Aufstand der Gladiatoren

Frankreich | Italien | Spanien, 1958

Originaltitel:

La rivolta dei gladiatori

Alternativtitel:

La révolte des gladiateurs (FRA)

La rebelión de los gladiadores (ESP)

The Warrior and the Slave Girl (USA)

Deutsche Erstaufführung:

30. Januar 1959

Inhalt

Senator Lucilio sendet den tapferen und kampferprobten Recken Marco Numidio (mit der Order einen prognostizierten Rebellenaufstand zu vereiteln) nach Armenien. Doch justament die Landesgrenze zu seinen Zielort überschritten, wird Marco mitgeteilt, dass seine Empfangseskorte von den Aufständischen überfallen und anschließend gefangen genommen wurde. Auch im Königspalast, wo nachweislich die meisten Intrigen geschmiedet werden, schwingt der Haussegen außerhalb der fachkundigen Waagentoleranz, denn Amira, eine heimtückische Bestie in Weibergestalt, will mithilfe ihres Beraters die Herrschaft über Armenien ergaunern. Kann Marco Numidio ihre Pläne durchkreuzen sowie die einst unerschütterliche Macht der römischen Besatzertruppen wiederherstellen?

Review

Bereits in den frühen 1900ern drehte man in Italien Römerfilme (der angeblich erste dieser Zunft, „Néron essayant des poisons sur des esclaves“, entstand lt. Marcus Junkelmann jedoch 1897 in Paris, Länge ca. eine Minute), in denen der Kolossalfilm wurzelt. Als die bekanntesten abendfüllenden Früherzeugnisse dieses Genres (der Kolossalfilm) kann, darf oder muss man „Quo Vadis?“ (1912), „Die letzten Tage von Pompeji“ (1913) sowie „Cabiria“ (1914) ausbuchstabieren. Letztgenannter offerierte der von Gabriele D’Annunzio (einem italienischen Dichter und Politiker) geschaffenen Kunstfigur, Maciste, seine erste cineastische Spielwiese, die der von Bartolomeo Pagano verkörperte Kraftmeier zwischen 1915 und 1927 in fünf Maciste-Vehikeln emsig beackerte. Benito Mussolini stilisierte ihn (Maciste) zu jenem Übermenschen, den sich der Duce für sein Regime wünschte. Als Widerspiel zum Maciste-Hype kam es in zuletzt genannter Zeitspanne allerdings zu derben Streitigkeiten um die 1925 fertig gestellte „Ben Hur“- Verfilmung. Ein Projekt, das Mussolini eingangs förderte und später sabotierte, sodass die Dreharbeiten von Italien nach Amiland verlagert wurden, da das Werken auf italienischem Terrain nicht mehr möglich war. Schließlich sah Mussolini in dem Werk einerseits eine Schädigung für die heimische Filmindustrie und andererseits einen Juden, der über einen Römer triumphierte, was dem Film nach seinem Erscheinen auch postwendend ein Verbot im Stiefelland einbrachte. Dafür rappelte es allerdings 1937 im „Ducen-Karton“ und jegliche Vorstadtfaschisten standen stramm, um „Karthagos Fall“, der in üppiger Weise Leni Riefenstahls „Triumph des Willens“ zitiert, mit dem Saluto Romano zu empfangen und gebührend zu feiern. Irgendwann fand der faschistische (aus dem Königreich Italien wurde die Italienische Republik) und mythologische Zauber (den der italienischen Lichtspiele) allerdings sein Ende und wurde vom Neorealismus abgelöst, der wiederum spätestens 1958 ausklang, denn der Optimismus, den das Miracolo economico italiano, das Wirtschaftswunder, im Stiefelland entfachte, bat den Sozialdramen keine Überlebenschance. Das Publikum gierte fortan nach einem vom Neorealismo divergierenden, knalligbunten-neomythologischen Paradies, in dem weibliche Schönheiten betörend um couragierte Legionäre, abscheuliche Tyrannen und muskulöse Halbgötter herum tanzen, um sie mit schmatzenden Küssen zu verwöhnen. Das 1958 von Vittorio Cottafavi inszenierte Peplum-Vehikel „Aufstand der Gladiatoren“ ist ein Teil dieser Renaissance, welche zwischen 1958 und 1965 unzählige Historienschinken resultieren ließ.

 

Als Produktionsmanager wachte über dem Projekt „Aufstand der Gladiatoren“ Italo Zingarelli, der während der Arbeiten zum 1966er IW-Vehikel „Johnny Yuma“ den Regisseur Romolo Guerrieri beauftragte, den ohnehin außerordentlich ruppigen Film mithilfe einer über den üblichen IW-Maßen grausamen Tötungsszene (der Mord an einem kleinen Jungen) additional zu brutalisieren. Guerrieri distanzierte sich später ausdrücklich von der visuellen Gewalt, welche diese Szene transportierte und machte diese allein an Zingarellis Instruktionen fest. Von einer derartigen Brutalität ist der „Aufstand der Gladiatoren“ bedauerlicherweise weit entfernt. Bedauerlicherweise? Gladiatorenkämpfe waren nun mal nichts für Weicheier, und Altmeister Caesar sowie Roms High Society und der Straßenpöbel wollten die Todgeweihten wüten, verstümmeln und töten sehen. Arenenzauber, Brot und Spiele, auf das Meister Petz zu tanzen, das Publikum kollektiv und lauthals zu raunen und die Arenenmauern zu wackeln beginnen. Von einer solchen Stimmung lässt Cottafavi freilich wenig spüren und offeriert seinem Publikum lediglich einen recht zahmen Auftritt in der Arena des Todes. Dieser, diesmal sujettechnisch in Armenien angesiedelte, Kampfschauplatz mutet extrem spartanisch und unterscheidet sich selbsterklärend stark von den Gebilden, mit denen die Großproduktionen des Genres unser Auge verwöhn(t)en. Die geringen Produktionsmittel wurden jedoch vom Kameramann sowie dem Schnitttechniker überaus geschickt kaschiert, was die umrissenen Gladiatorenkämpfe in einem ordentlichen Licht erscheinen lässt.

 

Der Hauptcharakter (Marco Numidio) wird nach einer erfolgreichen Schlacht in Britannien nach Armenien beordert, um die brenzlige Lage zwischen römischen Besatzern und Armeniern zu entschärfen. Im Krisengebiet eingetroffen erfährt Marco einerseits den Hass der Einheimischen auf alles Römische sowie andererseits das Leid, welches die Beklagenden durch seine Landsleute erfahren haben. Indikatoren, die in Marco eine Reaktion provozieren, welche der eines Marcus Vinicius („Quo Vadis“, 1951), der peu à peu zu einer anderen Betrachtungsweise gelangt und nachfolgend seine neu gewonnene Überzeugung (den christlichen Glauben) über seine Verpflichtung (Rom auf Gedeih und Verderb zu dienen) stellt, nahe kommt. Doch entgegen der religiösen Thematiken (Glaubensfanatismus und Christianisierung), die einen erheblichen Anteil von „Quo Vadis“ ausmachen, zentralisiert Cottafavi die Loyalitätsfrage des Marco Numidio und stellt diese mitsamt der einhergehenden Humanitätsfrage auf den Prüfstand. Auf diese Weise wird eine Skepsis hervorgekehrt, welche einen inneren Konflikt provoziert, der in letzter Konsequenz Marcos Loyalität (s)einer Barmherzigkeit weichen lässt. Marco Numidio vertritt folglich - ungeachtet seiner Helden-, Retter- und Vermittlerrolle - das schlechte Gewissen des Zuschauers, welches mit dem seinem konform geht. Ergo schenkt Marco den eingekerkerten Rebellen die Freiheit, allerdings ohne die Tatsache zu berücksichtigen, dass eben diese Aufrührer sich neu formieren und ihre Schwerter gegen die Besatzer erheben könnten, sodass aus Jägern Gejagten werden. Jene Skepsis und die begleitende Missachtung von Instruktionen spielen wiederum auf eine Infragestellung sowie die mögliche Entkräftung der römischen Führungsstrukturen an. Dieses ist in den meisten Filmbeispielen allerdings unverzichtbar, da der Skeptiker regelmäßig einem geisteskranken und/oder megalomanen Tyrannen sowie seiner mephistophelischen Clique entgegenwirkt, um schlussendlich den zum Ungehorsam provozierenden Machtmissbrauch des Despoten zu bremsen.

 

Der Herrscher ist diesmal kein erwachsener Kronenträger, sondern ein kleiner Junge namens König Osro. Folglich wird eine Konstellation (ein Kind auf dem Thron) offeriert, welche innert eines Peplum-Vehikels sehr selten auszumachen ist und simultan reichlich Spielraum für Intrigen, mit dem Ziel das Kind zu beseitigen, um das Herrscherpodest zu erklimmen, liefert. Leider lässt dieser Teil des Films ein nötiges Feuer sowie die begleitende Biestigkeit seiner Antagonistin vermissen, denn Gianna Maria Canale wirkt und agiert als die böse Intrigantin Amira einfach zu brav und rezessiv für einen femininen Bösewicht. Das erfolgreiche Verkörpern von dominanten Filmcharakteren sollte Canale allerdings nicht ewig fremd bleiben, da sie sich beispielsweise in späteren Piratenfilminszenierungen wie „Venus der Piraten“ (1960) und „Tiger der Meere“ (1962) mit Wonne und Leidenschaft in den Vordergrund drängt. Folglich bin ich erstaunt, dass sie in einer derart dankbaren Rolle (die der Amira) so blass bleibt. Weniger blass, aber auch nur paus- und rotbäckig ist Fidel Martín in der Rolle des kleinen Osro, ein Plagegeist, der mir gewaltig an den Nerven sägte. Mehrfach erfreulich, dass er anschließend (!) kein weiteres Blag in den Arealen des italienischen Genrekinos verkörperte, sonst hätte der gelockte Bambino möglicherweise noch psychische Schäden (siehe Valerio Fioravanti) davongetragen. Ettore Manni (Marco Numidio) und Georges Marchal (Asclepio) sind hingegen zuverlässig wie eh und je und sorgen mit einem gewohnt routinierten Spiel für die guten Momente.

 

Fazit: Obwohl der Film seine Titelversprechung hält und besagten Gladiatorenaufstand ins Zentrum des Sujets rückt, muss der Zuschauer weitestgehend auf Actionmomente verzichten, da Cottafavi mehr Wert auf das Wort anstatt auf die Tat legt. Für mich, einen bekennenden Peplum-Fan, ist das kein Problem, wer allerdings weniger Interesse an Schauwerten als an wilden und gut choreografieren Kämpfen hat, der könnte eher gelangweilt aus Cottafavis Vehikel entlassen werden.

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