Sühne ohne Sünde

Italien, 1949

Originaltitel:

Catene

Alternativtitel:

O Amor que não Morreu (BRA)

Le mensonge d'une mère (FRA)

Repudiada (POR)

Chains

Deutsche Erstaufführung:

01. April 1951

Inhalt

Rosa (Yvonne Sanson) ist sehr glücklich mit dem Mechaniker Guglielmo (Amedeo Nazzari) verheiratet, hat mit ihm einen heranwachsenden Sohn (Gianfranco Magalotti) und eine kleine Tochter (Rosalia Randazzo). Eines Tages bringt ein Autodieb ein gestohlenes Fahrzeug in Guglielmos Werkstatt, weil der Zündmechanismus ihn auf dem Weg zu seinem Hehler im Stich ließ. In der Nacht kehrt der Autodieb mit einem neuen Zünder und seinem Auftraggeber Emilio (Aldo Nicodemi) zurück. Guglielmo ist gerade abwesend, und als Rosa auf Emilio trifft, ist sie wie vom Donner gerührt, denn vor ihrer Heirat war sie mit Emilio verlobt, wovon ihr jetziger Ehemann nichts weiß – und er soll es auch nicht erfahren.

 

Doch dann beginnt Emilio ihr nachzustellen und versucht gar mit Erpressung, Rosa zur Rückkehr zu ihm zu bewegen. Angeblich will er mit ihr ein ehrliches Leben führen. Rosa ist hin- und hergerissen, denn sie empfindet durchaus noch etwas für ihn. Schnell fühlt sie sich allerdings in die Enge getrieben, und die Möglichkeit, ihrem Ehemann doch noch von ihrer früheren Beziehung zu Emilio zu beichten, rückt mit fortschreitendem Schweigen in immer weitere Ferne. Zunächst findet Emilios Sohn Tonino heraus, dass Rosa ein Geheimnis hat, doch auch er schweigt. Als schließlich Guglielmo seine Frau mit Emilio in einem Hotel findet, kommt es zur Katastrophe. Er erschießt den vermeintlichen Nebenbuhler und muss fliehen. Aber vor seiner Flucht nach Amerika lässt er seine Mutter und seine Kinder vor der Jungfrau Maria schwören, dass sie Rosa nie wieder ins Haus lassen dürfen.

 

Nach einigen Monaten in den Staaten wird Guglielmo von seiner Tat eingeholt, verhaftet und zurück nach Italien gebracht. Ihm drohen wegen Mordes 30 Jahre Gefängnis – und nur eine Lüge seiner Frau Rosa könnte ihn noch davor bewahren.

Review

„Will Baby Jesus bring Mommy home for Christmas?“

 

Die Ketten (Catene), um die es in Raffaello Matarazzos erstem strappalacrime geht, sind die Ketten, die man sich mit einer Lüge auferlegt und von denen einen nur die Wahrheit wieder befreien kann – falls man nicht schon so lange geschwiegen hat, dass es für eine solche Befreiung zu spät ist.

 

Amedeo Nazzari und die griechisch-stämmige Yvonne Sanson sind hier in ihrem ersten Team-up als zunächst glückliches Ehepaar zu sehen, viele weitere gemeinsame Kinoauftritte folgten. Während Amedeo Nazzari hier bereits sehr professionell und glaubhaft agiert, zeigt Yvonne Sanson noch gelegentliche darstellerische Schwächen. Wer aber gar nicht vermag, seine ihm angedachte Rolle schlüssig zu vermitteln, ist Aldo Nicodemi in der Rolle des Emilio. Über lange Strecken hat man den Eindruck, er wäre schlicht eine Art von Stalker (was er im Grund natürlich auch ist), dem es schlicht Vergnügen bereitet, Rosa immer mehr in die Enge zu treiben. Mit Fortschreiten der Story wird einem allerdings klar, dass es ihm einfach nicht gelungen ist, seine Gefühle für Rosa mit seiner steinernen Mine glaubhaft zu machen.

 

Dem Tränendrüsengehalt dieses Melodrams tut das allerdings keinerlei Abbruch. Während sich die erste Hälfte des Films auf Rosas Bedrängtheit und Verzweiflung konzentriert, kommen in der zweiten Hälfte die Kinder stärker zum Einsatz. Der Sohn Tonino sieht anlässlich von Rosas Geburtstag zu dem Emilio uneingeladen auftaucht, wie die Beiden zu dem Song „Torna“ (gesungen von Roberto Murolo) in Erinnerungen schwelgend heimlich unterm Tisch Händchen halten. Tonino schweigt jedoch, da er Angst hat, die Familie könnte sonst zerstört werden.

 

Springen wir schnell vor zum Ende, wo wir mit einer Kuriosität der damaligen italienischen Rechtsprechung konfrontiert werden. Hatte Rosa keine Affäre mit Emilio, ist ihr Ehemann ein Mörder und muss für 30 Jahre ins Gefängnis. Gab es allerdings ein sexuelles Verhältnis, dann ist die Tötung des Nebenbuhlers Notwehr. Klasse, oder? „Catene“ war einer der ersten Nachkriegsfilme von Titanus und wurde trotz gewisser neorealistischer Ansätze von der Kritik zerrissen. Das tat seinem Erfolg beim Publikum allerdings keinen Abbruch. Das Genre des strappalacrime sollte die Italiener noch bis weit in die Fünfziger hinein erfolgreich unterhalten und zum exzessiven Tränenvergießen animieren.

 

1974 drehte Silvio Amadio, mehrfacher Regieassistent von Raffaello Matarazzo, ein Remake von „Catene“ mit Maurizio Merli und Rosemary Dexter.

Links

OFDb
IMDb

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