Sing a Song of Sex

Japan, 1967

Originaltitel:

Nihon shunka-kô

Alternativtitel:

Traité sur les chansons paillardes japonaises (FRA)

À propos des chansons paillardes japonaises (FRA)

Sulle canzoni sconce giapponesi (ITA)

Um Filme Sobre as Canções Brejeiras Japonesas (POR)

A Treatise on Japanese Bawdy Songs

Regisseur:

Nagisa Ôshima

Kamera:

Akira Takada

Inhalt

Nakamura, Ueda, Hirio und Maruyama besuchen eine Universität in Tokio. Von Politik hält das Quartett herzlich wenig und eckt mit Vorliebe bei den linken Aktivisten an. Durch einen Zufall lernen sie ihren Dozenten Otake näher kennen. Dieser singt in einer Gaststätte ein anstößiges Lied welches die vier Studenten fasziniert. Am Folgetag wird Otake in seinem Appartement tot aufgefunden. Die Studenten hätten ihn retten können - aber es war ihnen egal…

Review

Nagisa Ôshima verkündete zu Beginn der Dreharbeiten: "Diejenigen, die schon jetzt den Mut verlieren, sich auf ein Wagnis einzulassen, haben nichts mehr bei uns zu suchen!" Die Aussage bezog sich darauf, dass bei „Sing a Song of Sex“ ziemlich viel improvisiert, und weniger nach einem Drehbuch gearbeitet, wurde.

 

Parallel dazu lässt sich Ôshimas Ansage bestens auf das Verhältnis: Film und Rezipient übertragen. Wer dem Streifen in den ersten Minuten nichts abgewinnen kann, der ist auf ganzer Strecke gescheitert. „Sing a Song of Sex“ ist kein einfacher Stoff. Doch wer sich im Œuvre des Regisseurs auskennt, der weiß dass es sich dabei um kein Novum handelt. Ôshima war während seines Studiums in einer linken Studentenbewegung aktiv. Seine politische Überzeug verarbeitete er u. a. in seinen Filmen. Für ihn zählte nur (s)eine Denkweise. Er warf z.B. den „Alten Linken“ vor, nichts aus den Niederlagen gelernt zu haben und stellte sich als Vertreter der „Neuen Linken“ dar. Dieses Thema setzte Ôshima bei „Nacht und Nebel über Japan“ eindrucksvoll um. Ein Film der den Rezipienten auf eine ganz harte Probe stellt, denn ohne politischen Background (Japan, in den 1960er Jahren) ist „Nacht und Nebel über Japan“ nicht nachvollziehbar. „Sing a Song of Sex“ gestaltet sich diesbezüglich zwar etwas geschmeidiger, aber ohne historische Grundkenntnisse, ist man auch hier ein Verlorener.

 

Ôshima „feuert“ mit „Sing a Song of Sex“ einige „linke Breitseiten“ in Richtung Koreakrieg, Vietnamkrieg und Japans Kapitulation. Auch die Unterdrückung der Arbeiterklasse wird von ihm angesprochen. Weiterhin lässt sich der Film mit dem Thema Desillusionierung ein und vermittelt das „Egal-Gefühl“ einer jungen, anarchistischen Generation Japans (Mitte der 60er Jahre). Dessen Vertreter sind Nakamura, Ueda, Hirio und Maruyama. Deren schwarze Kleidung kann als stinknormale Schuluniform, aber auch als traditionell anarchistische Symbolik gesehen werden. Das Quartett lehnt Politik in jeder Weise ab, macht sich über Aktivisten wie Demonstranten lustig, weiß ansonsten jedoch nichts mit seiner Zeit anzufangen.

 

„Anzügliche Lieder erzählen die Geschichte des Volkes.“

 

Diesbezüglich wird ein besonderes Lied bzw. dessen Text, über die Lust am Sex, zu einem zentralen Teil des Films. Einst von ihrem Dozenten im betrunkenen Zustand vorgetragen, entwickelt sich der textliche Inhalt zu einem Teil der Lebenseinstellung der vier Studenten. Die Frage die der Film dabei stellt ist: ob die Vier, besungene Taten umsetzen oder diese einzig in kollektiven Visionen ausleben?

 

Beim überwiegenden Teil der Mimen handelt es sich um Laiendarsteller. Der bekannteste Name ist Ichirô Araki der (zumindest den Pinky Violence Fans) aus „Der Tiger von Osaka“ bekannt sein dürfte. Die Charaktere ordnen sich einer personalen Erzählweise unter. Sie sind das Zentrale, welches die Handlung - aus dem Inneren - reflektiert. Ôshima verzichtet somit auf einen globalen Erzählstil welcher (in diesem Fall) auch unangebracht wäre.

 

Obwohl „Sing a Song of Sex“ wesentlich eingängiger (als andere Ôshima-Werke) ist, zeigt sich der Film immer noch als verdammt schwierig. Mich konnten die depressive Veranlagung, die teilweise grandiosen Bilder und Kameraperspektiven, sowie das Spiel zwischen Imagination und Realität begeistern. Dennoch mag ich den Film nicht uneingeschränkt empfehlen. „Sing a Song of Sex“ wird (aller Wahrscheinlichkeit) nur denen zusagen, die bereits einen Großteil der Schwierigkeitsstufen (des japanischen Kinos) erfolgreich hinter sich gebracht haben. Wer das „Japanese New Wave Cinema“ schätzt, sich gern mit Kōji Wakamatsu auf die Reise ins Absurde macht und ggf. noch eine Faible für Jean-Luc Godard hat, der wird an „Sing a Song of Sex“ Gefallen finden.

Veröffentlichungen

„Sing a Song of Sex“ wurde 2009 von Polyfilm Video, als die Nummer 2 der „Japanische Meisterregisseure-Reihe“, in Deutschland auf DVD veröffentlicht. Verpackt ist die Amaray in einem schmucken Pappschuber. Die technische Ausstattung bietet die japanische Originaltonspur und deutsche Untertitel. Bild- und Tonqualität sind sehr gut. Extras gibt es keine.

Links

OFDb

IMDb

 

 

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