Die Abenteurer von Tortuga

Deutschland | Italien, 1965

Originaltitel:

L'avventuriero della Tortuga

Alternativtitel:

El aventurero de Tortuga (ESP)

Adventurer of Tortuga

Cold Steel for Tortuga

Kampf um Tortuga

Regisseur:

Luigi Capuano

Inhalt

Pedro Valverde besegelt als Piratenkapitän die Meere. Er ist auf der Suche nach reichen Frauen, um sie mit viel Charme zu verzaubern und ihnen anschließend  einen Heiratsantrag zu unterbreiten, welchen die Ladies überaus gern in Empfang nehmen. Doch bevor es zur Eheschließung kommt, besuchen seine Gefolgsleute die Feierlichkeiten, um Pedro zu „entführen“ und einhergehend die Reichtümer der Ehefrau einzusacken. Die Nummer ist so lang von Erfolg gekrönt, bis des Liebesgottes romantischster Pfeil in Pedros Herz eindringt, denn der Heiratsschwindler hat sich unsterblich in die indianische Prinzessin, Soledad, verliebt. Die macht es dem Filou allerdings nicht einfach, sodass Pedro seine Zuneigung mehrfach beweisen muss. Währenddessen gerät er mit dem Gouverneur, Alfonso di Montélimar, aneinander, der ebenfalls ein Äuglein auf die Prinzessin geworfen hat.

Review

Eingangs sei erwähnt, dass „Der Abenteurer von Tortuga“ seinerzeit nicht in den bundesrepublikanischen sowie deutschdemokratischen Lichtspielhäusern anlief und seine deutsche Uraufführung erst 1984 im DDR-Fernsehen erfuhr. Zu diesem Zweck erstellte das DDR Studio für Synchronisation eine Dialogbearbeitung, welche schlussendlich auch Teil der EMS DVD ist. Leider lässt diese Synchronisation den Film deutlich schwächer wegkommen als er es letztendlich verdient hat, sodass es sehr bedauerlich ist, dass EMS scheinbar keinen Zugriff auf die 1989 erstellte Berliner Synchronisation, die mit Sprechern wie Friedrich Georg Beckhaus und Hans-Werner Bussinger besetzt ist, hatte. Nebst der mäßigen DDR Synchro hinterlässt auch die verwendete Filmmusik (Mood) einen negativen Eindruck und scheint (ungeachtet des Openers, der aus der italienischen Originalversion stammt) den Produktionsmusikarchiven entnommen.

 

Der Abenteurer und die Liebe respektive der Abenteurer und das Verhältnis zu einer Frau, das in die Ehelichung münden könnte, suggeriert eine Konstellation, vor der sich der Abenteurer fürchtet, da die Ehefrau ihm die Freiheit nehmen und damit seinen Traum zerstören wird. Folglich ist die Handhabe, den Hauptcharakter, Pedro Valverde (der von der deutschen wie italienischen Filmfirmierung als Abenteurer suggeriert wird) zum Heiratsschwindler zu erklären, durchaus nachvollziehbar, da er aus dem Schwindel Reichtum und die mittels seiner Praktiken einhergehende Abenteuerlichkeit zieht. Dabei ist ihm freilich nicht bewusst, sich tatsächlich verlieben zu können und demzufolge in die Ehe respektive in eine antiabenteuerliche Routine gezwungen zu werden, was gleichzeitig seinen Traum von der ewigen Freiheit zerstören und sein Dasein als Abenteurer beenden würde: Denn ohne die Abenteuer kann er als Abenteurer ebenso wenig existieren wie die Abenteuer ohne ihn.   

 

Wie ich bereits nach meinem letzten Seeräubertrip verlauten ließ, sind die Geschichten und Abenteuer der italienischen Piraten-Vehikel der Literatur entnommen. Luigi Capuano orientiert sich bei „Der Abenteurer von Tortuga“ lose an einer Literaturvorlage von Emilio Salgari. Capuanos Inszenierung lässt neben den Ingredienzien des Piraten- und Abenteuerfilms auch die des Mantel-und-Degen-Films zur Entfaltung kommen, sodass ein umfangreiches Konstrukt (das zu 90% an beziehungsweise in einem Land spielt, in dem sich Edelmänner, Indianer, Konquistadoren und Piraten mehr oder minder freundschaftlich die Hände reichen) an den Start geht, welches bei seinem Publikum eine nicht unerhebliche Erwartungshaltung auslöst. Doch das nahezu infantil herbeigesehnte polyvalente Abenteuer, dass die subjektiven Jugenderinnerungen in denen Fernweh und Abenteuerlust einladend ihre Arme ausbreiteten, um die pubertierenden und begeisterungsfähigen Utopisten zum abenteuerlichen Traum zu verführen, in Erinnerung ruft, kann leider nicht den Ansprüchen gerecht werden, sodass der Film  hinter seinen Möglichkeiten sowie hinter meinen Erwartungen zurückbleibt.

 

Die Spannungsarmut lässt sich einerseits mit der bereits beschriebenen schwachen DDR Synchronisation begründen, andererseits kommt die in die Handlung integrierte Dreiecksliebesgeschichte eher einem Hemmschuh nahe, anstatt als Nährboden für feurige Liebe und schmatzende Küsse innerhalb eines knallbunten Dekors zu dienen.

 

Das innert der Dreiecksgeschichte zentralisierte weibliche Objekt der Begierde, Soledad, prüft die Ehrenhaftigkeit und Aufrichtigkeit des Pedro Valverde fortwährend auf „Herz und Nieren“, währenddessen beginnt sie (wie beispielsweise die bösen Frauen in den amerikanischen woman´s films der 1930er, 1940er und 1950er) den Verehrer zu entlarven und zu denunzieren, um (was nicht in den woman´s films üblich ist) den Widerspruch ihrer Gefühle ins Lot zu rücken und ihrem Verehrer eine Rehabilitation zu ermöglichen, denn Soledad sind die Schandtaten (die von Alfonso di Montélimar mächtig angeheizt werden) des Hallodris sehr wohl bekannt.

 

Alles gut und schön, aber es fehlt dem Ganzen deutlich an Pfeffer, sodass der Zweikampf um Soledads Zuneigung äußerst banal abläuft. Einzig die äußere Einwirkung auf die umrissene Dreiecksgeschichte, der Charakter, Dona Rosita, kann die Konstellation zumindest zeitweise forcieren, sodass der einhergehend versprühte zarte Hauch eines Intrigenspiels bereitwillig in Empfang genommen wird (werden kann).

 

Fazit: Piraten, Konquistadoren und Indianer. Heiratsschwindel, Liebe und Eifersucht: Ingredienzien, die einem Tanzensemble gleichkommen, welches bestens besetzt ist, um unter der Leitung seines Choreografen mithilfe regiemeisterlicher Tugenden die Puppen tanzen zu lassen. Aber so schön das klingt, so bös´ doch schlussendlich die Fadheit winkt, denn „Der Abenteurer von Tortuga“ weist so manches Defizit auf.

 

Besonders übel stößt mir freilich die recht schwache deutschdemokratische Synchronisation auf, denn ich, der ich mittlerweile ein kleiner Fan von Piraten- und Mantel und Degenfilmen aus bella Italia bin, vermute, dass der Film mit der Westberliner Tonbearbeitung deutlich dazu gewinnen wird.

Links

OFDb
IMDb

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