache, könnte sich beinahe als Vertreter des Ausstattungsfilms feiern lassen, wenn dort nicht dieser überaus morbide Charakter wäre, der einen immer wieder einholt. Die Zerstörung von Schönheit und Anmut wirkt immer schockierend, auch wenn einige der Damen tatsächlich zahlreiche Macken und Makel haben, die selbst den Zuschauer strapazieren werden, aber es liegt ein immerwährender Duft von Gerechtigkeit in der Luft, die allerdings einen Schlüssel brauchen wird. Diese Lösung rückt unter der geschickten Regie lange in weiter Ferne, die es sich zur vornehmsten Aufgabe macht, für ein gut organisiertes und überzeugendes Finale zu sorgen. Das Abarbeiten historischer Nährböden wird lediglich angerissen. Am Ende wirkt der Film nicht zuletzt wegen seiner teils unorthodoxen Mixturen außergewöhnlich, aufgrund des Ensembles ohnehin, sodass man einen Film Revue passieren lassen kann, der eher steht, als fällt, vorausgesetzt man kann mit so vielen Neurosen, krankhaften Zwängen, Wahnvorstellungen und unbelehrbaren Personen etwas anfangen. BLAUBART kann trotz seiner Überlänge seine kurzweiligen Ambitionen ausspielen und sich im Kreise der Produktionen etablieren, die ein nicht ganz alltägliches, von Zeit zu Zeit sogar pikantes Angebot machen, das man mit Leichtigkeit interessiert und dankend annehmen kann. 

Autor

Prisma

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.