Die Abwerbung

Deutschland, 1974

Originaltitel:

Die Abwerbung

Regisseur:

Imo Moszkowicz

Inhalt

Charlotte Lindner (Eva Renzi) und ihre beiden Kompagnons (Horst Janson und Harald Juhnke) durchleiden eine berufliche Durststrecke. Es mangelt an Aufträgen für ihre kleine Werbeagentur, da die Konkurrenz ohnehin groß ist. Eines Tages erreicht Charlotte, die von ihren Freunden nur Charly genannt wird, ein Brief mit einem verlockenden Angebot der Großagentur Hollmann, die einen lukrativen Werbeauftrag zu vergeben hat. Doch die Freude hält sich in Grenzen, da es einige Haken gibt: die junge Frau soll den Auftrag alleine annehmen und außerdem kennt sie den Chef der Agentur (Paul Hubschmid), mit dem sie keine guten Erfahrungen gemacht hat. Dennoch hört sie sich die Modalitäten der Offerte an, bleibt aber überaus skeptisch. Wird Charly den Auftrag annehmen und sich abwerben lassen, um aus der beruflichen Misere zu kommen oder kann sie den arroganten Geschäftsmann in seine Schranken weisen...?

Autor

Prisma

Review

Gerade im TV-Bereich stellt der deutsche Regisseur Imo Moszkowicz keine unbekannte Größe dar, immerhin führte er Regie in über 200 Fernsehfilmen und Serien-Episoden. "Die Abwerbung" transportiert eine Reihe komödiantischer Untertöne und wurde als separater Fernsehfilm gedreht, hätte allerdings ebenso gut in eine Vorabendserie hinein gepasst, beziehungsweise mit den markanten Charakteren hätte sich auch gut eine eigene Serie machen lassen können. In diesem Zusammenhang fällt selbstverständlich die Besetzung auf, die gerade für einen TV-Film als überaus hochkarätig bezeichnet werden kann. Wie der Titel bereits andeutet, wird sich der Verlauf mit der Abwerbung einer begehrten Arbeitskraft beschäftigen, doch ebenso aufzeigen, dass sich in mancher Chefetage einflussreiche Herren mit Elefantengedächtnis befinden, die eine Scharade veranstalten, falls ihre Eitelkeit, beziehungsweise Männlichkeit empfindlich verletzt oder getroffen wurde. Die Möglichkeiten eines knapp 30-minütigen Kurzfilms sind naturgemäß begrenzt, dennoch muss die Handlung stringent ins Ziel gebracht werden. In einem Bürohochhaus reichen die devot wirkenden Sekretärinnen dem Chef einer großen Werbeagentur sein täglich Brot und schon das Absegnen der Dokumente lässt ihn klagen, dass es hoffentlich nicht mehr so viel Arbeit für ihn sei. Sein Buchhalter namens Mair legt anschließend die Bilanzen vor und der Ton des Geschäftsmann ändert sich merklich ins Vehemente und Fordernde. Die Darstellung der Figur durch Paul Hubschmid vermittelt Vertrautheit, da man sich die Haie der Chefetagen genauso vorstellt wie ihn. Mahnend predigt er über Steigerung der Kapazitäten und größtmögliche Auslastung, zudem habe man zu wenige Mitarbeiter, die seiner Ansicht nach produktiv arbeiten.

 

Das perfekte Stichwort für eine angeblich längst in Vergessenheit geratene Gestalterin, beziehungsweise im Wortlaut patente Dame, deren einziger Fehler es sei, bei der schäbigen Konkurrenz zu arbeiten. »Wie wollen sie nun das Mädchen anmahnen?«, hört man durch das Büro hallen und der Zeitpunkt ist gekommen für die überaus attraktive Charly Lindner, an die sich zweifellos auch jemand mit akuter Amnesie erinnern würde. Ob sich der Zuschauer noch lebhaft an die darstellende Eva Renzi erinnern konnte, ist vielleicht auch weniger fraglich, allerdings lag ihr letzter Kinofilm mit Duccio Tessaris "Das Grauen kam aus dem Nebel" bereits vier Jahre zurück. Anschließend folgten ausschließlich TV-Auftritte und es lässt sich womöglich sagen, dass Imo Moszkowiczs Kurzfilm die Etappe in Renzis Karriere darstellt, ab der es nicht mehr so produktiv laufen sollte wie bisher. Es soll sich allerdings nur um eine Feststellung handeln und hat daher rein gar nichts mit diesem Beitrag zu tun und die Gründe sind sicherlich im Privatleben von Eva Renzi zu suchen. Das ehemalige "Playgirl" spielt in "Die Abwerbung" gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Paul Hubschmid, genau wie Horst Janson, dem Monika Lundi hier als Werbezeichnerin beruflich zur Seite steht, von 1973 bis 1976 mit ihm verheiratet war. Nach den Büroaffären bekommt man schließlich das Trio Eva Renzi, Horst Janson und Harald Juhnke zu sehen, das sich die auftragslose Zeit auf einer kleinen Yacht vertreibt. Ein Brief der Agentur Hollmann für Gebrauchtwagenwerbung scheint beim Sonnenbaden überhaupt nicht zur rechten Zeit zu kommen, zumal er persönlich an Charly Lindner gerichtet ist und ihre Kompagnons ausklammert, was die Anführerin der eingeschworenen Clique empört, da die drei immer zusammenarbeiten.

 

Nur wegen der Sache an sich? Wenig später wird sich herausstellen, dass die junge Dame den einflussreichen Herrn bereits kennt und ihr Bild von ihm aufgrund gewisser Anzüglichkeiten nicht gerade positiv geprägt ist. Eva Renzi gefällt sich in einem wetterwendischen, ja umgangssprachlichen Ton und demonstriert, dass ihre Laune den Gefrierpunkt erreicht hat, als sie an Hollmann erinnert wird. Was die anderen mit Pessimismus verwechseln, ist ausschließlich berechtigte Skepsis, denn immerhin weiß Charly offensichtlich genau, mit wem man es ab sofort zu tun haben könnte. Immerhin lässt sich die attraktive Frau auf ein Treffen mit Buchhalter Mair ein, dem sie mit ausgiebiger Ironie begegnet, da er wie eine Marionette seines übermächtigen Chefs wirkt. Das Gespräch ist schnell geführt, spezielle Wünsche des potentiellen Auftraggebers werden formuliert und im Endeffekt soll über allem eine rasche Vertragsunterzeichnung stehen. Ab diesem Zeitpunkt darf man Eva Renzi in ihrem Element beobachten, denn es bäumt sich diese »angeborene Neigung zum Widerspruch« auf, wie es Paul Hubschmid in seinen Memoiren beschrieb. Um das Vorhaben voranzutreiben, wird ein Treffen vereinbart. Zur großen Verwunderung Charlys soll es auf dem Golfplatz stattfinden, wo Hollmann seine Kontakte zu pflegen scheint; er begrüßt sie wie eine alte Freundin, doch sie bleibt äußerst förmlich und begegnet ihm mit Abweisung. Hollmann ist es ganz offensichtlich gewöhnt, dass er alle Personen in seinem Umfeld zu Untergebenen machen kann, in welcher Beziehung auch immer. Ein Blick auf den versnobten Geschäftsmann genügt völlig, um herauszufinden, was es in seiner Position braucht, nämlich viel Unverfrorenheit und glänzende Schuhe. Als Zuschauer hofft man inständig, dass die drei sympathischen Werbedesigner nicht auf einen Hai wie Hollmann reinfallen werden, doch plötzlich hagelt es schmackhafte Angebote für jedermann.

 

Paul Hubschmid glänzt in der Rolle des manipulativen Mannes ohne Anflüge von Gewissen und Moral und er färbt seinen Auftritt nach Belieben. Seine Waffen sind unberechenbar, da sie so vielfältig sind. In einem Moment kann er sein Gegenüber mit Charme überschütten und den Wolf spielen, der Kreide gefressen hat, um sich wenig später in den Sklaventreiber zu verwandeln, dessen liebste und zeitaufwändigste Beschäftigung zu sein scheint, andere vor einen tiefen Abgrund zu stellen, um sie obendrein freiwillig springen zu lassen. Bei der Betrachtung von Hubschmids damaliger Ehefrau Eva Renzi, blickt man prinzipiell gelassen auf die Situation, schließlich ist man alles, nur keine Leichtfertigkeit von der Interpretin gewöhnt. Mutig und lautstark stellt sie sich vor Personen, die von anderen benachteiligt werden und fürchtet nicht die mögliche Konfrontation mit vermeintlich Stärkeren. Im Fall Hollmann weiß sie, wen sie vor sich hat und reagiert renitent und überaus misstrauisch. Ihre Dialoge darf sie wie so oft flapsig und mit dieser unverwechselbaren Spontanität gestalten, sodass es erneut zum Genuss wird, Eva Renzi auf ihrem wohl sichersten Terrain beobachten zu dürfen, wie sie gewissen Leuten und auch dem Zuschauer eine Lehrstunde in Sachen Überzeugungskraft erteilt. Gemessen an der kurzen Spieldauer von "Die Abwerbung" muss es selbstverständlich schnell und manchmal hastig zugehen. Auffällig ist, dass Eva Renzi so gut wie in jeder Szene zu sehen ist und sie jeden neben sich in die zweite Reihe verweisen kann, nicht zuletzt wegen ihres resoluten Charakters und der starken Rolle einer Frau, ohne die man hier besser nicht die Rechnung machen sollte. So werden ihre Kompagnons hin und wieder sogar zurechtgestutzt, nicht aber ohne ihnen einige Lektionen über das Leben zu erteilen. Horst Janson und Harald Juhnke passen sich dieser, zur damaligen Zeit seit Jahren herrschenden und umgekehrten Rollenverteilung dankbar an.

 

Obwohl Janson in dieser Geschichte mit Charly liiert ist, sucht er seine konstruktiven Atempausen bei der Angestellten des Hauses, gespielt von Monika Lundi, die im Abspann übrigens nicht erwähnt wird, wie andere Darsteller auch. Die gemeinsamen Szenen weisen nicht den Drive und die Hektik auf, die vor allem mit Eva Renzi entstehen, die hier offensichtlich nur ein Credo kennt: Zuckerbrot und Peitsche. Doch kann sich wegen der lukrativen Job-Angebote überhaupt ein doppeltes Spiel ihrerseits und somit Balsam für die Seele des Zuschauers entfalten? Der Verlauf arbeitet in amüsanter Art und Weise auf eine Antwort hin und es entstehen Momente des Zweifelns, aber auch der Gewissheit. Imo Moszkowicz verrät bis zur letzten Szene nicht zu viel und verbannt die Vorhersehbarkeit so gut es geht aus seinem farbenfrohen Kurzfilm, der es insgesamt sehr gut versteht, eine heitere Note zu vermitteln. Bestückt ist er mit überzeugenden Darstellern und nett anzusehendem Lokalkolorit. Darüber hinaus kann man zusehen, wie bestehende Rollenverteilungen geistreich aufgeweicht werden und angedeutet wird, dass Frauen wie Charly Lindner immer noch gerne unterschätzt werden, sich jedoch ihre Stellung in von Männern dominierten Berufsebenen erkämpfen wollen und dies auch können. Imo Moszkowicz spielt gekonnt mit Themen, die seinerzeit aktuell waren und schickt dabei eine Entourage in die Manege, die sich in isolierten Bereichen der Klaviatur unterschiedlicher Charaktere durchaus sehen lassen kann. Im Rahmen der Möglichkeiten umreißt "Die Abwerbung" zahlreiche Lebensbereiche sehr eingängig und schildert auf ironische Weise, dass das allgemeine Berufsleben manchmal kein Spaziergang ist. Mit einer schier unnachahmlichen Präzision bei der Auswahl der Darsteller entsteht in diesen knapp dreißig Minuten ein sehenswertes und phasenweise sogar spannendes Tauziehen, das von Eva Renzi und Paul Hubschmid über der Gürtellinie ausgetragen wird.

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Prisma

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