Das Spukschloss in der Via Veneto

Italien, 1961

Originaltitel:

Fantasmi a Roma

Alternativtitel:

Nachtschatten (VHS)

Fantasmas em Roma (BRA)

Fantômes à Rome (F)

Les joyeux fantômes (F)

Phantom Lovers (GB)

Fantasmas en Roma (MEX)

Duchy w Rzymie (PL)

Fantasmas de Roma (P)

Deutsche Erstaufführung:

12. Juli 1963

Musik:

Nino Rota

Inhalt

Der Prinz Annibale di Roviano (Eduardo De Filippo) gilt in der Stadt als ziemlich eigentümlich, denn er behauptet seit jeher, dass er in seinem römischen Palazzo in friedlicher Koexistenz mit einigen Geistern lebt. Diese unsichtbaren Zeitgenossen sollen der Legende nach einige Verwandte sein, die eines gewaltsamen Todes zum Opfer gefallen sind. Alles könnte so friedlich sein, wenn nicht eines Tages schwerwiegende Veränderungen vor der Tür stehen würden. Durch eine Unachtsamkeit hat seine Durchlaucht einen Unfall, und das alte Schloss soll schließlich verkauft werden. Am gleichen Platz plant man ein hochmodernes Einkaufszentrum zu errichten, was die beherbergten Geister in helle Aufregung versetzt. Als dann plötzlich auch noch die lebendige Verwandtschaft des Eigentümers im Hause einzieht, muss ein zündender Einfall her, denn Annibales Neffe Federico di Roviano (Marcello Mastroianni) und seine lebenshungrige Freundin Eileen (Belinda Lee), haben den Erlös des bevorstehenden Verkaufs bereits großspurig verplant. Werden die Geister den bevorstehenden Abriss ihres geliebten Stadtschlösschens verhindern können..?

Autor

Prisma

Review

Dieser Beitrag von Antonio Pietrangeli weckte nicht nur wegen Belinda Lee, sondern vor allem wegen des stimmungsvoll klingenden deutschen Titels uneingeschränktes Interesse. So viel Wohlklang scheint ja durchaus einiges zu versprechen, und die Spannung steigt angesichts der Frage, ob dieser Film einen tatsächlich das Gruseln lehren kann. Doch es stellt sich hier bereits nach wenigen Minuten heraus, dass der Name des Films den Gesamtverlauf nicht unbedingt charakterisieren wird, wie es letztlich so oft bei Verleihtiteln von diversen Filmen der Fall war. Wenn man sich als Zuschauer unmittelbar aufs Glatteis geführt fühlt, fehlt dabei in der Regel ein positiver Überraschungsmoment, und es ist wahrscheinlich, dass sich eine gewisse Enttäuschung breit macht. "Das Spukschloss in der Via Veneto" stellt in diesem Zusammenhang eine beinahe revolutionäre Ausnahmeerscheinung dar, denn diese Produktion von 1961 entpuppt sich als eine durch und durch gelungene Überraschung. Die Einordnung in ein bestimmtes Genre fällt insgesamt schwer, man bekommt zwar Anteile von überaus gepflegtem Grusel zu sehen, dies aber schon wieder im komödiantischen Sinne. Außerdem tauchen sporadisch Bruchstücke auf, die leicht dramatisch, oder eher gesagt melancholisch angehaucht sind. Vielleicht könnte man dem Film den Namen Grusel-Komödie geben, wenn auch nur im weiteren Sinne, da Pietrangeli hier keineswegs die Absicht verfolgt, den Zuschauer in irgend einer Weise zu beunruhigen. Thematisch gesehen zeigt sich der Film als eher einfach gestrickt, doch durch die Anreicherung mit allerlei Finessen, und einem Stab, der eine wahrhafte Symbiose untereinander einzugehen scheint, wird "Nachtschatten" - so der deutsche Titel der Video-Auswertung - zu einem kleinen Erlebnis.

 

Innerhalb der Besetzung findet man den Jetset des italienischen Kinotopp von damals. Auf der Seite der Geister im Stadtschlösschen führt Marcello Mastroianni das illustre Treiben an, und im Verlauf der Geschichte wird man ihn sogar in drei verschiedenen Rollen zu Gesicht bekommen. Da der 1924 geborene Schauspieler stets eine sichere Bank darstellt, kann man sich auf gute Unterhaltung gefasst machen. Reginaldo scheint das Geister-Dasein eigentlich zu schätzen, da er sich, genau wie seine Kumpanen, beim alten Prinzen wohlzufühlen scheint. Nur wenn er in der Nähe von schönen Frauen ist sieht man dem Casanova die sehnsüchtigen Blicke an, und man ahnt, dass er doch wieder gerne unter den Heißblütern wäre. Um sich die Zeit zu verschönern, wird Schabernack getrieben, auch ist immer wieder zu sehen, dass jeder der Geister in der Via Veneto ganz eigene Spleens hat. Wenn Prinz Annibale von seinen unsichtbaren Bewohnern berichtet, und hinter vorgehaltener Hand als senil betrachtet wird, strengen Reginaldo und seine Freunde gerne kleine Demonstrationen an. Dem Klempner verschafft man wie von Geisterhand eben einmal schnell eine kalte Dusche, oder dem Bauingenieur, der Haus und Hof bedroht, wird die Teppichkante hochgehalten, so dass er ins Stolpern kommt. Hierbei entsteht eine herrliche Situationskomik die nicht nur zum Schmunzeln, sondern zeitweise auch zum herzhaften Lachen verleitet und rein gar nichts mit albernem Klamauk zu tun hat. Ansprechende Leistungen fürs Herz und Auge liefern Belinda Lee, Ida Galli und Sandra Milo, die sehr geschickt im Sinne deutlicher Kontraste eingesetzt wurden, auch Eduardo De Filippo, Tino Buazzelli und Vittorio Gassman bedienen dieses Konzept hervorragend, so dass es zu einem überaus runden Gesamtbild kommt.

 

Die ohnehin amüsante Idee, die dieser Film behandelt, wird vor allem durch die handwerklich sichere Umsetzung perfekt. Hinsichtlich des Schauspiels und der Interaktion bekommt man wahre Choreografien geboten, die erst durch die aufwendige Kameraführung und den punktgenauen Schnitt zu dem werden, was sie letztlich sind. Bei Berührungen durch die unsichtbaren Bewohner des Hauses werden beim jeweiligen Pendant immer Reaktionen im Bilde eingefangen, auch verschwinden die Gestalten im gleichen Setting plötzlich, und selbst die Tricks wirken für das Produktionsjahr ziemlich gelungen. Die Idee, dass der Zuschauer quasi auf der Seite der Geister steht und alles mitbekommt, greift vollkommen und bewirkt eine hohe Daueraufmerksamkeit. Was wäre ein derartiges Spektakel ohne eine stimmungsvolle Dialogarbeit, und es ist ganz bemerkenswert, wie das vorhandene Potential effizient genutzt wird. Reginaldo und seine Freunde hören den Personen nämlich nicht nur zu, sie kommentieren auch gerne einmal hemmungslos von der Seite. Sie erteilen Ratschläge und Tadel, lassen ihrem Unmut freien Lauf, sie lästern, machen Witze und lassen gerne auch Seitenhiebe vom Stapel; häufig überschneiden sich Worte und Sätze, was im Film ja eher unüblich, und sonst deutlich voneinander abgegrenzt ist, aber hier als Stilmittel vollkommen aufgeht. Für den Zuschauer sind diese sprachlichen Spitzen sehr willkommen und oftmals wird einem sogar aus der Seele gesprochen. Weitere Schützenhilfe am gelungenen Profil der Produktion leisten die musikalische Anpassung, die hervorragende Bildgestaltung und Ausstattung, und natürlich die offensichtliche Liebe zum Detail. Antonio Pietrangelis Beitrag muss man einfach mögen, da das Konzept originell und leichtfüßig wirkt, und das Gesamtbild ein durch und durch heiteres Sehvergnügen vermitteln kann. Aus persönlicher Sicht stellt "Das Spukschloss in der Via Veneto" somit eine der schönsten Überraschungen der letzten Jahre dar, und der Film bleibt, ohne es als Wortspiel zu benutzen, überaus geistreich! Ein Festival der leichtfüßigen Unterhaltung!

Autor

Prisma

Filmplakate

Links

OFDb

IMDb

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.