Das Team des Blauen Palais ist offensichtlich auf eine Sensation gestoßen. In einer Abhandlung des britischen Biologen Ian McKenzie (Udo Vioff) heißt es, er habe den Schlüssel zur Unsterblichkeit gefunden, durch die Verkürzung der DNS bei ihrer Reproduktion. Die Biologen des Teams Sibilla Jacopescu (Evelyn Opela) und Jeroen de Groot (Peter Fricke) gehen der unglaublichen Behauptung nach und reisen zur University of Cambridge. Dort erfährt man, dass sich der Forscher zurückgezogen hat. Schließlich machen sie ihn in einem schottischen Schloss ausfindig, doch sie finden einen unheilbar kranken Mann im Rollstuhl vor. Wieder im Blauen Palais angekommen forschen sie an der Unsterblichkeit weiter. Ein Jahr vergeht, ohne signifikante Erfolge verbuchen zu können, bis Schließlich die Frau von Ian McKenzie im Palais auftaucht. Eva (Eva Renzi) hat die wichtigsten Forschungsergebnisse ihres mittlerweile verstorbenen Mannes bei sich und liefert entscheidende Erkenntnisse. Der Weg zur Unsterblichkeit ist frei, man will nicht wie der Erfinder nur an Taufliegen experimentieren, sondern an Menschen. Doch die Situation gerät außer Kontrolle...
Zu "Unsterblichkeit" gibt es zunächst einige Bemerkungen hinsichtlich der Besetzung zu machen. Die in den ersten drei Teilen der Reihe agierende Luomi Iacobesco wurde durch Evelyn Opela, und Lyne Chardonnet durch Helga Anders ersetzt, was der vierten Folge sehr zugute kommt. Wieder einmal greifen die Wissenschaftler des Blauen Palais ein spektakuläres Forschungsergebnis auf, welches durch die Schilderungen im Endeffekt theoretisch möglich erscheint. Unsterblich zu sein bedeutet in diesem Kontext also, dass der Alterungsprozess aufgehalten werden könnte, indem man die Zellteilung um ein vielfaches beschleunigt. Doch so erstrebenswert, wie das Ganze vielleicht klingen mag, wird es in dieser Folge keineswegs dargestellt. McKenzies Pionierarbeit wurde vielmehr angeprangert und eine Kommission will alle gewonnenen Erkenntnisse ungelesen zur Vernichtung freigeben. Die Forschungen und die Laborarbeit werden sehr eingängig demonstriert, vor allem aber bekommt man es mit vielen Zweifeln zu tun, außerdem mit moralischen Ehrbegriffen, der Frage über Fluch und Segen, oder Ursache und Wirkung, was die Protagonisten und Zuschauer hin und her reißt. Dank Eva kann die Forschungsarbeit zu einem positiven Abschluss gebracht werden, und um die Tauglichkeit zu testen, unterzieht sich Sibilla einem waghalsigen Selbstversuch. Alles gerät jedoch außer Kontrolle, da es wie üblich verschiedene Interessengemeinschaften gibt. So kämpft die eine Seite schließlich gegen das feststehende Ende von Leben, die andere aber kämpft gegen die Unsterblichkeit.
Nach einer Reihe internationaler Spielfilme wechselte Eva Renzi im Jahr 1971 ins TV-Fach. Auch Rainer Erlers fünf Jahre später entstandene Science-Fiction-Serie, die übrigens als eine der besten der deutschen Fernseh-Geschichte gehandelt wird, fällt in diese Phase und die Berlinerin war in zwei von fünf Episoden zu sehen. Schaut man sich die spannenden Teile an, die jeweils Spielfilmlänge haben, darf durchaus betont werden, dass es sich um sehr anspruchsvolle und weitsichtige Inhalte handelt, die sehr publikumswirksam in einen Unterhaltungsmodus verpackt wurden. Eva Renzi teilt sich die Episoden-Hauptrolle mit einer hervorragend aufspielenden Evelyn Opela, und beide Darstellerinnen übernehmen sehr wichtige Funktionen im Rahmen von Schlüsselrollen. "Unsterblichkeit" behandelt dabei ein Thema, das im weiteren Verlauf in eine klassische Horror-Vision umschlagen wird, in der Eva Renzi die Überbringerin dieser Theorie werden wird, nachdem sie von den Wissenschaftlern des Blauen Palais aufgesucht wurde, die an wichtige Informationen für die weitere Forschung gelangen wollten. Bereits diese Szenen im Schloss werden zu einer eindeutigen Vorstellung für Eva werden, die plötzlich und wie aus dem Nichts erscheint. Ihren Mann, der im Rollstuhl sitzt, trägt sie in das Laboratorium, welches in einem der oberen Etagen liegt und es entstehen eigenartige Szenen zwischen ihr und Udo Vioff, den sie tatsächlich wie der Bräutigam die Braut über die Schwelle tragen muss. Dieser Eindruck ist wegweisend für die eigentliche Anlegung dieser Rolle, denn man sieht eine Frau, die es gewöhnt ist, ihren Mann zu stehen. Allerdings ist ihr Verhalten auch von Vorsicht geprägt und einem nur indirekten Verantwortungsbewusstsein, da sie nicht zu kalkulierende Entscheidungen einfach an Andere delegiert. Diese Eindrücke werden ruhen gelassen und im Geschehen vergeht schließlich ein komplettes Jahr, bis die Wissenschaftler wieder aufeinander treffen werden.
»Ein Engel kommt nach Babylon!«, heißt es, als Eva Renzi vor dem Titel gebenden Haus auftaucht. Im strömenden Regen und alles andere aussehend, als sei sie ein Engel, wird sie von den Kollegen der Biochemie, die in diesem Zeitraum ergebnislos weiter geforscht haben, euphorisch empfangen. Und tatsächlich, sie serviert die Forschungsergebnisse ihres mittlerweile verstorbenen Mannes und gleichzeitig den Schlüssel zur Unsterblichkeit. Die Schauspielerin agiert zunächst unscheinbar, sie kann dem Zuschauer durchaus Sympathien entlocken, aber man will erneut einen gesunden Sicherheitsabstand halten, da sie unergründlich und sprunghaft erscheint. Hinzu kommt eine durch und durch wissenschaftliche Attitüde, die in der Mischung aus Sachlichkeit und Ambition zurückweisende Formen annimmt. Überhaupt sieht es so aus, dass die beiden Bio-Chemikerinnen vor nichts zurückschrecken wollen, um der Menschheit einen vermeintlichen Dienst zu erweisen, und dieses wissenschaftliche Denken im Quadrat wird sehr eingängig demonstriert. Im Sinne der Interpretation spielt Eva Renzi ihre mittlerweile feste Auffassung der Rolle klassisch aus, sodass zu sagen bleibt, dass diese Strategien nicht immer komplett zuschauerfreundlich ausgefallen sind. Hinter vorgehaltener Hand könnte man also von einer Mischung aus Impulsivität, Rücksichtslosigkeit und präziser Berechnung ausgehen, was die Entourage des Hauses aber durchaus mit einem feinen charakterlichen Schliff bereichert. Erneut drängt sich also der Eindruck auf, dass man bei derartigen Rollen nicht wahllos auf Eva Renzi zurückgegriffen haben wird, es sei denn, sie wurden aller Unwahrscheinlichkeit nach extra für sie geschrieben. Sie transportiert erneut eine nachdenkliche, trotz neuer Sachlichkeit sogar melancholische Note, wenngleich sie von ihrem Wesen her stets unkalkulierbar bleibt, und es ist eine große Freude, Eva Renzi in einer ihrer zahlreichen Charakter-Rollen zu sehen, wenngleich ihre Filmografie ruhig hätte länger sein dürfen. In diesem Zusammenhang steht nach "Das blaue Palais" übrigens eine schöpferische Pause bei Film und Fernsehen bis 1980 zu Buche.
Nichts gegen Luomi Iacobesco, die ihre Sibilla drei Folgen lang sehr gut strukturierte und darstellte, aber Evelyn Opela weiß tatsächlich ganz andere Akzente zu setzen. Sie übernimmt die Rolle quasi aus dem Stand und gestaltet sie wesentlich facettenreicher. Interessant ist ebenfalls, dass Evelyn Opelas markante, oder vielmehr charmante Originalstimme aufgrund ihres Akzents nicht wie so häufig synchronisiert werden musste, denn sie stellte ja schließlich eine rumänische Biologin dar. Nach dieser temperamentvollen Leistung wünscht man sich fast, sie hätte diese Rolle von Anfang an übernommen. Die sympathische Sibilla macht eine bemerkenswerte Metamorphose durch und mit ihr erlebt man den ultimativen Showdown der kompletten Serie. Auch Peter Fricke bekam glücklicherweise wieder eine exponiertere Rolle, der ohnehin eines der renommiertesten Gesichter des deutschen Fernsehens darstellt. Udo Vioff und besonders Helga Anders kommen leider kaum über Statistenrollen hinaus. Das große Highlight der Folge, aber auch der Serie ist selbstverständlich die unwiderstehliche Eva Renzi in einer tragenden Rolle. Ihr ernster und manchmal beinahe oppositionell wirkender Charakter kommt der Figur sehr zu Gute, sie transportiert eine hohe Präzision und Glaubwürdigkeit. Die vierte Folge überrascht mit hoher Spannung und raffiniertem Thrill, sie hätte durchaus als eigenständiger Spielfilm durchgehen können. Das Finale deutet schließlich eine latent vorhandene Horrorvision an, denn es erscheint nicht gerade sehr aussichtsreich zu sein, wenn bereits vier von fünf Lebewesen auf der Erde ohnehin schon Insekten sind. "Unsterblichkeit" ist der bislang kritischste und nachdenklichste Beitrag im Blauen Palais geworden. Wirklich ausgezeichnet! Aufgrund des kritischen Ansatzes der Folge hallen viele Eindrücke und besonders eine denkwürdige Aussage nach: »Wir sind die Neandertaler von morgen...nicht einmal als Irrtum perfekt.«