Die Wölfin vom Teufelsmoor

Österreich, 1978

Originaltitel:

Die Wölfin vom Teufelsmoor

Alternativtitel:

The Devil's Bed

Tod im November

Deutsche Erstaufführung:

27. Oktober 1978

Regisseur:

Helmut Pfandler

Kamera:

Hanns Matula

Inhalt

Der Vermessungsingenieur John Vanetti (John Phillip Law) wird im Auftrag der Regierung in ein kleines Dorf im Norden Österreichs abgestellt, um dort Vorbereitungen für den Bau von Industrieanlagen zu treffen. Doch ihm stellen sich zahlreiche Probleme in den Weg, da die misstrauische und überaus abergläubische Landbevölkerung ihn als Eindringling ansieht. Die einzige Unterstützung erhält er ausgerechnet von der als berüchtigte Hexe angesehenen Walpurga (Florinda Bolkan), von der er sich außerdem magisch angezogen zu fühlen scheint. Vanettis Arbeit will nicht so richtig in Gang kommen, da in seinem Umfeld plötzlich unerklärliche Dinge geschehen, außerdem kommt es zu einer Reihe von mysteriösen Todesfällen. Haben diese Geschehnisse tatsächlich einen widernatürlichen Ursprung und hat Walpurga damit zu tun? Für die aufgebrachten Bewohner des Dorfes ist jedenfalls klar, dass es für die Geschehnisse nur einen Schuldigen geben kann, und dieser heißt John Vanetti...

Autor

Prisma

Review

Es gibt unzählige Filme, die zurecht in der Versenkung verschwunden sind, wenn sie in vielerlei Hinsicht eine eindeutige Sprache sprechen. Bei "Die Wölfin vom Teufelsmoor" handelt es sich ebenfalls um einen Beitrag der in Vergessenheit geraten ist, doch bei Betrachtung des überaus interessanten Ergebnisses muss man sagen, dass dies augenscheinlich zu Unrecht geschehen ist. Regisseur Helmut Pfandler blickt auf keine sehr lange Filmografie zurück und bei diesem 1978 entstandenen Beitrag handelt es sich bereits um seine vorletzte Arbeit, doch wie bereits angedeutet, ist diese Komposition beachtenswert. Tief verwurzelt mit den bestehenden Gesetzen des einschlägig bekannten Heimatfilms, bekommt der Zuschauer eine regelrecht anziehende Mixtur aus mehreren Genres angeboten, die sporadisch sogar dramatische bis erotische Inhalte kolportiert und letztlich sicherlich als eine Art Horrorfilm der unkonventionellen Sorte beschrieben werden möchte. Interessant ist die Tatsache, dass es sich um eine rein österreichische Produktion handelt, die viele Skizzen in den Bereichen der Tradition, des Übernatürlichen und Provinziellen zeichnet und zahlreiche erstaunliche Ansätze bietet, die nicht als ganz alltäglich anzusehen sind. Eigentlich ist es mehr als erstaunlich, dass dieser Beitrag in genau dieser Fa­çon existiert, vor allem die international besetzten Führungsrollen wirken hier absolut exotisch, sodass bereits im Vorfeld ein großer Reiz entsteht, außerdem natürlich eine besondere Erwartungshaltung, die Helmut Pfandlers Film auch einzuhalten versucht. Mutig und gleichzeitig geistreich werden bestehende Grenzen der einfließenden Genres ausgelotet, erweitert, mitunter verfeinert, und obwohl die Geschichte eher herkömmliche Strukturen hervorbringt, kann sich eine begeisternde Wirkung entfalten, die zusätzlich mit einigen Überraschungen aufwartet.

 

Das intelligente Spiel mit Mythen, Metaphorik und Aberglauben fabriziert eine gelungene Grundspannung, die Bebilderung präsentiert sich als eine Art Wechselspiel zwischen Morbidität und einladenden Eindrücken und exzellent gewählten Schauplätzen, die dem Film von Beginn an ein dichtes Profil geben. Unter normalen Umständen würde man vielleicht sagen, dass die Idylle der Provinz durch einen Eindringling gestört wird, der einigen Hinterwäldlern wie von einem fremden Planeten oder aus einer anderen Zeit vorkommen muss. Aber dieses Fleckchen Erde hat nichts mit verschlafener Idylle zu tun, da der Aberglaube den Alltag und die Gedanken dominiert. Dem Protagonisten wird daher schnell klar, dass er auf keine breite Unterstützung zu spekulieren braucht, vor allem wenn einige Einwohner beinahe den Eindruck erwecken, als wollten sie gleich aggressiv mit Mistgabeln auf ihn losgehen, um ihn auf einen Scheiterhaufen zu treiben. Bereits der Einstieg lässt keinerlei Zweifel daran entstehen, dass sich tatsächlich übernatürliche Dinge abspielen und in diesem Zusammenhang kommt es zu wunderbar inszenierten, aber vor allem sehr überraschend auftauchenden Sinnestäuschungen, die sich zunächst nur in den Augen von John Phillip Law und denen der Zuschauer abspielen. Aus den festgefahrenen Gesetzen der Provinz werden bei fortlaufender Zeit beinahe Wahnvorstellungen und das geschilderte Vakuum, das dem Empfinden nach überhaupt nicht enger und starrer hätte ausfallen können, verschärft sich immer weiter und nimmt kontrakte Formen an. All diese Eindrücke lenken zeitgleich und erfolgreich von der Tatsache ab, dass es hin und wieder etwas unstrukturiert bis unverständlich zugeht, im Umkehrschluss jedoch wieder in die mystische Stimmung dieser Produktion hineinwirkt.

 

Einen Film mit Aura bekommt man ohnehin nicht alle Tage zu sehen und die Darsteller reihen sich gekonnt in dieses Konzept ein. Zunächst schaut man als Zuschauer einmal ein wenig verwundert auf die Hauptrollen, die mit Florinda Bolkan und John Phillip Law auf der einen Seite ausgezeichnet gewählt, aber auf der anderen Seite auch vollkommen eigenartig in einer Produktion wirken, die unter österreichischer Flagge spielt. Der Umstand der Exotik und der Verpflichtung nicht einheimischer Stars unterstreicht die Außenseiter-Funktionen der Protagonisten, die klugerweise nicht als klassische Sympathieträger offeriert werden, was für zusätzliche Unberechenbarkeit sorgt. In "Die Wölfin vom Teufelsmoor" stellt die Brasilianerin Florinda Bolkan das Epizentrum der Verwirrung dar. Vom Typ her zeichnet sie eine notorische Einzelgängerin, welche sie allerdings nicht aus Überzeugung geworden ist, sondern aufgrund der Skepsis und des Sicherheitsabstandes der Menschen in ihrem Umfeld. Offensichtlich vertraut mit okkultem Hintergrundwissen und auf der Suche nach der entscheidenden Erkenntnis, bleibt sie eine der zahlreichen, nicht greifbaren Personen dieses Szenarios mit durchschlagender Wirkung. Sowohl Bolkan, als auch John Phillip Law wurden mit österreichischem Akzent synchronisiert, was die Sache noch reizvoller, bei Affinität dafür sogar noch charmanter macht. Walpurgas Partner in spe macht ebenfalls einen sehr guten Eindruck und die Stärken entstehen definitiv im Zusammenspiel der beiden. Etwas ungläubig und teilweise fassungslos wirkend, schlittert John in Strukturen hinein, die ihn aus der Bahn zu werfen drohen. Da insbesondere über ihn Sinnestäuschungen aufgebaut werden, fühlt sich der Zuschauer ihm am nächsten, wenn auch vielleicht nur bedingt oder temporär, da sein Handeln nicht immer nachvollziehbar bleibt.

 

Der absolute Clou der Veranstaltung ist jedoch niemand anders als der deutsche Interpret Siegfried Wischnewski, bekannt durch viele Charakterdarstellungen und eindringlich dargebotene Rollen. Als mysteriöser Kasimir, der offensichtlich die Fähigkeiten besitzt, kleinere Zaubereien zu veranstalten, wird er seinem Profil vollkommen gerecht. Bereits seine erste Szene macht so einiges her, als er zum ersten Mal mit Vanetti in der Dorfschänke aufeinander trifft. Wo er eben noch der üppigen Wirtin aus der Hand gelesen hatte, inszeniert er eine Demonstration bezüglich seiner Möglichkeiten, als er eine spontane Sinnestäuschung arrangiert. Mit einem schalkischen Lächeln und Stolz in seinem Ausdruck, lässt er kurzerhand die komplette Kleidung der Dame verschwinden, plötzlich sitzt sie reitend auf einem Bierfass und er delegiert ekstatische Zustände. Derartige Überraschungen wird es im sexuell aufgeladenen Rahmen oder unter alternativen Voraussetzungen häufiger mit ihm geben und es veranschaulicht seine Machtstellung in der verschlafenen Provinz, die die Leute ehrfürchtig und eingeschüchtert vor ihm erstarren lässt, was ihm letztlich Narrenfreiheit einräumt. Der Bau von Industrieanlagen und bevorstehenden Enteignungen lässt die Bauern auf die Barrikaden gehen und die erste Herleitung der Wahl leitet sich aus dem bestehenden Aberglauben ab, da es sich nur um Hexerei handeln könne. Die davon ausgehende latente Gefahr für den Vermessungsingenieur wird durch ein paar parallel stattfindende Todesfälle angeheizt, auch hier ist die inszenatorische Stärke bemerkenswert, wenn ich beispielsweise ein Traktor selbstständig macht, oder wahlweise gesteuert wird. Auch im Bereich Erotik bekommt man Pikantes, um nicht zu sagen hoch Ästhetisches geboten, vor allem, wenn sich Bolkan und Law im Wald finden. Mit Hilfe einer schnellen Montage und einer gleichermaßen aufmerksamen, wie auch diskreten Kamera, entstehen denkwürdige Momente.

 

Knüpft man an diesen Gedanken der besonderen Atmosphäre des Films an, lassen sich noch eine Vielzahl weiterer Beispiele finden, die teils durch ihren ökonomischen ,aber auch durch einen nahezu geistreichen Einsatz in den Fokus rücken und somit in Erinnerung bleiben. "Tod im November" sieht sich als Schauermär, die durch ihre klassischen Verbindungen vielleicht einen - wenn man so sagen darf - höheren Realitätstransfer herstellen möchte, als Produktionen ähnlichen Strickmusters. Dass Helmut Pfandler offensichtlich bewusst auf ein paar reißerische Szenen und zeitgenössische Zutaten nicht verzichtete, kommt diesem Film sehr zugute, der insgesamt in einer beinahe unbeschreiblich morbiden Eleganz strahlt und das wohlgemerkt mit ganz einfachen Mitteln. Interessant bleibt die ausschließliche Konzentration auf den Aberglauben, was gleichzeitig bedeutet, dass der üblicherweise verwendete (christliche) Glaube hier nicht prominent in den Vordergrund gedrängt wird und als Nebeneffekt eine interessante Variation der kritischen Untertöne entsteht. Als verstecktes Leitmotiv kann man vielleicht den Teufel herausfiltern, der allerdings nur Macht durch den Glauben jeder einzelnen Person erlangt. Diese abwechslungsreiche Variante bewahrt die anvisierte Eigenständigkeit dieser Produktion, die in jeder Hinsicht punkten kann. Das weitgehende Fehlen von halsbrecherischen und reißerischen Elementen bedeutet also nicht gleichzeitig, dass man weniger Spektakel geboten bekommt, allerdings spielt sich das Gesamtkonzept auf alternativen Ebenen ab. "Die Wölfin vom Teufelsmoor" ist ein in jeder Hinsicht ein überraschender Beitrag im Sektor der übernatürlichen Geschehnisse geworden. Die Bezeichnung Horror-Film behält nur als Gesamt-Klassifikation bestand, da man im Endeffekt nicht den handelsüblichen Reißer angeboten bekommt, sich aber dennoch anlehnte, und insgesamt sieht man einen sehr bemerkenswerten, wenn hin und wieder auch uneindeutigen Ausflug in das Reich mysteriöser Geschehnisse. Sehenswert!

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Prisma

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