Sklaven ihrer Triebe

Italien, 1969

Originaltitel:

Top Sensation

Alternativtitel:

The Seducers (USA)

Sensation

Swinging Young Seductresses

Deutsche Erstaufführung:

29. Januar 1971

Regisseur:

Ottavio Alessi

Inhalt

Die Millionärin Mudy macht sich gemeinsam mit ihrem Sohn (Tony) auf eine lustige Seereise. Die Absicht: Tony hat nicht alle Latten am Zaun und Mudy hofft das ihr Filius durch ein sexuelles Erlebnis „normal“ wird. Zu diesem Zweck hat der weibliche Krösus die Schlampen Ulla und Paola sowie deren Freund (Aldo) in die Bootscrew integriert. Die Räumlichkeiten der Yacht werden per Kamera überwacht damit Mudy die Aktivitäten der Reisegesellschaft begutachten kann. Während eines kurzen (Ei)Landtrips lernt Tony eine Unschuld vom Lande (Beba) kennen. Mudy wittert die Fickchance für ihren Sohn und holt das brave Mädchen an Bord. Es kommt zu…

Review

Die folgende Besprechung bezieht sich auf die italienische Originalversion.

 

Kein Mann kann den Reizen von Rosalba Neri und Edwige Fenech widerstehen, es sei denn er ist Mudy-Sohn und somit frisch gekürter Hoppeditz. Die Schlampen huren an Deck und der 20jährige Tony spielt eine Etage tiefer mit seiner Autobahn. Willkommen in Madame Mudys Sündenpfuhl der Niedertracht, dem Planschbecken für:

 

Schlampen, Yuppies und Psychopathen.

 

„Sklaven ihrer Triebe“ gehört (wie Ugo Liberatores „Das Geschlecht der Engel“) zu den italienischen „Yachtthrillern“. Aufgrund seines exploitativen Tenors kann man (wenn´s erlaubt ist) von „Yachtploitation“ sprechen. Ungeachtet dessen spielt der Film mit den Elementen eines Psychodramas welches die Charaktere Tony und Mudy zentralisiert. Das soll nicht bedeuten, dass die anderen Personen normal sind. Auf Mudys Lasteryacht haben nämlich alle Beteiligten ein psychisches Problem, auch wenn sie es niemals zugeben würden. Die Grundkonstellation ist somit gut präpariert um den Zuschauer als blinden Passagier einzuchecken zu lassen. Und wer sich auf den Film einlassen kann, der kommt in den folgenden ca. 90 Minuten nicht aus dem Staunen raus.

 

„Schweine und Huren sind wir alle.“ (Mudy)

 

Obwohl die Personen eher oberflächlich vorgestellt werden, reicht es für den Rezipienten allemal um die Grenzen abstecken zu können. Ulla und Paola werden von Mudy meist als Schlampen und Huren tituliert. Dabei nutzt die Millionärin gern ihre finanzielle Macht aus und genießt es, Paola (Rosalba Neri) beim lesbischen Liebesspiel zu erniedrigen. Paola juckt dieses herzlich wenig, denn sie hat es faustdick hinter den Ohren und wartet auf die Chance ihre finanzielle Situation in Richtung Saus und Braus zu steuern. Ulla (Edwige Fenech), die sich vom gestörten Tony beschlafen lassen soll, kommt als naives Freudenmädchen daher. Ein weiteres verkommenes Dreckstück auf Mudys Laster-Fregatte, ist Paolas Freund (bzw. Geschäftspartner) Aldo.

 

Nebst Schmuddelsex und dem Hauch eines Psychodramas setzt Ottavio Alessi auf die traditionellen „Abartigkeiten“ einer Zweiklassengesellschaft. Mudy genießt es (wie ich bereits ansprach) mit der Macht ihres Reichtums auf „dicke Hose zu machen“. Sie hält alles und jede/n für käuflich - womit sie auch recht hat. Sollte Paola aus einer Laune heraus ein paar Ziegen erschießen und so den Hass des Besitzers auf sich ziehen - Mudy zückt die Scheine und alles ist gut.

 

Es gibt diverse Filmfreunde, die „Sklaven ihrer Triebe“ (in spitzfindiger Weise) als einen Giallo-Thriller bezeichnen. Ihr könnt natürlich machen was ihr wollt, aber ich mache auch was ich will und spiele da nicht mit. Der Film bietet zwar Mörder und Motiv, allerdings keine weiteren Ingredienzien die in Richtung Giallo tendieren. Hinsichtlich der (mehr oder minder) überraschenden Geschehnisse, können wir von tragisch-anekdotischen Zufällen sprechen, die das Minimum an Handlung mit dem Rohrstock vorantreiben. Aber: Obwohl kein „Whodunit“ und kein „Eureka effect“ auszumachen ist, muss ich eingestehen, dass mir die finale Pointe (zumindest nach der Erstsichtung) die Kinnlade weiter und weiter nach unten sinken ließ.

 

Doch bevor wir (auf Deibel komm raus) weiter analysieren, interpretieren, das Ergebnis mit dem gesellschaftlichen Konsens, einer griechischen Tragödie oder gar der Heiligen Schrift abgleichen, sollten wir nicht vergessen: „Sklaven ihrer Triebe“ ist nicht mehr als ein Bestandteil des Schmutzes und des Schunds mit dem man landesweit in den deutschen Bahnhofskinos unterhalten wurde. Also zurücklehnen, entspannen, die verstaubte (Mao-)Bibel sowie die Weißheiten des Ben Sira im heimischen Bücherregal stehen lassen und einfach nur dem wilden Treiben der triebgesteuerten Sklavinnen folgen.

 

„Heut´ liegt was in der Luft, ein ganz besondrer Duft.“ (Bully Buhlan)

 

Obwohl ich von Spannung nicht reden mag, so schwebt stets ein gewisses, knisterndes Etwas durch den Luftozean. Die Stille birgt den Hauch möglicher (jetzt kommt der Zaunpfahlwink in Richtung Originaltitel) Überraschungen. Unabhängig davon versprühen Fenech und Neri eine derartige Anziehungskraft, dass der Bildschirm zu einem sexuellen Magnetfeld wird.

 

Fazit: Wenn Ulla und Paola zu Sante Maria Romitellis sensationellem Score rhythmisch zappeln dann kommt eine einzigartige Urlaubstimmung auf, die meine eigentliche Antipathie für sommerliche Gefilde verfliegen lässt. Wahrlich kein Überflieger, aber trotz seiner einfachen Bildsprache und seinen ebenso simplen Obsessionen ein - im wahrsten Sinne des Wortes - geiler Film.


Nice 'n' sleazy.
Nice 'n' sleazy.
Does it, does it, does it every time.
(The Stranglers)

Veröffentlichungen

„Sklaven ihrer Triebe“ wurde 2013 von Camera Obscura (als die Nummer 10 der Italian Genre Cinema Collection) auf DVD veröffentlicht. Enthalten sind die italienische Originalversion sowie die deutsche Version. Zweitgenannte beinhaltet zusätzliche, von Günter Hendel gedrehte Szenen die - freundlich formuliert - weniger zum Film passen. Im Gegenzug wurden mehr als 20 Minuten aus der Originalversion entfernt. Überdies enthält die Edition das alternative Ende der italienischen TV Version.

 

Fazit: Ein exzellentes Gesamtpaket, das keine Wünsche offen lässt.

Filmplakate

Links

OFDb
IMDb

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