Geheimauftrag CIA - Istanbul 777

Frankreich | Italien, 1965

Originaltitel:

Coplan FX 18 casse tout

Alternativtitel:

Agente 777 missione Summergame (ITA)

Objetivo: matar (ESP)

Phantom FX 18

The Exterminators

FX-18 Superspy

Deutsche Erstaufführung:

23. Dezember 1966

Regisseur:

Riccardo Freda

Kamera:

Henri Persin

Inhalt

Die Wissenschaftler Hermann Block und Bruno Schwartz, einst tüchtige Forscher in Hitlers Atomzentrale, sind nach dem Tod des Führers und der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht aus ihrem Vaterland geflohen. Doch ihr Wissen und ihre Fähigkeiten sind weiterhin überaus gefragt, und nachdem die beiden Koryphäen eine Rakete für die Franzosen konstruierten, werden sie (Block und Schwartz) in Rom respektive in Paris von Unbekannten entführt. Ungeachtet ob Kommunisten, Faschisten, Terroristen oder geisteskranke Glaubensfanatiker hinter dem Akt der Verschleppung stecken, die Welt schwebt in großer Gefahr, aber sie besitzt noch einen letzten Hoffungsschimmer, den Spezialagenten Jeff Collins.

Review

Irgendwie (und sowieso) wollte der Name Francis Coplan nicht den reißerischen Ansprüchen der bundesrepublikanischen Kinoverleiher sowie ihren Kompagnons, die jeweiligen Synchronstudios, Genüge tun. Welcher Grund sollte sie sonst dazu bewegt haben, Francis Coplan immerzu mit einem anderen Namen (Jack Clifton, FBI-Agent Cooper, Frank Collins 999) zu etikettieren? Folglich wurde auch „Geheimauftrag CIA - Istanbul 777“ nach jener schwer verständlichen Umfirmierungsformel behandelt und Francis Coplan transformierte in Hinblick auf (s)einen deutschen Kinoeinsatz diesmal zu Jeff Collins. 

 

Hinter umrissener Firmierungsbastelei verschanzt sich die 1965 von Riccardo Freda inszenierte vierte von insgesamt sechs Coplan-Missionen, welche („Geheimauftrag CIA - Istanbul 777“) sehr wohl manch interessante Ansätze anhand zeitgenössischer Verweise (politische Streitigkeiten, Terrorismusgefahr, Krieg der Großmächte) dechiffrieren lässt. Doch entgegen der (von erwähnten Anspielungen provozierten) Erwartungen, gewinnt man mit wachsender Spielzeit den Eindruck, als wolle der Regisseur beziehungsweise der Drehbuchautor mithilfe von (für die Handlung nicht maßgeblichen) Nebenhandlungssträngen über den nur in geringen Maßen vorhandenen Spannungsbogen hinwegzutäuschen. Denn auf mich wirkt der Handlungsablauf wie eine Kollision, welche die phrasenreiche Sprache eines Helmut Kohl mit der komplizierten Sprache eines Ernst Bloch aufeinanderprallen lässt. Eine Karambolage mit der sich beide Seiten nicht arrangieren mögen und können, sodass nachfolgend mächtig viel geredet, aber in letzter Konsequenz kaum Bedeutendes gesagt wird und das Gesamtwerk ein Verschwörungsgemenge transportiert, welches vom Rezipienten als ein konfuses Erzeugnis empfangen respektive erfasst wird. Ich werde im weiteren Verlauf dieser Besprechung selbstverständlich auf die wichtigsten historischen Reibungspunkte (welche das Sujet liefert) eingehen und dem Gesamtwerk eine einhergehende Entwirrungsmedizin zu verabreichen.

 

Die Fähigkeiten der Wissenschaftler Hermann Block und Bruno Schwartz, zwei Figuren die wir während der Filmsichtung nur für wenige Sekunden zu Gesicht bekommen, avancieren zu einem Fixpunkt, von dem die umrissenen Nebenhandlungsstränge auslaufen. Schließlich ist ihr Wissen im Depot der Raketen- und Atomforschung von großer Bedeutung, wenn es darum geht, die Pläne einer Weltherrschaft in die Tat umzusetzen. In diesem Kontext verweist der Film auf eine ausdrückliche Gefahr, welche sich mit dem Namen Gamal Abdel Nasser begründet. Nasser war zwischen 1952 und 1970 Ministerpräsident sowie Staatspräsident von Ägypten. Er unterstütze die FLN mit Waffenlieferungen und sympathisierte offen mit nationalistisch orientieren arabischen Bewegungen.

 

Für die Waffenforschung holte sich Ägypten so manch deutsche Koryphäe ins Boot, wie zum Beispiel Rolf Engel, einst Leiter der SS-Raketenforschungsstätte für Düsenantrieb in Peenemünde, der nach Ende des zweiten Weltkriegs von den Franzosen zur Raketenforschung angeworben wurde und sich danach, allerdings minder erfolgreich, am ägyptischen Raketenprogramm beteiligte. Später sollte Eugen Sänger folgen, dessen Ratschläge von Nasser mit 200.000 DM honoriert wurden. Fredas Film, im Besonderen einer seiner Hauptcharaktere Shaimoun (Verbündeter von Jeff Collins sowie Mitarbeiter des Mossad), verweist - wie bereits angedeutet - auf die stringente Gefahr, die von Nasser respektive seiner Raketenforschung ausgeht und einen Raketenangriff auf Israel erahnen lässt. Folglich schwebt die Angst vor einem Kriegsausbruch (welcher sich zum Dritten Weltkrieg entwickeln kann) fortwährend als Damoklesschwert über Fredas Agentenvehikel. Und damit wären auch schon die wichtigsten Eckpfeiler definiert, sodass der phasenweise wirr wirkende Film deutlich einfacher zu konsumieren ist, was ihn (den Film) freilich nicht von seiner Langatmigkeit befreit, aber dazu später mehr.

 

Trotz einiger Schandflecke, die man mit dem Universalreiniger aus dem Hause Hoover bestmöglich kaschierte, blieb dem FBI (s)eine weiße Weste und (s)ein einhergehend positives Image überwiegend erhalten, was freilich im Kino explizit zum Ausdruck kam. Denn wenn es gegen böse Gangster und noch bösere Nazis (denen Warner Bros. als erste, wie die New York Times titelte, „den Krieg erklärten“) ging, dann fochten die G-Men an vorderster Front. Das FBI avancierte innerhalb der amerikanischen Lichtspiele zu einem Gewährsmann für Sicherheit, der auch (obwohl sich Hoover mit einer Meinung zur Südstaatenproblematik zurückhielt) den Klansmen den Garaus machte.  

 

Als Widerspiel bat sich die CIA (eine Organisation, die überwiegend aufgrund ihrer Verbrechen und Misserfolge auf sich aufmerksam machte) an, um mithilfe seiner cineastischen Repräsentanten die harte Schiene zu fahren, denn von ihnen (den CIA-Männern) erwartete der Kinozuschauer konsequente und knallharte Durchsetzung amerikanischer Interessen. Folglich trat - böse formuliert - an die Stelle des Saubermanns die Drecksau, eine Figur (der CIA-Mann) die eigentlich alles besaß, um sich mit den Formeln der Antihelden des italienischen (ja, meist sind es Koproduktionen mit Frankreich) Genrekinos zu arrangieren, was allerdings eher selten praktiziert wurde, da die Agenten bevorzugt einer satirischen Färbung unterzogen wurden, den primären Grund dafür habe ich bereits innerhalb der „OSS 117 - Pulverfass Bahia“ Besprechung apostrophiert.

 

Der Darsteller des CIA-Manns Jeff Collins, der gebürtige Engländer Richard Wyler, verließ mit Beginn der 1960er die Vereinigten Staaten, um sich neben europäischen Serien- („Der Mann von Interpol“) und so manchen Italo-Westernarrangements auch am Eurospy-Zauber zu beteiligen. Während seines ersten Agenteneinsatz für das stiefelländische Genrekino ist Wyler in der Rolle des Jeff Collins ehern bestrebt, einen überaus gelangweilten Gesichtsausdruck über die gesamte Spielzeit beizubehalten - was ihm auch bestens gelingt. Da ein Gesichtsausdruck bekanntlich Botschaften vermittelt, lässt er bei seinen Adressaten, dem Publikum, freilich einen Affektausdruck registrieren, welcher schlussendlich mit der einschläfernden Filmmusik konform geht. Einhergehend muss man Wyler allerdings zu Gute halten, dass er halt nicht den smarten Sunnyboy gibt, dem sich die schmachtenden Mädels reihenweise um den Hals werfen, denn Jeff Collins ist ein Vertreter der härteren Agentengangart und wenn es sein muss, dann bekommt eine der gerissenen und Jeff feindlich gesonnenen Schönheiten schon mal was auf die Fresse, was wiederum der ernsthaften und ruppigen Marschroute des Films gut zu Gesicht steht  

 

Neben den erwähnten redundanten, also die für die Lesart des Gesamtkontexts nicht erforderlichen, Handlungsnebenstränge und set pieces fällt auch die behäbige Kameraführung negativ aus beziehungsweise auf. Phasenweise wirken die Bildkompositionen, als seien sie mit feststehender Kamera im Stile einer Theateraufführung fotografiert. Auch die langatmigen Zooms innert des Finales hinterlassen einen negativen Eindruck, da sie das Handlungstempo sowie das Tempo - ungeachtet der überwiegend ordentlichen Montage - des Films unnötig drosseln.

 

Fazit: Freda, dessen Filme ich zum größten Teil sehr gern habe, hat mit seinem zweiten Eurospy-Abstecher (nach „Agent 0-1-7 auf heißer Spur“ und vor „Frank Collins 999 - Mit Chloroform geht's besser“) einen phasenweise inszenatorischen Murks fabriziert, sodass unter dem Strich mit viel gutem Willen ein so eben noch durchschnittliches Endprodukt resultiert. Demgemäß kann ich den Film nur den Leuten empfehlen, die sich im Agentengenre daheim fühlen und ggf. beabsichtigen dieses sukzessiv abzurackern, denn für Neueinsteiger ist „Geheimauftrag CIA - Istanbul 777“ nicht wirklich geeignet.

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Kommentare (1)

  • Thomas Hortian

    Thomas Hortian

    27 Januar 2020 um 23:07 |
    Ich fand den eigentlich ganz lustig, auch wenn der Film tatsächlich oftmals scheinbar selbst nicht weiß, worauf er nun hinaus will. Außerdem konnten wir uns stellenweise des Eindrucks nicht erwehren, dass die deutsche Synchro was ganz anderes sagt, als es sich uns auf dem Bildschirm handlungstechnisch darstellte. Es wäre mal interessant, im O-Ton zu sehen, ob sich dieser Eindruck verifizieren lässt.

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