Harley Riders - Sie kannten kein Erbarmen

Italien, 1975

Originaltitel:

L'ambizioso

Alternativtitel:

El ambicioso (ESP)

L'ambitieux (FRA)

The Climber (USA)

Deutsche Erstaufführung:

27. Dezember 1979

Inhalt

Der ruhmbegierige Zigarettenschmuggler Aldo (Joe Dallesandro) ist ein neapolitanischer Kleinkrimineller, der tagein, tagaus von einem sorgenfreien Leben in Saus und Braus träumt. Der Haken an der ganzen Sache: In der grausamen Realität fristet er sein tristes Dasein auf der untersten Hierachieebene einer kriminellen Organisation und da es für ihn von dort aus keine berufliche Aufstiegsmöglichkeit mehr zu geben scheint, möchte er unter allen Umständen dem Kleinkriminellenmillieu Neapels für immer entfliehen und seinen beschlossenen Aufstieg auf der kriminellen Karriereleiter selbst in die Hand nehmen.

 

Mit diesem Ziel vor Augen hintergeht er daraufhin seinen Chef Don Enrico (Raymond Pellegrin), indem er dessen Kunden eigenmächtig einen Preisaufschlag von 10% auferlegt und diesen schlussendlich für sich einbehält. Leider fliegt die ganze Sache schon nach kürzester Zeit auf, inderen Folge ein erbarmungsloser Schlägertrupp des Dons den völlig ausgeliefereten Aldo einer körperkontaktbetonten Sonderbehandlung unterzieht und anschließend für alle Zeiten aus der Stadt verbannt. Wieder zu sich gekommen trifft er auf die bezaubernde, aber auch naive und alleinstehende Kassiererin Luciana (Stefania Casini), mit der er dann auch sogleich die erste Nacht verbringt. Am nächsten Morgen schwelgt die gute Luciana bereits im vollkommenen Liebesglück und weicht ihrem unheilvollen Adonis ab diesem Moment nicht mehr von der Seite.

 

"Aldo, glaubst Du wirklich, dass Du alle Menschen, die sich Dir in den Weg stellen, einfach abschlachten kannst wie Tiere?”

 

Doch der macht- und erfolgssüchtige Aldo hat nur noch ein Ziel vor seinen Augen: Dem zu engen Leben in ärmlichen Verhältnissen endgültig zu entrinnen und ein Neues, mit Reichtum und Macht gesegnetes, aufzubauen. Sein erster Deal geht dabei aber zunächst mal wieder völlig in die Hose , wobei Luciana erstmals einen "realen" Vorgeschmack von dem zukünftigen Leben ihrer Wahl erhaschen kann und den “rosaroten” Blick auf ihr vermeintlich glückliches Leben recht schnell “vergrauen” lässt. Aldo scheint mittlerweile nur noch sein Business wichtig zu sein, da er immer skrupelloser wirkt und die liebende Luciana fast total vernachlässigt , so dass diese sich in ihrer Not völlig dem Alkohol hingibt.

 

Um seinen etwas ins Stocken geratenen Aufstieg wieder voranzutreiben, rekrutiert Aldo ein motorisiertes Racket und beginnt rücksichtslos im Revier des Dons die Restaurant- und Nachtclubszene zu brandschatzen. Sein eigentliches Lebensziel besteht aber mittlerweile darin, den Don zu entmachten und dessen Platz einzunehmen. Ein harter, erbarmungsloser und blutiger Kampf um die Verbrechensmacht in Neapel hat begonnen...

Review

Regisseur Pasquale Squitieri präsentiert uns dieses Mal ein exploitatives Action-Crime-Drama mit einem brillierenden Joe Dallesandro an vorderster Front. Somit geht es dieses mal etwas ruppiger zur Sache, worunter die gewohnte Gesellschaftskritik des Regisseurs aber keinesfalls leidet. Der kritische Blick auf die Macht- und Gesellschaftssysteme geht in diesem Fall von den Augen eines finanzschwachen Zigarettenschmugglers aus und ist im Rahmen seiner kriminellen Verbrechenswelt in Richtung der wahrhaften Machtinhaber gerichtet. Somit versucht sich der ehrgeizige Kleinkriminelle selbst zum Aufstieg an die Hebel der Macht zu verhelfen und geht bei der Umsetzung seines Vorhabens keinesfalls zimperlich vor. Dabei fällt er zwar zunächst mehrmals voll auf die eigene Schnauze, aber Aldo ist ein unbändiges Stehaufmännchen und lässt sich somit auf seinem zielgerichteten Weg an die Machtspitze der neapolitanischen Unterwelt von seinen Gegnern schwerlich begrenzen. Doch wie bekanntlich, kommt Hochmut vor dem Fall...

 

Damit wären wir auch schon bei Joe Dallesandro, der in der Rolle des kleinkriminellen Aldos den gesamten Filmverlauf über eine hervorragende und überzeugende Darbietung abgibt. Mit Aldo ist nicht gut Kirschen essen und rückt man ihm mal zu nah auf die Pelle, dann beißt er sich auch mal beharrlich in der Halsmuskulatur des Gegners fest.

 

Nach seinen ersten Gehversuchen als minderjähriges Aktmodell wurde der gute Joe von Regisseur Paul Morrissey und der exzentrischen Pop-Art Ikone Andy Warhol entdeckt ,die ihm durch seine Beteiligung an ihren Filmen letztendlich zu Weltruhm verhalfen. Nach den beiden meisterhaften Inszenierungen “Andy Warhols Frankenstein, 1973” und “Andy Warhols Dracula, 1974” trennten sich dann aber die Wege des Erfolgespanns, worauf Joe seine Solo-Karriere im europäischen Genre-Kino startete und wirkte in der Folge bei so einigen italienischen Genre-Film-Gassenhauern (u.a. “Die wilde Meute, 1975”, “Fango Bollente, 1975”, “Action Winners, 1976” oder “Toy, 1980”) mit.

 

Die weibliche Hauptrolle wurde mit der bezaubernden Miss Suspiria, Stefania Casini besetzt, die in der Rolle der naiven Kassiererin Luciana gleichfalls eine überzeugende Darbietung an den Tag legen kann und zudem für die kurioseste Szene sorgt: Nachdem sie den ihr völlig fremden und verlottert-wirkenden Aldo am Strassenrand aufgegabelt hat, verbringt sie mit diesem direkt gemeinsam die erste Nacht und gesteht ihm anschließend völlig (glücks-)tränenverhangen, dass sie noch nie so etwas zärtliches und wundervolles erlebt habe und sich unsterblich in ihn verliebt hätte. Ein fataler Fehler, wie sich im weiteren Filmverlauf herausstellen wird , denn der weitere Lebensweg der guten Stefania zeichnet sich somit als leidvolles Drama ab.

 

Bildtechnisch wurde im Großen und Ganzen eine recht saubere Kameraarbeit geleistet, wobei die wenigen Biker-Kampf Szenen noch ein wenig unvollendet wirken. Die Geschichte von “Aldo, dem Aufsteiger” wird recht spannend erzählt, wartet mit einem tragischen Ende auf und wurde zudem mit einer recht ernsthaften dt. Synchronisation versehen.

 

Die typisch deutsche Titelgebung suggeriert dem Filminteressierten zunächst, dass es sich hierbei scheinbar um einen reinen Bikerfilm handeln soll, aber dem ist natürlich nicht so.

Nach seiner Indizierung im Jahre 1984 wurde der Streifen 2009 wieder von der Liste gestrichen und wartet seitdem auf eine adäquate Veröffentlichung in Form eines digitalen Silberlings. Außerdem hätte dieses Action-Crime-Drama theoretisch als Vorlage für Brian De Palmas ähnlich gelagerten Meilenstein “Scarface” oder Stafano Sollimas retrohaftes Serien-Epos “Romanzo Criminale” dienen können und tat es vielleicht sogar.

 

Fazit: Ein Knaller vor dem Herrn!

Veröffentlichungen

Seltsamerweise war die dt. Kinofassung gegenüber der dt. VHS Fassung scheinbar geschnitten, wobei aber die dt. Synchro glücklicherweise für die vollständige Fassung angefertigt wurde und die längere VHS-Fassung somit durchgehend den dt. Ton enthält.

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