The Prize

Italien, 2017

Inhalt

Giovanni Passamonte (Gigi Proietti) soll den Nobelpreis für Literatur erhalten, doch er hasst das Fliegen und beschließt so, mit dem Auto von Rom nach Stockholm zu fahren, gemeinsam mit seinem langjährigen Assistenten Rinaldo (Rocco Papaleo). Giovannis Sohn Oreste (Alessandro Gassmann) hat sich gerade mit seiner Frau verkracht und will für ein paar Tage im Haus seines Vaters unterkommen. Als Rinaldo sich beim Koffertragen einen Hexenschuss zuzieht, kommt Oreste gerade recht, um seinen Vater nach Stockholm zu fahren, während Rinaldo mit dem Rücksitz Vorlieb nehmen muss. Ebenfalls hinzu kommt Orestes Halbschwester Lucrezia (Anna Foglietti), die der Vater eigentlich nicht mitnehmen will, doch diese ist zufällig über die Laudatio gestolpert, die Giovanni Passamonte bei der Preisverleihung halten will und darauf hindeutet, dass er die Absicht hat, während der Zeremonie Selbstmord zu begehen.

Review

Uh, klingt das ernst. Aber nein, „Il premio“ ist eine ebenso amüsante wie typische Commedia all’italiana, und es ist schön zu sehen, dass es noch heute jemanden gibt, der dieses Genre stilsicher zu beherrschen weiß. Die Rede ist natürlich von Regisseur und Schauspieler Alessandro Gassmann, Sohn des unsterblichen Film- und Theaterschauspielers Vittorio Gassmann. Fairerweise sei erwähnt, dass ich nur selten neuere italienische Filme schaue, da es meist schwierig ist, diese mit brauchbaren Untertiteln zu erwischen, bisher wurde ich aber noch nie enttäuscht, was die Qualität dieser Filme betrifft. Somit ist es schade, dass diese es viel zu selten über italienische Grenzen hinaus schaffen.

 

Um dem Ernst der Inhaltsangabe entgegenzuwirken nun also ein paar nähere Angaben. Giovanni Passamonte ist ein bekannter Literat, doch unzufrieden mit seinen aktuellen Werken. Er hat das Gefühl, er habe bereits alles niedergeschrieben, was er zu sagen hatte, und nun ist Schluss. Seine Kinder stehen im Schatten ihres Vaters. Oreste ist ein ehemaliger Olympiateilnehmer im Ringen (Seoul 1988) und hat damals einen Weltrekord aufgestellt: sein Gegner legte ihn in kaum einer Minute auf die Matte. Heute hat er ein Sportstudio, dass mit 15.000 Euro verschuldet ist und eine Frau, die ihn betrügt. Lucrezia – Orestes Halbschwester – versucht ihrem Vater nachzueifern und besitzt zumindest dessen Bildung. Doch sie ist nur eine Bloggerin und ihr geplanter Roman ist in Warteschleife. Sie ahnt nicht, dass nur aufgrund des bekannten Namens ihres Vaters sich überhaupt ein Lektor gefunden hat, ihn zu lesen, und er ist nicht gut. Lucrezia verspottet Oreste gern wegen seines mangelhaften Bildungsgrades, er verspottet sie wiederum wegen ihres Unvermögens flachgelegt zu werden.

 

Giovanni Passamonte hat übrigens noch mehr Kinder, alles Halbgeschwister, da Passamonte diese alle mit unterschiedlichen Frauen gezeugt hat. Aktuell lebt die Künstlerin Enora in seinem Haus, und auch die ist bereits hochschwanger. Und ja, das klingt alles immer noch ernst. Doch dann geht die Reise nach Stockholm los.

 

Es wird eine Nostalgiefahrt für Giovanni Passamonte, er hat zwei seiner Kinder dabei, denen er vor seinem Selbstmord noch den richtigen Weg weisen will, während er selbst in den Abendstunden Opium raucht. Sie müssen durch Österreich, Deutschland und Holland, bevor sie Schweden erreichen, und schon in Österreich gibt es Probleme. Denn ausgerechnet dort animiert Lucrezia Oreste schneller zu fahren, denn in der Abgeschiedenheit der berge gäbe es doch keine Polizeikontrollen. Das ist natürlich ein Irrtum, und als die Beamten im Besitz Giovannis noch 50.000 Euro finden, da dieser keine Kreditkarten mag, werden sie festgenommen und das Geld soll konfisziert werden. Zufällig ist der Stationsleiter Oreste alter Gegner seiner Olympiaschande, und im Keller des Präsidiums wiederholt sich der Kampf der Giganten, auch wenn beide inzwischen ein bisschen schlaff geworden sind.

 

In Würzburg besuchen sie eine alte Freundin Giovanni Passamontes, die zweifache Oscarpreisträgerin Greta (Erika Blanc). Am Abend eröffnet diese, dass auch sie ihr (vorläufiges) Ende geplant hat, denn gemeinsam mit ihrer Katze Sissi will sie sich von einem japanischen Professor einfrieren lassen, der in ihrem Schlosskeller bereits alles vorbereitet hat. Unglücklicherweise überfährt Oreste am Tag darauf die Katze, und da Greta diese als ihren Führer ins Jenseits betrachtete, fällt das Vorhaben flach.

 

In Amsterdam treffen sie auf Orestes Sohn Andrea (Marco Zitelli) und dessen Freundin Britta (atemberaubend, Matilda de Angelis). Nach einer Drogenparty gesteht Andrea seinem Großvater Giovanni, dass er Kenntnis davon hat, dass Oreste von seiner Frau Barbara betrogen wird. Diese schickte versehentlich eine Nachricht, die für ihren Liebhaber bestimmt war, mit Nacktfoto an ihren Sohn. Darauf ersinnt Giovanni eine Intrige. Um es kurz zu machen, Oreste schläft mit der Freundin seines Sohnes, gefilmt von Rinaldi, welcher das Video an Orestes Frau schickt.

 

Doch kürzen wir nun ab. In Schweden will Giovanni seinem langjährigen Assistenten Rinaldi einen letzten Dienst erweisen. Er hat ihm ein Haus gekauft, wo er Rinaldi mit seiner einstigen großen Liebe zusammenbringt, die er damals zugunsten Giovannis verlassen hat. Diese leidet inzwischen an Demenz und nennt Rinaldi immer Giovanni. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn die Demente hat noch viel zu erzählen, da sie sich in der Vergangenheit wähnt.

 

Nun ist Lucrezias Stunde gekommen. Nachdem ihr Vater ihr bereits gebeichtet hat, dass er sie als Schriftstellerin für untalentiert hält, glätten sich die Wogen allmählich, doch nur vorübergehend. Auf dem Bankett am Tag vor der Preisverleihung in Stockholm, stellt er seiner Familie seine alte Freundin Melissa (Andrea Jonasson) vor, die einst eine Flower Power-Kommune leitete und heute eine populäre Designer-Marke namens Flower Power. Sie lebt mit der jungen Megumi (Eugenia Tempesta) zusammen und hat einen Model-Sohn namens Jürgen (Stephan Käfer). Und es kommt, wie es kommen muss: während Lucrezia mit Jürgen auf dem Klo eine schnelle Nummer schiebt, beichtet Melissa Giovanni, dass Jürgen sein Sohn ist, also Lucrezias Halbbruder. Der Eklat ist perfekt.

 

Doch Familie ist Familie, und so gilt es am Ende noch, den Vater von seinem Selbstmordvorhaben abzubringen. Oreste und Lucrezia klopfen an die Hotelzimmertür ihres vaters um ein ernstes Wort mit ihrem Vater zu reden, doch der hat es sich während einer Orgie mit Melissa, Rinaldi und Megumi bereist anders überlegt. Und so wird seine Laudatio am kommenden Tag eine Rede, in der er den Stolz auf seine Kinder zum Ausdruck bringt, die trotz des schwer auf ihnen lastenden Schattens eines berühmten Vaters ihr Leben zu meistern wissen.

 

Regisseur, Co-Autor und Mit-Hauptdarsteller von „Il premio“ Alessandro Gassmann kennt diesen Schatten. Als Sohn der Film- und Theaterlegende Vittorio Gassmann wird er wissen, wie es ist, im Schatten eines berühmten Vaters zu leben, obwohl er sich hinter diesem nicht verstecken muss. Bedenkt man, wie es um die italienische Filmindustrie heute bestellt ist, hat Alessandro Gassmann eine beachtliche Karriere hingelegt, in die er auch früh durch seinen Vater eingebunden wurde. Bereits 1982 führte er im frühen Alter von 17 Jahren gemeinsam Regie mit seinem Vater bei einem Film namens „Di padre in figlio“, in dem es letztendlich um die Familie Gassmann geht. Überhaupt stößt man in Alessandro Gassmanns Karriere immer wieder auf Verbindungen aus seines Vaters Zeiten. So war Gigi Proietti, der in „Il premio“ die Rolle des Giovanni Passamonte spielt, kein seltener Filmpartner seines Vaters.

 

Alessandro Gassmann ist seit 1998 mit der Schauspielerin Sabrina Knaflitz verheiratet, auf die er erstmals 1987 in Mario Moncellis „Vagabunden wie wir“ (I picari, 1987) traf, in dem sein Vater Vittorio spielte. Neben zahlreichen Rollen in italienischen Produktionen erlangte er 1997 internationale Beachtung für seine Rolle in Ferzan Ozpeteks „Hamam – Das türkische Bad“ (Hamam, 1997).

 

„Il premio“ wurde von Fulvio und Federica Lucisano für Italian International Film produziert, der Abspann benennt zudem dänische Co-Produktion. Er kam am 6. Dezember 2017 in italienische Kinos und spielte allein in den ersten zwei Wochen 1 Million Euro ein. Ein sehr sehenswerter Film, bei dem sich Genres-Fans auf einen amüsanten Gastauftritt von Erika Blanc freuen dürfen.

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